Der faszinierende Blick ins fremde Wohnzimmer
Von Julia Pfligl
Alle Menschen - ja, auch die Königin von England - sind derzeit gezwungen, in ihren Wohnungen zu verharren. Sie arbeiten von zu Hause oder geben im Fernsehen Skype-Interviews und zeigen so, ob sie wollen oder nicht, einen Teil ihres privaten Umfelds. Manche so regelmäßig, dass man sich beim Zusehen schon selbst ein wenig heimelig fühlt...
Die Bodenständige
Zum ersten Mal musste Queen Elizabeth II ihre wöchentliche Audienz mit Premierminister Boris Johnson via Telefon abhalten. Die bald 94-jährige Regentin hatte sich vor einiger Zeit in die Gemächer von Schloss Windsor zurückgezogen, um dort die nötige Distanz zum Trubel Londons und ihrem Covid-19-infizierten Thronfolger Charles einzuhalten. Glücklicherweise ließen der Palast und das Büro in der Downing Street das Volk daran teilhaben und posteten zeitgleich einen Schnappschuss vom hochrangigen Arbeitsgespräch. Dabei fiel auf: Den königlichen Telefonapparat gab es wohl schon, als Diana noch zu Besuch nach Windsor kam. Die mehrfache Urgroßmutter ist auch in der Quarantäne top geschminkt und angezogen. Und: Ihre heiß geliebten Corgis sind omnipräsent, wenn auch nur in Form von kleinen Deko-Figuren.
Die Vintage-Ikone
Wie viele Österreicher sie wohl vermissen werden, wenn die Tage der Corona-Krise gezählt sind? Katharina Wagner berichtet seit drei Jahren als ORF-Korrespondentin aus der italienischen Hauptstadt und ist seit der Pandemie präsenter denn je. Weil auch sie im vom Virus schwer gebeutelten Italien nicht mehr einfach so ihr Haus verlassen darf, informiert sie seit einigen Wochen besonnen und routiniert live aus ihrem Römer Wohnzimmer. Der eigentliche Star steht stets hinter ihr und hält ihr in diesen stressigen Tagen den Rücken frei: das Retro-Radio wurde zum Kultobjekt der Italien-Berichterstattung und entzückt Musikfans jedes Mal aufs Neue.
Die Humoristin
Kulturschaffende haben es in diesen Tagen nicht einfach. Die Kabarettistin und Schriftstellerin Stefanie Sargnagel hält ihre Fans auf Twitter mit gewohnt schwarzem Humor und Zynismus zum Glück auch in ernsten Zeiten bei Laune. In der Spät-ZiB gewährte sie unlängst Einblicke in ihr buntes Wohnzimmer inklusive vollgeräumter Billy-Regale. Ach ja, einen Vogel hat sie auch. Aber einen sehr sympathischen.
Die Altbau-Hipster
Vor einer Woche sendeten Dirk Stermann und Christoph Grissemann nach Vorbild der großen US-Late-Night-Talkmaster erstmals von zu Hause und gewährten dabei einen (sehr eingeschränkten) Blick in ihre Wiener Altbauwohnungen: hohe weiße Wände, Flügeltüren und gerahmte Kunst an den Wänden. Der eigentliche Blickfang war freilich Grissemanns pinker Plüsch-Morgenmantel.
Der Goldige
Herbert "Schneckerl" Prohaska ist aus dem öffentlichen Leben Österreichs nicht wegzudenken und wird folglich auch in fußballfreien Krisenzeiten zugeschaltet, um das Volk von seinem Heim aus zu beruhigen. Während er bei seinem ersten Skype-Interview mit "Guten Morgen Österreich" noch auf einem opulent-kreativ bedruckten Sofa und vor weißen Spitzengardinen Platz nahm, wechselte er für die kommenden Gespräche in den Arbeits- oder Essbereich. Hier dominiert die Farbe Gold, und auf dem Glastisch hat schon der erste Osterhase Platz genommen. Und irgendwie will man sofort bei Familie Prohaska zum Essen eingeladen werden.
Der Patriotische
Ob damit wohl alle Kollegen einverstanden waren? Vergangene Woche twitterte SPÖ-Mann Jörg Leichtfried dieses schöne Gruppenfoto, aufgenommen während einer Videokonferenz mit den Klubobleuten und NR-Präsident Wolfgang Sobotka, der seine Kameraeinstellung beim nächsten Mal vermutlich genauer überprüfen wird. Auffallend war einmal mehr Herbert Kickl (FPÖ), wobei: Wundert es wirklich jemanden, dass der blaue Klubobmann in seinem Kärntner Heim Österreich-Flaggen platziert? Eben.
Der Bibliothekar
Vor zwei Wochen ließ sich Österreichs Parade-Philosoph Konrad Paul Liessmann am ORF-Kulturmontag zuschalten, um die Lage der Nation auf der Metaebene zu analysieren. Gewandet im Jogginganzug der Intellektuellen, einem schwarzen Rollkragenpulli und lässigen Sakko, sagte er sehr gescheite Dinge, doch das wirklich Beeindruckende war seine Privat-Bibliothek, die angeblich Tausende Bücher zählt. Genügend Lesestoff für ein paar weitere Wochen Kontaktverbot hätte er also.