Karfreitag: Warum das Ritual des Fastens in vielen Religionen Tradition hat
Von Ingrid Teufl
Brot, Salz und Wasser, mitunter Hülsenfrüchte, Kräuter, Gemüse und Beeren – das sind die klassischen Fastenspeisen, die im frühen Christentum erlaubt waren. Und man tat gut daran, diese tunlichst einzuhalten, um seinen Glauben zu beweisen. Gefastet wird Jahrhunderte später noch immer, allerdings weniger aus religiösen Gründen. Vielmehr ist das Ritual selbst zum Mittelpunkt geworden. „Für viele ist es wichtig, sich bewusst aus dem Alltag herauszunehmen, für eine Zeit des Reflektierens“, sagt die Fastenbegleiterin und psychologische Beraterin Gini Czernin.
Strenge Fastenzeiten
Die Wienerin leitet im Waldviertler Kloster Pernegg zahlreiche Fastenwochen – vor allem in der Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Karfreitag. Diese 40 Tage gehen auf den überlieferten, ebenso langen Aufenthalt von Jesus in der Wüste zurück. Die strengen Fasttage der katholischen Kirche haben sich im Lauf der Jahrhunderte von rund 150 auf zwei reduziert: Neben dem Aschermittwoch ist dies der heutige Karfreitag. Wer ihn als Katholik streng einhält, nimmt nur eine (Haupt-)Mahlzeit zu sich, selbstredend kein Fleisch oder Alkohol. Vielerorts wird etwa traditionell eine Rahmsuppe (Stosuppe) aufgetischt. Für evangelische Christen zählt der Karfreitag zu den höchsten Feiertagen überhaupt und ist daher ein strikter Fasttag. Orthodoxe Christen sollen überhaupt auf Nahrung verzichten.
Nahrungsverzicht
Das Motiv, durch bewussten Nahrungsverzicht Gott näherzukommen, findet sich nicht nur im Christentum, sondern in allen großen Religionen. Auch die Religionsgründer fasteten: Neben Jesus werden von Buddha, Zarathustra oder Mohammed Fastenzeiten erzählt. Die Gründe sind unterschiedlich; es geht um Buße, Besinnung, innere Einkehr, geistige Klarheit oder Erleuchtung.
Kloster vs. Online
Wer heute aus nicht-religiösen Gründen fastet, hat meist etwas andere Beweggründe, sagt Fastenbegleiterin Gini Czernin. „Es gibt den Bedarf nach einer Auszeit, einem Neustart für Körper und Geist.“ An diesen Bedürfnissen konnte auch die Pandemie nichts ändern. Dennoch verliefen die Kurse heuer anders als sonst – nämlich online.
Czernin war der Unterschied von Anfang an bewusst. „Die Atmosphäre vor Ort kann durch Online-Begleitung nicht ersetzt werden.“ Dennoch nahmen viele die Angebote in Anspruch. „Viele wollten sich in dieser ungewöhnlichen Situation etwas Gutes tun.“ Das Erfreuliche: „Auch in den Zoom-Gruppen entstand im Lauf der Fastenwoche eine richtige Gruppendynamik.“
Basisch oder Saft?
Eine weitere Erkenntnis der erfahrenen Begleiterin: Wer zu Hause, in der gewohnten Umgebung, fasten will, achtet wesentlich mehr auf Zeitpunkt und Thema.“ Gefragter waren etwa Kurse mit Intervallfasten und basischem Fasten. „Ich habe das Gefühl, da traut man sich eher drüber, weil man dabei auch feste Nahrung zu sich nimmt.“ Nur mit Säften, Tee oder leichten Suppen zu fasten, „da ist es schon wichtig, sich die Zeit dafür zu nehmen. Ich hatte auch Teilnehmer, die sich Urlaub genommen haben und die Woche allein im Zweitwohnsitz verbrachten.“