Leben/Gesellschaft

Wie altes Brot als Bier wiederverwertet wird

Restlverwertung. Milde, süße Nuancen und Karamellnoten umschmeicheln den Gaumen: Für die neueste Kreation der „100 Blumen Brauerei“ wurden nicht nur Hopfen und Malz vergoren, sondern auch dunkle Brotsorten wie ein Roggenvollkornbrot. Sogar ein Laie kann nach dem ersten Schluck den Brotgeschmack herausschmecken. Beim sogenannten Einmaischen wurden getrocknete und geröstete Brotbrösel des trockenen Brots im Sud verkocht. 20 Kilogramm Altbrot braucht es für 1.000 Liter Bier.

Mit der Beigabe von fruchtigem Hopfen und Münchner Malz entstand ein naturtrübes, rötliches Bier mit 5,1 Prozent Alkoholgehalt. Warum sollten wir Bier aus altem Brot trinken? Der Wiener Bäcker Stefan Szihn suchte nach einem nachhaltigen Konzept, wie er sein Altbrot wiederverwerten könnte: „Die Idee mit dem Brotbier kam uns erst, als wir die Biere von 100 Blumen Brauerei kennen und lieben gelernt haben. Dass in diesem Brotbier unser Brot enthalten ist und es noch dazu sehr gut schmeckt, freut uns ganz besonders.“

Kreislaufwirtschaft

Allein in Wien landen täglich 70 Tonnen Brot im Müll – von dieser Menge könnten sich die Grazer einen Tag lang satt essen. Für dunkles Brot haben sich der Brauer und der Bäcker entschieden, da es anders als für Weißbrot bisher keine Wiederverwertung gab – aus altem Gebäck wie Semmeln werden nämlich Brösel gemacht.

„Wir dachten uns außerdem, dass dunkles Brot ein bisschen besser zu Bier passt und es dadurch g’schmackiger wird. Aber mit hellem Brot würde der Brauprozess genauso funktionieren. Durch dunkles Brot erhält das Bier einen Bernsteinton – mit hellem Brot würde ein helles Bier entstehen“, wie Braumeister Alexander Forstinger erzählt.

Präsentation

Kommende Woche soll sein Bier vorgestellt werden, danach ist es in der Brauerei, den Bäckerei-Filialen sowie mit einem Brauerei-eigenen Lieferservice in ganz Wien erhältlich (2,20 Euro pro Flasche).

Wie es jetzt weitergehen soll? Forstinger: „Wir haben 1.000 Liter auf Lager. Wenn das Bier gut angenommen wird, können wir uns weitere Bier-Sorten vorstellen.“

Die Einführung vor Ostern kommt Bäcker Szihn besonders recht, denn er bäckt heuer einen Osterschinken im Brotmantel, der in Kombination mit dem Bier angeboten wird. Und: „Für jedes unserer Brote haben wir jetzt eine Kreislaufverwertung: Egal ob Brösel, Bier oder Spenden an karitative Vereinigungen oder Landwirte, es wird bei uns absolut nichts weggeworfen.“

Weckerl aus altem Brot

Nachhaltige Restlverwertung kommt gut an: Die Bäckerei Ströck hatte mit ihrem Wiederbrot 2020 einen vollen Erfolg gelandet – der KURIER berichtete. Hier wird aus Altbrot einerseits Sauerteig gemacht, andererseits ein sogenanntes Kochstück für den Brotteig.

Nachdem das Brot vom Vortag in Scheiben geschnitten und getoastet wurde, wird es fein gemahlen und mit Wasser gemischt. Diese Masse wird mit Sauerteig und Mehl zu einem sehr feuchten Teig vermengt.

Aufgrund des Erfolges wurde vor Kurzem ein veganes Wiederweckerl eingeführt, das aus unverkauftem Roggensauerteigbrot hergestellt wird. Schmeckt gar nicht alt, sondern saftig.