Leben/Gesellschaft

FOMO: Die Angst, etwas zu verpassen, ist keine Frage des Alters

Im Gruppenchat überschlagen sich nach Feierabend mal wieder die Kurznachrichten. Kinobesuch, Afterwork-Drink, Yoga-Session, Lesezirkel. Zwar fehlt jegliche Lust dazu. Die potenziell nicht gemachten Erfahrungen sitzen aber beklemmend bedrohlich im Nacken.

In Zeiten, in denen es stets etwas zu erleben gibt, gibt es auch immer etwas zu verpassen. Mit FOMO, das für "Fear of Missing out" steht, wurde die maßlose Abkehr vom Innehalten schon vor einigen Jahren in ein Akronym gegossen. Psychologen der Washington State University postulieren nun: Die Furcht vorm Versäumen ist nicht bloß ein Problem der jungen Internetaffinen. Vielmehr erwiesen sich den Wissenschaftern zufolge Einsamkeitsgefühle, niedriger Selbstwert und geringe Selbstfürsorge als zuverlässige Prognoseparameter für individuelle FOMO-Tendenzen.

Anders als erwartet

Eine Erkenntnis, die sie überraschte: "Wir haben erwartet, dass FOMO in jüngeren Altersgruppen in höherem Ausmaß präsent ist, insbesondere aufgrund der dichten sozialen Entwicklungsstufen, die sie durchlaufen. Aber das war nicht der Fall", kommentiert Studienleiter Chris Barry die Erkenntnisse, die er mit seinen Kollegen aus Befragungen von über 400 US-Amerikanern zwischen 14 und 47 Jahren destilliert hat.

Die Nutzung sozialer Medien erwies sich nicht als ausschlaggebender Faktor, wenngleich sie als Verstärker wirken kann: "Via Social Media kann man miterleben, was andere tun und was in ihrem Leben vor sich geht. Wenn man schon Bedenken hat, etwas zu verpassen, verursachen diese Inhalte Stress."

Die Forscher, die ihre Untersuchung im Fachblatt Journal of Social and Personal Relationships veröffentlicht haben, haben eine gute Nachricht: Die allgemeine Lebenszufriedenheit der Teilnehmer schien die Furcht vor sozialer Enthaltsamkeit nicht negativ zu prägen. Wer Mut beweist und auch mal absagt, darf die neu gewonnenen Momente nutzen, um sich FOMO-vorgelagerten Ängsten zu widmen.