CDS DER WOCHE
Von Andreas Bovelino
ROCK
FAKE LEATHER
THE CRISPIES
Volle Wäsch und Scheiß drauf! Seit ihrem Debüt gehören die Crispies zu den lässigsten Rock-Bands, die man so zu hören bekommt. Mit Mario Fartacek haben sie sich einen Producer geholt, der selbst in einer extralässigen Elektro-Band spielt (Mynth). Und sind noch besser geworden. Jetzt gibt’s mit „Lost My Phone“ eine cool zerhäckselte Ballade und sogar „trappiges“ Autotune! Aber keine Angst, bei Tracks wie „H-Bomb“, „Easy“ oder „Mercy“ kann man noch immer fantastisch mitstampfen – und -grölen! (Seayou)
INDIEROCK/FOLK
I’LL BE YOUR GIRL
THE DECEMBERISTS
Seit 18 Jahren ist die sympathische Indie-Band aus Portland zuständig für große Gefühle und zarte Melancholie. So hymnisch wie beim Opener „Once In My Life“ waren sie aber noch selten. Und? Steht ihnen sehr gut! Die weiteren zehn Songs sehen wir sie zwischen bekanntem Akustik- und Songwriter-Stil („Cutting Stone“, und das großartige „Sucker’s Prayer“) und ungewohnter Synthielastigkeit („Severed“). Mit „We All Die Young“ kommt sogar noch ein wenig Glam-Rock ins Spiel. Unentschlossen? Vielleicht. Aber gut. (Rough Trade)
Rock
SYNCHRONIZED
1000 FLAMES
Erstaunlich, wie aus dem Nichts taucht in Wien eine Band auf, von der ich gar nicht gewusst hatte, wie sehr ich sie bisher vermisst habe! Auf seinem Debüt macht das Quartett um Sänger Markus Stingl praktisch alles richtig. Mit „Try To Sleep“ einen Opener, der uns mit bedrohlicher Gitarre und verzweifelten Vocals sofort in die CD zieht, „Istanbul“ zeigt Ambition, hat aber genug melodiösen Körper um Tonartwechsel und Effekte nicht zum Selbstzweck werden zu lassen. Radiohead stehen im Raum, aber nicht im Weg. Großartig. (Blankton)
ROCK/BLUES
BOTH SIDES OF THE SKY
JIMI HENDRIX
Leichenfledderei? Nein, 13 archäologische Kostbarkeiten. Duette mit Stephen Stills, Lonnie Youngblood, Johnny Winter – und: „Manish Boy“! Den zu Tode geknüppelten Riff lässt
Jimi einfach beiseite und funkt sich lieber endlos einen weg. Die schwere Axt packt er dafür beim Bluesrock von „Hear My Train A Comin’“ aus. Da hört man dann auch, wo coole Gitarreros wie Jack White oder Gary Clark jr. ihre Inspiration hernehmen. Wobei das dazugehörige
Solo auch die beiden zum Ohrenwackeln bringen dürfte. Sehr klass. (Sony)
ROCK
HEUTE NACHT NACH BUDAPEST
VIECH
Was ich über die Vorab-Single „Ich hab viele Fehler gemacht“ geschrieben habe, trifft uneingeschränkt auf die ganze CD zu: räudig, dreckig, unschlagbar gut. Großartiger Gitarrensound trifft knochentrockenes Zeugl und einen Bass, der die Hosenbeine vibrieren lässt. Plut hat ein untrügliches Gespür für Refrains, die richtig reinfahren, Bassistin Martina Stranger peppt seinen heiseren Sprechgesang stimmlich genau richtig auf. „Wir wollten diesmal keine Kompromisse machen. Ich schreibe die Songs. Christoph macht die Drums. Martina den Bass. Da muss man keine Wissenschaft draus machen“, sagt er. Hab ich schon gesagt, wie cool der Typ ist?