Stars der Woche: VIECH
Von Andreas Bovelino
Dass sie auf geniale Weise organische und elektronische Sounds zu einem mitreißenden Song verbinden können, bewiesen die Musiker von VIECH schon vor einiger Zeit mit ihrer Single „Steuermann“. Jetzt zeigen sie dazu noch ihr Talent für den Drive, der uns auf der Tanzfläche heftig mit dem Popo wackeln lässt.
Musikalisch heißt das: Rauf auf den Highway, Überholspur, und gib eam volle Wäsch’. „YEAH“, der Name ihrer zweiten CD ist sogesehen auch Programm, und die Scheibe legt mit dem Opener „Halsabschneider“ auch gleich richtig fett vor. Ein treibender Beat, lässiger Gitarren-Riff, Synthies (oder ist’s doch noch das gute alte Akkordeon?) und ein Harmoniegesang, dass man mit den Ohren wackelt. Die Vorab-Single „Zentrale“ war ohnehin schon ein veritabler Indieradio-Hit, und beim „Sandmann“ kommt das neue Selbstverständnis der zum Quintett gewachsenen Grazer so richtig zum Tragen.
Die schon von früher bekannten, bissig bis poetischen, kritisch bis dadaistischen Texte treffen auf die Wucht einer bedingungslosen Bass-Drum, dazu bringt die elektrische Axt ein nicht zu unterschätzendes Rock’n’Roll-Feeling. Und wie man einen Refrain anlegt, den man sich merkt, wissen die Jungs auch. Und mir bleibt nur zu sagen: Danke, Viech – so muss Musik!
BE SENSATIONAL
JEANNE ADDED
Ein zerzauster Andy Warhol? Nein, eine der klassesten französischen Musikerinnen der Gegenwart. Mit „A War Is Coming“ liefert sie auf ihrer Debüt-CD einen der wuchtigsten und düstersten Eröffnungs-Tracks des Jahres ab. Geht nicht mehr aus dem Ohr, das Ding. Tiefe Synthieklänge zu ihrer eindringlichen Stimme, die oft an die britische Elektro-Vorreiterin Anne Clark erinnert, bleibt auch weiterhin das Rezept. Die Songs gehen mal mehr („It“) mal weniger („Miss It All“) Richtung 80s, eindringlich bleiben sie immer. Sehr gelungen auch die Zusammenarbeit mit ihrer Freundin Marielle Chatain, Sängerin der coolen Kombo The Do, etwa bei der Ballade „Look At Them“. (Lotus)
GEORGE FEST
DIV. INTERPRETEN
Vor 15 Jahren starb der „stille Beatle“, jetzt gibt’s das große Tribute-Konzert auch auf CD. Die Songs sind bekannt, gut sind sie sowieso. Spannend wird’s vor allem durch die mitwirkenden Musiker. Norah Jones singt „Let It Roll“ und „What Is Life“ – höchst charmant. Und dann nimmt sich der Black Rebel Motorcycle Club „If I Needed Someone“ vor, Ian Astbury (The Cult) brilliert mit „If Not For You“. Die Cold War Kids singen „I’d Have You Anytime“, Jack Whites Ex Karen Elson „Any Road“, Spoon-Haudegen Britt Daniel „Old Brown Shoe“. Dazu Brandon Flowers, Ben Harper, Brian Wilson, Harrison-Sohn Dhani, Ann Wilson u.v.a. (Rough Trade)
PAINTING WITH
ANIMAL COLLECTIVE
Prätenziös? Ja, das waren die drei Herren aus Baltimore schon immer. ABER: So scharf und eingängig wie auf ihrer Single „FloriDada“ waren sie schon lange nicht mehr. Beach Boys-Melodien, schräge Harmonien und Grooves, nichts ist so, wie es sein soll und trotzdem bleibt das Ding rund und fährt voll ab. Dabei ist jedes Fiepsen und jedes Produktionsdetail tausend Mal durchdacht und mit Bedeutung aufgeladen. Was ihnen den Vorwurf einbrachte, in die Fußstapfen selbstverliebter Progrocker zu treten. Falsch. Eher bringt es sie in die Nähe von Helden wie Zappa oder den Talking Heads, der wunderbaren St. Vincent. Eine Scheibe für den Kopf – die überraschend oft auch in Bauch und Füße fährt. (Domino)
VIVIR SIN MIEDO
BUIKA
Berühmt wurde die Spanierin, Tochter afrikanischer Flüchtlinge in Mallorca, als Erneuerin des Flamenco. Das brachte ihr etliche Latin-Grammys und Ehrungen sowie die Zusammenarbeit mit Größen wie Pat Metheny und Chick Corea ein. Jetzt hat sie zu ihrem ganz großen, ganz eigenen Wurf angesetzt. Schon beim titelgebenden ersten Track wird klar, dass es Buika gelingt, alles, was sie liebt, zu einem neuen Ganzen zu verbinden. Blues-Gitarre und westafrikanische Call-and-Response-Gesänge treffen auf Bob Marley-Grooves, kubanische Eleganz und die große spanische, zutiefst leidende „Cante“-Tradition. Das hat schon beinahe übernatürliche Kraft. Und ist maßlos schön. (WEA)
RACHID TAHA & JEANNE ADDED: Now Or Never – Der französische King des arabischen Rock covert den King. Hat was.
NIYAZ: Sabza Ba Naz / Man Haramam (I am Sin) – Die Exil-Iraner fangen die beinahe vergessene Mystik des Orients ein.
IMARHAN: Tahabort – Der beste Wüstenrock seit Tinariwen.
VIEUX FARKA TOURÉ: Fava – Eine Gitarre wie sonst keine.
IYASA: Waka Waka – Die Band aus Simbabwe holt Shakiras Song zurück nach Afrika.
MAKOSSA & MEGABLAST: Wangu – Westafrika goes Dancefloor. Wo? In Wien natürlich.
WEISZ²: Ko Si Eda To Mola –Nochmal Afro mit Wien-Bezug.
JIM PEPPER: Witchi Tai To – Der Jazz-Saxofonist auf den Spuren seiner indianischen Wurzeln.
THE VERY BEST: Let Go – Sommer-Grooves aus Malawi.
IBEYI: Oya – Downbeat aus Kuba. Charmant und gut.
ORCHESTRE NATIONAL DE BARBES: Alaoui – Mit ihnen ging der Orient-Express vor fast 20 Jahren so richtig los.