Warum Milliardärsgattin Sackler in der Modewelt unerwünscht ist
Sie will sich nicht unterkriegen lassen: Joss Sackler zeigte auch dieses Jahr die neue Modekollektion ihrer Marke LVB auf der New York Fashion Week. Die Show wurde digital übertragen und fand ohne Zuschauer statt - ein Detail, das wohl so manche Schwierigkeiten löste. Denn einfach hat Sackler es nicht, die obligatorischen Promis in die erste Reihe ihrer Modeschau zu bekommen.
Das Problem: Immer mehr Personen aus dem Modebereich boykottieren Sacklers Marke. Schon 2019 gab es keine wirklich prominenten Namen in der Front Row. Nur mäßig bekannte Blogger ließen sich blicken, darunter auch die Österreicherin Tatjana Catic.
Bislang sah man nur Schauspielerin Sharon Stone als A-List Celebritiy in einem Outfit von LVB - das Joss Sackler gehört, die Kreativdirektorin ist Elizabeth Kennedy.
Courtney Love macht gegen sie mobil
Das Problem an Joss Sackler: ihr Ehemann David Sackler. Ihm und seiner Familie gehört die Pharma-Firma Purdue Pharma. Das bekannteste und erfolgreichste Produkt des Unternehmens ist Oxycontin. Ein starkes opiumhaltiges Schmerzmittel, das zu den umsatzstärksten Medikamenten der Welt zählt.
Gerade deshalb hatte Joss auch Sängerin Courtney Love 2019 100.000 Dollar geboten, nur damit sie auf ihrer Show in der ersten Reihe Platz nimmt. Love war jahrelang abhängig von Oxycontin und sieht sich als Feindin von Joss Sackler, die stark gegen die Milliardsgattin mobil macht. "Ich bin einer der bekanntesten Ex-Junkies der Welt. Ich lasse mich sicher nicht von ihr kaufen."
"Skrupellos wie Drogenkartelle"
Jahrelang gab es schon massive Kritik, dass das Medikament viel zu aggressiv beworben wird, es zu leicht erhältlich sei und die hohe Suchtgefahr nicht eindeutiger gekennzeichnet und erklärt wird. "Die Sacklers", so Pharmakritiker Allen Frances zum Vice Magazin, "sind genauso schamlos wie die Drogenkartelle und kaum weniger skrupellos."
Die ohnehin schon milliardenschweren Sacklers machten durch den Anstieg der Oxycontin-Nachfrage ab den Nullerjahren jedenfalls ein weiteres Vermögen.
Dabei musste das Unternehmen 2007 bereits Strafen in der Höhe von 600 Millionen Dollar zahlen, weil die Suchtgefahr von Oxycontin verharmlost wurde. 2019 aber gab es erstmals eine Klage, die sich gegen acht Familienmitglieder selbst richtet und von Städten und Bezirken aus 26 US-Bundesstaaten eingereicht wurde.
Die Anschuldigung: "Acht Mitglieder einer Familie trafen Entscheidungen, die den Großteil der Opioid-Epidemie auslösten", so die Anklage. Die Sacklers haben demnach Ärzte und Patienten getäuscht und die Suchtgefahr ihres Produktes bewusst heruntergespielt.
Flucht in die Schweiz
Weil es immer mehr Missfallen an der Familie gab, zog es einige Geschwister allerdings vor Kurzem in Schweiz. Joss und ihr Mann verkauften ihre schicke Bleibe in New York, die mehr als sechs Millionen Dollar wert ist. Sie haben aber weitere Immobilien in Kalifornien (um 22 Millionen Dollar) und Conneticut.
Rotes Tuch in der Kunstwelt
Selbst in der Kunstwelt ist der Name Sackler inzwischen ein No-Go geworden, obwohl sie jahrzehntelang den Ruf von Philanthropen genossen hatten. Der Clan spendete Millionen an Kunsteinrichtungen. Das Guggenheim Museum, der Louvre in Paris, das Metropolitan Museum in New York und die Tate Modern erklärten nach der Klage jedoch, dass sie keine Geschenke des Clans mehr annehmen werden. Auch die Britische National Gallery cancelte die im Raum stehende Spende von 1,3 Millionen Dollar.
Insolvenz - ein fauler Deal?
Ende 2020 kam es zu einem Vergleich: Das Unternehmen soll mehr als 8,3 Milliarden Dollar zur Beilegung zivil- und strafrechtlicher Verfahren auf Bundesebene zahlen.
Die Firma hat schon kurz nach der Klage Insolvenz beantragt. Unklar ist nun, ob die Summe gezahlt werden kann. Der erzielte Vergleich mit dem Justizministerium ist umstritten. Kritiker wie die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James sehen die Insolvenz als Manöver von Purdue Pharma, um sich aus der Verantwortung zu ziehen und das Vermögen der Sacklers zu schonen.
Statt den Clan angemessen zu bestrafen, erlaube der Deal mit dem Justizministerium es der Familie, ihre Milliarden zu behalten, empörte sich die Staatsanwältin.
Am Hungertuch werden die Sacklers also wohl nicht nagen müssen, ob Joss Sacklers Modemarke nun floppt oder nicht. Zu ihrer Verteidigung meint die Fashionista, dass ein Mann, der ein ähnliches Unternehmen wie sie aufbauen würde, nicht nach dem Job seiner Frau gefragt und beurteilt werden würde.