BOVELINOS PLAYLIST: Die CDs der Woche
Von Andreas Bovelino
POP/FADO/SONGWRITER
BRANCO
CRISTINA BRANCO
Die unwiderstehlichste aller portugiesischen „Fadistas“ der letzten Jahre löst sich auf ihrem neuen Album – wieder einmal – von den strengen Fesseln ihrer Zunft. Nur von Klavier, Kontrabass und Gitarre begleitet, interpretiert sie zwölf Songs junger portugiesischer Songwriter.
Und bewegt sich damit leichtfüßig, wie nur sie es kann, zwischen Chanson, Folk, Pop – und ja, ein wenig Fado schon auch. Das sanft treibende „Este Corpo“ würde auch im Duett mit Calexico hervorragend funktionieren, „Aula“ duftet nach Paris und „Eu por Engomar“ ist so sehnsüchtig, dass man weinen möchte. Wunderschön. (O-Tone)
ROCK/POP
LAMP LIT PROSE
DIRTY PROJECTORS
Wow – wer hätte mit sooo einer CD der Jungs und Mädels gerechnet? Nach dem so großartigen wie düsteren, elektronischen Album des Vorjahres scheint nun eine wunderbare neue Leichtigkeit in die Avantgarde-WG um Mastermind David Longstreth eingekehrt zu sein.
Das fängt gleich wunderbar an mit „Right Now“, zur akustischen Gitarre, mit einer zarten Melodie und nur ganz sparsamen gesetzten Brechungen. Dazu: Zum Sterben schöner Soul-Folk („That’s A Lifestyle“) und himmlische Teamarbeit mit Kultstars wie Empress Of („Zombie Conquerer“), „Feel It All“ (Dear Nora), „The One“ (Roostam). (Domino)
POP/SOUL/ELEKTRO
BEN KHAN
BEN KHAN
Vor vier Jahren war der Londoner mit seinem Mix aus B.B.King-Blues und edgy Electronics the hottest Shit around. Alle warteten auf seine Debüt-CD – aber Ben wurde der Druck zu groß, er verschwand von der Bildfläche, besuchte die Familie seines Vaters in
Kaschmir. Endlich ist er wieder da. Sperriger als sich manche das gewünscht haben.
Vieles bleibt Skizze oder wird gnadenlos dekonstruiert. Sein Gespür für geniale Grooves ist aber noch da, Stimme und Gitarre auch und zwischen pulsierenden Synths, Saxofon und zerfetzten Beats schimmern unendlich schöne Songperlen. (Dirty Hit)
POP
THE NOW NOW
GORILLAZ
Nach dem großen Almauftrieb an internationalen Stars aller möglichen Genres auf dem Vorjahresalbum präsentiert uns Mastermind Damon Albarn heuer eine völlig abgespeckte, ruhig groovende bis melancholische CD. Persönlich? Zumindest scheint es so, es gilt nicht umsonst als Solo-Album „2-Ds“, also des Cartoon-Charakters des mittlerweile 50-jährigen Briten.
Die einzigen musikalischen Gäste sind George Benson beim unwiderstehlichen Opener „Humility“ und Snoop Dog („Hollywood“). Weitere Highlights sind das 80er-Jahre „Tranz“, die Ballade „ Magic City“, das akustisch gezupfte „Souk Eye“. (Warner Music)
R’N’B/JAZZ/SOUL
HIVE MIND
THE INTERNET
Die Band aus L.A. liefert uns eine der besten CDs des Jahres mitten ins Sommerloch. Vom ersten bis zum letzten Ton stimmt hier einfach alles – und zwar in jede musikalische Richtung.
Verschleppter sexy Funk, mit einem richtig lässigen Gitarrensolo („Come Over“) trifft auf supersweet soft Soul („Stay The Night“), das jazzy, relaxte „La Di Da“ besticht durch Syds Straight-out-of-Bed-Vocals. Und in manchen Songs („Next Time“, „Mood“, „Bravo“) verströmen Syd und ihre Jungs eine Magie, die durchaus an die frühen Aufnahmen von Tricky und Martina Topley Bird herankommt. Fantastisch. ( Sony)