Schöner Wohnen für die Katz'
Arcatecture ist durchaus ein Wirtschaftsfaktor. Ganze Häuser werden mittlerweile nach den Bedürfnissen der felinen Hauptbewohner entworfen. Aber auch innovative Möbel für Hunde liegen im Trend.
Choupette konnte leider noch für kein Interview gewonnen werden (wir bleiben aber dran, versprochen!). Die Stilikone unter den Katzen hätte zu diversen Architektur-, Design- und Materialthemen befragt werden sollen. Beispielsweise ob sie und ihre Artgenossen tatsächlich Wert auf farbliche Vielfalt bei den Toiletten legen, oder es sich eher um Vorlieben der Dienstboten handelt. Oder ob es tatsächlich einen Unterschied macht, ob die Katzenhöhle aus Kunststoff, Walktextil oder Fleece gemacht ist und eine bestimmte Form hat und ob es sich besser auf Sisalmaterial oder Pappe kratzt.
Das schwer beschäftigte Model Choupette dürfte dieser Tage einfach keine Zeit für die Beantwortung dieser bewegenden Fragen gefunden haben. Wurde die feline Gefährtin des verstorbenen Designers Karl Lagerfeld doch erst vor kurzem für die Präsentation der Katzen-Hängematte „Swing” aus dem Hause LucyBalu gebucht.
Literatur über „Arcatecture”
Und die Modekatze hat auch weiterhin, trotz des Ablebens ihres berühmten Futtermittelbereitstellers, einen vollen Terminkalender. Ende 2019 wurde ein Bildband im Steidl Verlag mit bis dato unbekannten Fotos der Insta-Influencerin veröffentlicht (1. Auflage 11/2019, ISBN 978-3-86930-897-5, € 24.00, 112 Seiten, 53 Abbildungen).
Es darf jedoch auch ohne O-Töne der Jetset-Katze die These in den Raum gestellt werden, dass Katzennarren und Katzenfreundinnen sich wesentlich mehr Gedanken über die „Arcatecture” machen, als Hundebesitzer über entsprechende Dogtecture – da hinkt ja schon das Wortspiel.
Auf den Hund gekommen
Wiewohl es seit einiger Zeit die Initiative „Architecture for dogs” gibt, für die keine geringeren als die Stararchitekten Sou Fujimoto, Asif Khan, Kengo Kuma, MVRDV oder Pritzker-Preisträgerin Kazuyo Sejima gewerkt haben.
2019 dürfte aber dennoch ein Jahr mit besonderer Aufmerksamkeit für Katzen gewesen sein. Denn ebenfalls Ende 2019 wurde der Band „Architektur für die Katz / Arcatecture. Schweizer Katzenleitern / Swiss Cat Ladders” von Brigitte Schuster aufgelegt (ISBN 978-3-85616-913-8, Verlag: Merian, Christoph, 320 Seiten, € 40,10).
Wohndesigns selbst für Quallen
Wer es breiter gefasst haben mag, dem wird der Band „Pet-tecture” gefallen. Hier findet man auch luxuriöse Hühnerställe, einen Katzenkratzbaum in Hundegestalt, Wohndesigns für Pferde, Fledermäuse, Quallen und Insekten (ISBN 978-0714877846, Verlag Phaidon, 320 Seiten).
Doch kommen wir zum Wesentlichen: Was ist denn derzeit so alles trendy für die Katz‘? Eiförmige (und auch so benannte, nämlich – italienisch – „Uovo”) Höhlen. Bunte High-Tech-Katzenklos mit Einstieg wahlweise seitlich oder oben, was angeblich dabei hilft, dass sich weniger Streu im Haus verteilt. Raumsparende Kratzbäume an der Wand. Katzen-„Landmarks” aus Pappe. Designerbetten und -Kuschelsäcke. Kissen, auf denen katz wie auf Rosen gebettet ist.
Nützliches für die Tier-„Betreuer”
An die „Betreuer” der tierischen Familienmitglieder hat das Madrider Studio Noju mit den Machern der kolumbianischen „Pet Fashion” Marke Ferōz gedacht. Die minimalistische Homeware-Kollektion für Haustierbesitzer „Casa Ferōz” besteht aus wandmontierten Aufbewahrungseinheiten in gedeckten Farben (merlot, olivgrün, dusty rose, tiefrot). Darin können die menschlichen Freunde Spielzeuge, Leckerlis und Leinen verstauen.
Ich wollte den Menschen eine praktische Möglichkeit bieten, Haustierprodukte aufzubewahren, ohne dabei auf Stil zu verzichten.
