Plantscouting in Berlin: Die hippen Pflanzen für nächstes Jahr
Von Axel Halbhuber
Mit Pflanzen ist es nicht anders als dem restlichen Zeug: Irgendwo entwickelt sich ein Trend und der schwappt mit angemessener Verzögerung zu uns. „Irgendwo“ ist beim Grün meist Amsterdam, das ist das große Planting-Mekka in Europa. Aber ob Pflanzen den Lifestyle-Geschmack treffen und es ins Wohnzimmer schaffen, sieht man besser in London und Berlin: Was die Leute in den hippen Vierteln der deutschen Hauptstadt interessiert, kommt bald zu uns.
Zum Beispiel am Prenzlauer Berg.
Der ehemalige Ost-Bezirk wurde zum Hipsterzentrum und Michael Schaarschmidt hat das miterlebt. 1993, vier Jahre nach dem Mauerfall, eröffnete er sein Blumencafé in der Schönhauser Allee (www.blumencafe-berlin.de). Und er sagt, die Hipster von heute kaufen wieder die Gewächse von früher: „Man geht zurück zu den Klassikern wie Philodendron, Epipremnum, Ficus und Sansevieria. Die sind ja vor allem Klassiker, weil sie pflegbare Pflanzen sind.“
Und seien schon in der DDR beliebt gewesen, manchmal war nicht alles verfügbar und die Auswahl nicht so groß. „Vor allem bei Orchideen gab es kaum Vielfalt.“ Die Wertschätzung war dafür damals größer, für „Ommmas Achzigsten sind schon mal fufzig Mark draufgegangen“, sagt der Berliner. „Mit dem ist man dann stolz wie Bolle hingegangen, der Strauß konnte nicht groß genug sein.“ Heute nehmen viele nur schnell irgendwelche Blumen im Supermarkt mit.
Bei Zimmerpflanzen hat sich dafür der Trend Richtung Statussymbol entwickelt. „Da will man etwas Exklusives, Großes, etwas Außergewöhnliches vom Wuchs her.“ Zugleich wird die Pflege oft vernachlässigt, denn „permanente Verfügbarkeit macht eben leichtsinnig.“
Was wächst daheim rüüüchtig gut?
Dem versucht Schaarschmidt mit seinem Laden entgegenzuwirken. Während viele andere hippe Plantshops kaum Expertise mitbringen, setzt er auf die Kunden, „die uns zuhören. Die auch nachfragen, wo wir gezielte Beratung geben können, damit die Pflanzen zu Hause funktionieren.“ Es gehe nicht um Grüne Daumen, sondern um Wissen um Gießen und Standort – „das kann man jemandem ja sagen“.
Neben den beliebten Klassikern („was schon bei Omma gestanden hat, da geht es um Erinnerung“) gibt es zwei weitere, gegensätzliche Trends. Einerseits Pflanzen für den kleinen Raum. Das sind Sukkulente und Kakteen. „Da gibt es extrem schöne Arten und Formen, da tut sich immer was.“ Der Mann kommt ins Schwärmen. Besonders, wenn er Haworthien und Crassulen bespricht, beides voll im Trend. Wie auch die Glasgärten, „auch eine ganz hippe Geschichte. Die sind zwar ein bisschen Spielzeug, aber wir haben gesagt, wenn dann richtig. Solche, die auch wirklich funktionieren.“ Das sieht man dann auch am Preis, voll bepflanzt kosten die Minigärten von Baiosphere über 400 Euro.
Im Gegensatz zum Kleinod suchen viele auch großblättrige Pflanzen, derzeit besonders die Anthurium hookeri. Oder Strelitzien (Paradiesvogelblume), die seien gerade „total hipp“, aber in Wohnungen einfach nicht machbar, brauchen „rüüüchtig viel Licht. Sowas reden wir den Menschen aus. Bei uns kriegen sie nicht, was sie wollen, sondern was sie brauchen.“