Leben/Gesellschaft

Hashtags bis Online-Banking: Ein Reiseführer durch Digitalien

Drei Ziffern bringen Computerbesitzer regelmäßig zur Weißglut: „404 (Seite) nicht gefunden“ heißt ein häufiger Fehlercode im Web, nun wurde sogar ein Buch nach ihm benannt. In „Error 404“ nimmt die ehemalige Profil-Journalistin Michaela Ernst die Generation der „digitalen Immigranten“ an der Hand und führt sie in alphabetisch geordneten Kapiteln durch den Web-Wahnsinn – von A wie Amtsweg bis Q wie QR-Code.

Dass die Computerwelt unseren Alltag in den vergangenen Monaten noch mehr bestimmen würde als zuvor, konnte die Autorin bei der Recherche noch nicht wissen: „Als der Lockdown begann, war mein Buch bereits im Lektorat“, erzählt die 57-Jährige dem KURIER. Dank ihrer Hartnäckigkeit und der Flexibilität des Verlages wurde das fast fertige Skript in letzter Minute doch noch um den ein oder anderen Corona-Aspekt ergänzt. „Man kann in dieser Zeit kein Buch über Digitalisierung auf den Markt bringen, ohne dieses Thema zu behandeln“, sagt die Autorin.

Faktor Mensch

Zur Digitalexpertin avancierte Ernst, die heute als Chefredakteurin für das Wirtschaftsmagazin Sheconomy arbeitet, während ihres berufsbegleitenden Studiums im Jahr 2013: Für die Master-Thesis hatte sie sich das Thema Industrie 4.0 ausgesucht und führte Interviews mit Fabriksarbeitern über die Veränderungen ihres Arbeitsalltags. In „Error 404“ geht es darum, wie moderne Technologien den Alltag, das Privatleben aller Menschen beeinflussen – und warum es am Ende doch eine menschliche Komponente braucht.

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Die Grenzen der digitalen Welt wurden ihr bei ihrer Hochzeit aufgezeigt: „Ich wollte meinen Mädchennamen mit dem meines neuen Mannes kombinieren. Allerdings hieß ich wie mein Ex-Mann und hätte den Namen auch behalten müssen. Wenn man das am digitalen Amt in einen Algorithmus eingeben muss, ist es zu kompliziert. Für den individuellen Fall wirst du immer einen Menschen brauchen, der auf dich eingeht und einen Lösungsvorschlag bietet.“

Wachsam bleiben

Im Buch erläutert die Journalistin auch die gesellschaftspolitischen Folgen der Dauer-Vernetzung. Im Kapitel „H wie Hashtag“ wird erklärt, wie das Doppelkreuz – erstmals eingesetzt 2007, um Diskussionen bei einem Informatikertreffen organisieren – in Form der #MeToo-Debatte mächtige Männer hinter Gitter brachte und eine neue Feminismusbewegung anstieß.

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Man müsse aber auch aufpassen, nicht zu stark in den Sog der neuen Medien zu geraten. „Ich finde schon, dass die Digitalisierung die Gesellschaft hysterisiert hat. Jeder Tag ploppt ein neuer Irrsinn, ein neuer Hype auf, alle sind entweder völlig hingerissen oder völlig abgestoßen. Ich finde diese Emotionsbäder in den Extremen bedenklich.“

Ihr Buch sei vor allem ein Plädoyer zur Mitgestaltung, sagt Ernst. „Durch die Computertechnologie werden wir zu einer geistigen Bequemlichkeit verleitet. Wir glauben, der Computer macht das eh. Der Computer macht aber auch nicht alles richtig. Wir müssen wachsam bleiben, Dinge hinterfragen. Und nicht alles, was im Internet behauptet wird, sofort als gegeben hinnehmen.“