Leben

Song Contest: Alles nur Show, oder?

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Am Anfang war der Song. Ganz einfach. Wer einen hat, der einigermaßen ins Ohr geht und sich dabei nicht versingt, hat Chancen auf einen guten Platz, so geht das Spiel. „Voooolaaaaare, oh oh“ zum Beispiel,  eigentlich „Nel piu, dipinto di blu“,  kein Siegersong, aber  ein veritabler Welthit.

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Und natürlich „Merci Cherie“, lange Zeit „unser“ einziger Stern am Eurovisions-Himmel.  Ein junger Udo Jürgens gewann damit 1966 „den Schas“ (© Andi Knoll), der damals noch „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ hieß.

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Songwriter, Chansonniers, Cantautori, Liedermacher wurden von ihren Ländern ins Rennen um die Trophäe geschickt, ein bissl so wie bei den antiken Olympischen Spielen, bei denen es auch Gesangswettbewerbe gab. Ausgelassener dürfte es bei den alten Griechen zugegangen sein, wer sich die frühen Aufnahmen ansieht, fühlt sich an Musikschulprüfungen erinnert. Mit Lehrern, die glauben, Peter Alexander sei Pop und Peter Kraus schon ein ziemlich arger Rock’n’Roller ...

Barfuß in der Hofburg. Darf man das?
Während die Herren brav in Hemd und Anzug ihr Können zeigten und den heimischen Familienoberhäuptern das beruhigende Gefühl vermittelten, dass das Showgeschäft auch in Zeiten der Rolling Stones nicht gänzlich verdorben ist, sorgten manche junge Damen für empörtes, aber doch auch ein wenig interessiertes Stirnrunzeln: Minikleid? Und barfuß in der Hofburg? Ja, darf man denn das? Sandie Shaw tat es 1967 in Wien ganz einfach und ließ mit ihrem Swinging-London–Hit  „Puppet On A String“ erahnen, was alles möglich wäre...

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Machen wirs den sexy Glam-Rockern nach!
Irgendwie müsste man doch ... Vielleicht könnte man ja ... Nur so ein bisschen ...   moderner werden? Draußen brodelte das Glamrock-Fieber: David Bowie eroberte als Ziggy Stardust die Welt, Sweet und die Bay City Rollers battleten um die Gunst der Teenies, T. Rex war verboten sexy und in den USA übten die Jungs von Kiss bereits, auf ihren Monster-Plateau-Böcken nicht von der Bühne zu fallen.

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Während beim Song Contest Anne-Marie David mit einem Song gewann, zu dem nicht einmal mehr die Mädels beim 5-Uhr-Tee im Wildschütz oder in der Tenne foxeln wollten. Genau zu diesem Zeitpunkt kamen Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid – ABBA. Mit, eben, ein bissl Glam, etwas Sex, einer flashigen Sterngitarre – und einem praktisch perfekten Popsong: „Waterloo“.

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Die Ironie an der Sache ist: Mit diesem Zeichen von „Mut“ hätte sich der Song Contest beinahe völlig ins Aus katapultiert. Über Jahrzehnte versuchten alle, das Rezept von 1974 zu kopieren und übertrafen sich dabei an bunter Beliebigkeit. Ausnahmen wie die junge Nicole fielen auf – und siegten gar nicht so überraschend wie immer getan wird.

Ciao Sanremo! Hello Trash!
Teilnehmer wie England (Brotherhood of Man, Bucks Fizz), die Niederlande (Teach In) und vor allem Israel kopierten das schwedische Erfolgskonzept mit Bands, die hart an der Fremdschämerträglichkeitsgrenze angesiedelt waren. Erfolgreich.

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Die italienischen San-Remo-Sieger wie Eros Ramazotti („Adesso tu“), Laura Pausini oder Toto Cutugno, die bisher traditionell zum Song Contest geschickt wurden, blieben dem Bewerb in den 70ern und 80ern dagegen lieber fern. Zu Recht.

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Und dann passierte es: Gerade das Trashige, diese Performances, die so skurril waren, dass man sie nicht glauben konnte, beinahe als hätte David Lynch sie inszeniert, machten den Song Contest ab den 90ern wieder trendy. Partys wurden organisiert, man tanzte, klatschte, wartet begeistert auf die stundenlange Punktevergabe. „Pays-Bas deux points“ –  ein echter Heuler.

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Der Bewerb wuchs mit der EU, die Acts wurden immer schräger.  Und die Songs? Die Ukrainerin Ruslana dürfte die letzte gewesen sein, die einen international brauchbaren abgeliefert hat, auch wenn das bei ihrer legendären Fell-Amazonen-Performance eh wurscht war.  Weil die Form längst den Inhalt obsolet gemacht hatte. 

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Paenda, die österreichische Teilnehmerin, macht hübschen Wohnzimmer-Pop. Und war damit beim Song Contest gar nicht überraschend fehl am Platz. Weil niemand mehr zuhört, sondern nur mehr zusieht. Es geht um die Inszenierung, nicht um den Song. Den haben die meisten schon vergessen, bevor sie ihn zu Ende gehört haben.

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Keine Musik
Aber: Das Abschneiden beim Song Contest könnte dem österreichischen Teilnehmer egal sein, wenn ihm nicht die prinzipielle Teilnahme zum Verhängnis wird, wie den unglücklichen Makemakes.  Denn die Quote für heimische Musik ist – zumindest im ORF – mit etwa 30 Prozent nicht schlecht, sogar Ö3 zieht halbwegs mit. Dank Radiodirektorin Monika Eigensperger wird die Sache auf keinen Fall schlechter werden. Nur dadurch, und nicht durch Wettsingen, entstehen Erfolgs-Acts wie Josh, Avec, Ina Regen, Mavi Phoenix, Bilderbuch, Wanda.

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Viele Acts wollen beim Event Song Contest aber gar nicht dabei sein. Verständlich, Musik wird zu oft zum Beiwerk. Dass ein guter Song noch immer gute Chancen hat, hat allerdings die letzte österreichische Siegerin gezeigt: Conchita Wurst – ein Star, keine Eintagsfliege.