Jedes Stück der Casa Ferōz-Kollektion ist aus dem Holz des kolumbianischen Trompetenbaumgewächses Flor Morado mit eichenähnlicher Struktur hergestellt. Jedes ist für einen ganz bestimmten Zweck und Gegenstand konzipiert.
Die Aufbewahrungsboxen bekommen Bezug zum menschlichen Zuhause, die Koexistenz von Mensch und Tier werde aus der Perspektive der Innenarchitektur erforscht, wird Ferōz-Gründerin Daniela Rivera in Medien zitiert.
Designer-Hirnschmalz für den guten Zweck
Die Initiative Architects for Animals® „Giving Shelter” möchte zur Bewusstseinsbildung – und Spendefreudigkeit – beitragen: Für die Finanzierung von Unterständen im Freien für Streuner-Tiere. Immer wieder entwerfen, bauen und spenden Architektur- und Designbüros kreative Lösungen, die Tieren Schutz vor den Naturgewalten und sonstigem Ungemach bieten. Beispiele für die einzigartigen Katzenunterkünfte: Eine hohle Betonkugel oder eine Betonschale, die viel „Privatleben” bietet, ein Labyrinth-Würfel, der „Cat Pod” und so weiter.
Diese Häuser können dann über eine Online-Auktion erworben werden. Mit den Geldern kann die gemeinnützige Organisation FixNation streunende Katzen in Los Angeles, Kalifornien, kostenlos kastrieren.
Cat Walk im Haus
Die architektonischen Aktivitäten beschränken sich jedoch nicht auf Möbel und Katzen-Unterschlüpfe. So mancher Mensch hat sein Heim in weiten Teilen oder ganz auf die mit ihr oder ihm lebende(n) Katze(n) abgestimmt. Katzentreppen und Cat Walks in schwindelnder Höhe sowie Verstecke ermöglichen den süßen Schnurrbartträgern vollsten Überblick darüber, wer kommt und geht. Und sie bieten hoch oben Instant-Rückzugs-Möglichkeiten vor suspekten Besuchern.
Ein Haus in Seoul, vom Architekten Sojung Lee, einem der beiden Gründer des Studios O-BBA (Office for beyond boundaries architecture) macht es vor.
Eigenes Miezen-Zimmer im Urlaubsdomizil
Erst im Frühjahr 2020 hat KC Design Studio in Taiwan das „Pink holiday home” gestaltet. Die Eigentümerin möchte, wenn sie dort auf Urlaub weilt, mit ihren drei Katzen Spaß haben und spielen können.
Das Ferienhaus verfügt über ein eigenes Zimmer für die Miezen. Die Samtpfoten können sich auf Katzenleitern, einem drehbaren Klettergerüst in Karussell-Form sowie einer flauschigen pinkfarbenen Schaukel vergnügen. KC Design Studio hat alles in rosa gehalten – auch den Basketballkorb und andere Spielfelder für die menschlichen Bewohner.
Katzen-Spotting durch die Glaswand
Vom Schlafzimmer aus kann die Katzenmutter ihre felligen Gefährten durch ein großes Panoramafenster beobachten. Beispielsweise dabei, wie sie auf den Katzenleitern nach oben klettern und rund um den Raum laufen.
Im Schlafzimmer gibt es einen begehbaren Kleiderschrank, der durch raumhohe rosa getönte Glasscheiben abgeteilt ist. Auf der anderen Seite des Flurs öffnet sich das Badezimmer zum Katzenzimmer hin. Unter dem Waschtisch ist das rosa Katzenklo versteckt.
Aber den Vogel in Sachen kätzische Koexistenz schießt wohl immer noch Peter Cohen mit seinem Lebensgefährten in Kalifornien ab: Er machte aus seinem Haus ein einziges Katzenparadies. Um die heute mehr als 20 (von der Straße geretteten) Katzen auf Trab zu halten, hat er kunstvolle Laufstege, Tunnel, Plattformen und Sitzpodeste gebaut.
Mittlerweile verkauft der diese „Catwalks”, um Gelder für sein Herzensanliegen, den Kampf gegen die Katzenkrankheit FIP, einzusammeln.
Text: Linda Benkö Fotos: LucyBalu, Noju, Casa Ferōz, Ferōz Pet Fashion, Matt Clayton, Karl Lagerfeld, Meghan Bob, Hiroshi Yoda, Miao Xian Er, pet-interiors design, petsplace.nl, dehner.de, modcat.com, Kyungsub Shin, Francis Dzikowski, Meghan Bob Photography
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