Serpentinenkönigin: Mit dem Rennrad auf der Glocknerstraße
Von Stefan Hofer
Wenn aus dem eigenen Heimatdorf ein ehemaliger Gewinner der Österreich-Radrundfahrt stammt, ist das eine Steilvorlage – auch einmal im Leben die Großglockner Hochalpenstraße mit dem Fahrrad zu erklimmen. Für gewöhnlich absolviere ich zwei Wienerwald-Touren pro Monat, umso beeindruckender war der erste Blick auf den Glockner, als ich im Kärntner Ort Heiligenblut das Quartier bezogen hatte. Die Luft auf 1.300 Meter Seehöhe – herrlich. Bremsen, Luftdruck, Kettenöl, noch ein kurzer Check des Rennrads, um beruhigt einschlafen zu können. In den 1930er Jahren erbaut, führt die höchstgelegene Passstraße Österreichs über Hochtor und Fuscher Törl. Auch Kitzsteinhorn und Timmelsjoch sind begehrte Radziele, aber der Glockner bietet einen wesentlichen Reiz: Man fährt im Glanz des höchsten Berges des Landes.
Ein kräftiges Frühstück macht vor dem persönlichen Saisonhöhepunkt Mut. Mit gleichmäßigem Tritt geht es in die ersten Kehren, eine schnelle Auffahrtszeit spielt keine Rolle. Ich zähle die Kehren. Eins, zwei, drei...
Wann soll man fahren?
Julius Rupitsch, Veranstalter der Bike Challenge und des Großglockner Berglaufs, empfiehlt, morgens zu radeln oder auf den Abend auszuweichen. „Die Mittagszeit sollte man wegen des stärkeren Verkehrs meiden.“ Die Auffahrt von der Salzburger Seite sei beliebter und, was die Länge betrifft, anspruchsvoller: Von Bruck an der Glocknerstraße sind es 36 Kilometer aufs Fuschertörl, von Heiligenblut 17 Kilometer auf die Franz-Josefs-Höhe. „Das Panorama ist auf Kärntner Seite spannender, weil man den Glockner stets direkt vor Augen hat.“
Endorphine
Vor dem Hochtor kommt die „zweite Luft“, mit Endorphinen im Blut setze ich im Wiegeschritt zum Zwischensprint an. Fotopause. Beeindruckend sind die Schneemauern, die sich links und rechts der Straße auftürmen. Mittagspause in der Hütte.
„Schau unbedingt auf den Wetterbericht und die Webcams“, sagt Michael, ein ambitionierter Hobbyradler, der die Hochalpenstraße mehrmals bezwungen hat. Temperaturunterschiede zwischen Tal und Berg erfordern passende Kleidung. Mit der schweißtreibenden Bergankunft ist es nicht vorbei, die Risiken der rasanten Abfahrt warten. Der Wind könne tückisch sein, zudem sollte man ein Auge auf die Bremsen haben. „Besser kurz und stark bremsen als dauernd draufbleiben.“ Den Fehler, die glühenden Bremsen mit Schnee zu kühlen, habe er nur einmal gemacht, sie griffen dann fast nicht mehr. „Ein Reserve-Leiberl zum Runterfahren und ein Radschloss für die Verschnaufpause in einer Hütte brauchst du auch.“ Sein Tipp: die Langversion Zell am See–Lienz (92 Kilometer, 2.300 Höhenmeter). Die Städte sind gut per Zug erreichbar (Radreservierung im Railjet).
Neuer E-Bike-Summit
Potenzial sieht Organisator Rupitsch im 2019 erstmals ausgetragenen E-Bike-Summit, der heuer am 7. Juni stattfindet. Die Straße von Heiligenblut auf die Franz-Josefs-Höhe ist dann für den motorisierten Verkehr gesperrt. Mit dem Elektrofahrrad können sich alle jene „den Traum vom Glockner erfüllen“, die wenig Zeit fürs Training haben.
Die temporeiche Abfahrt ist Belohnung, der nächste Tag noch ungeplant. Und tatsächlich kommt mir in den Sinn, die Tour am nächsten Tag gleich nochmal zu fahren.
Anreise
Die Hochalpenstraße ist von Anfang Mai bis Ende November geöffnet. Letzte Einfahrt 45 Minuten vor Nachtsperre. Mautpflichtig für motorisierte Fahrzeuge. Tarife von Tages- bis Saisonkarte. grossglockner.at
Sportevents 2020
Mitmachen: Glocknerkönig Radrennen „Bike the Peak“ für jedermann am 7.6., glocknerkoenig.com
Bike Challenge am 11.7. und Großglocknerberglauf am 12.7., auch als Duathlon. grossglocknerberglauf.at
E-Bike Summit, 5.–7.6., e-bike-summit.com
Zuschauen: 72. Österreich Radrundfahrt, heuer vom 27.6.–3.7.