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Paris erfindet sich mit Biotop Mille Arbres neu

Im Juni 2020 wurde die Pariser Bürgermeisteirn Anne Hidalgo bei den französischen Kommunalwahlen im Amt bestätigt. Die 61-jährige Sozialistin steht für eine Art „soziale Ökologie”. Die Gemüter der Pariserinnen und Pariser erhitzen sich zwar an der ohnehin hohen Zahl an Baustellen. Aber Hidalgo ist fest entschlossen, die Umgestaltung des öffentlichen Raums in der von ihr geplanten Art und Weise fortzusetzen.

In Anne Hidalgos zweiter Amtszeit soll mehr als die Hälfte aller Parkplätze in der Hauptstadt weichen, in Summe 60.000 Stück. Bäume sowie Fuß- und Radwege anstelle der vielen, jetzt mit dichtem Verkehr verstopften Boulevards und Stadtzentren rund um die Notre-Dame oder das Quartier Latin, sind nur ein Teil ihres Programms.

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Großes Facelifting für Porte Maillot

Davon betroffen ist auch die Place de la Porte Maillot, die die „Périphérique” überspannt – die zwischen 1954 bis 1973 ringförmig um Paris gebaute Stadtautobahn mit bis zu fünf Fahrstreifen pro Fahrtrichtung.

Im Rahmen der groß angelegten Kampagne „Reinventer Paris” (deutsch.: Paris neu erfinden) haben 2016 die Architekturbüros OXO Architectes (Paris) und Sou Fujimoto (Tokio) den Wettbewerb zur Neugestaltung dieses Viertels im Nordwesten von Paris gewonnen. Die Kampagne betrifft 23 Pariser Stadtentwicklungszentren.

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Seit dem Start von „reinventer Paris” wurden mehr als 600 Projekte eingereicht. Allein das Projekt „Mille Arbres” (deutsch: 1.000 Bäume), mit dem sich OXO und Sou Fujimoto immerhin auch gegen Star-Architekt Rem Koolhaas durchgesetzt haben, ist laut „Paris Futur” mit 550 Millionen Euro Budget veranschlagt.

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Mille Arbres: Pflanzenbiotop

Das Gebiet rund um den riesigen Kreisverkehr Porte Maillot im 16. und 17. Pariser Arrondissement wird auch Pershing-Quartier genannt. Quartier und Boulevard sind nach dem 1948 verstorbenen US-General John J. Pershing benannt. Mit an Bord des Projekts sind der Immobiliendienstleister Compagnie de Phalsbourg, die Maklerfirma Ogic und der Berater Franck Boutté Consultants.

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Allerdings verzögert sich dieses Mega-Bauvorhaben. Mille Arbres verbindet Architektur und nachhaltige Entwicklung, wie es heißt, und soll vor allem ein Pflanzenbiotop werden, das den Anrainern gesunde und reine Luft beschert. Im Zuge der Realisierung soll das gesamte Viertel modernisiert werden.

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Objekt mit Mischnutzung

Im September und Oktober 2020 war das Projekt Gegenstand einer öffentlichen Konsultation auf elektronischem Wege. Danach wurden die finanziellen Garantien für's Erste rückabgewickelt. Die Stadt solle die Idee nochmal nachbessern, steht in französischen Medien zu lesen.

Mille Arbres erfindet nicht nur Paris neu. Es erfindet die Beziehung zwischen dem Stadtzentrum und seiner Peripherie neu, indem es eine bewohnte Brücke zwischen Paris und Neuilly bildet. Es erfindet den Platz der Natur in der Stadt neu und bietet ein Stück Wald im Herzen der Stadt.

OXO Architectes
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Die Experten von Oxo und Suo Fujimoto haben ein Objekt mit einem Grundriss eines gedrungenen Ls vorgesehen. Die Mischnutzung umfasst Wohnungen, Büros, Geschäfte, Hotel, Gastronomie und weitere kulturelle Einrichtungen.

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„Gläsernes Mutterschiff”

Es wird die Périphérique wie eine große Brücke überspannen, wie eine Art „gläsernes Mutterschiff”. Nach den Plänen von OXO wird der Baukörper von der Gestalt her einer umgedrehten Pyramide ähneln. Es entstehen zwei Ebenen. Von der unteren Plattform heraus erhebt sich über sieben Etagen ein bugartig hervortretender Aufbau. Er ist an einigen Stellen sowohl vertikal als auch horizontal ausgehöhlt. Auf diese Weise fällt mehr natürliches Licht hinein.

Auf der oberen Plattform wachsen dann die vielen Bäume und es wird eine Reihe kleiner Satteldachhäuser errichtet, Niedrigenergieholzhäuser versteht sich. So entsteht eine dörfliche Struktur auf einem Gebäude mitten in der Stadt.

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Refugium für die Artenvielfalt

Die zwei Schichten seien mit verschiedenen Landschaften bepflanzt, heißt es bei OXO. An der Basis gebe es den öffentlich zugänglichen Park. Und auf dem Dach ein privater Park. Gleichzeitig schaffe man ein Refugium für die Artenvielfalt.

Das „urbane Ökosystem” biete für jede Nutzungsart die jeweils besten Bedingungen: Büros hinter den wenig besonnten Schrägfassaden, Dachwohnungen mit guter Belichtung, Kindertagesstätten gegenüber der Ringstraße, Busbahnhof im Untergeschoß.

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Der Energiebedarf des Gebäudes soll nahezu zur Gänze unter anderem mit Photovoltaik-Paneelen und Windturbinen gedeckt werden. Der thermische Kreislauf zwischen den Nutzungsarten Hotel, Büro und Wohnen ermöglicht eine Reduzierung des Wärmebedarfs um 10 bis 15 Prozent.

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Die Stadtverwaltung hat den Beginn der Bauarbeiten mit 2021 angesetzt. Ende 2023, noch vor den Olympischen und Paralympischen Spielen 2024 in Paris, soll das Projekt fertiggestellt werden.

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Derzeit reichlich „unwirtlich”

Gegenüber dem Palais des Congrès werden auf dem neuen Vorplatz die vielen bestehenden und entstehenden Linien der öffentlichen Verkehrsmittel (RER E, Metro, Bus, Straßenbahn) ihre Haltestellen haben. Die Erweiterung des Bois de Boulogne und des Place Parodi soll den Anteil der Grünflächen deutlich erhöhen. Die Porte Maillot sei derzeit ein sehr unwirtlicher Ort. Das Projekt werde die „Wiederaneignung des öffentlichen Raums” ermöglichen, wird Bürgermeister-Stellvertreter Emmanuel Grégoire zitiert.

Danach wird man die Porte Maillot wohl nicht mehr wiedererkennen. Die Arbeiten für die unterirdische Verlängerung der S-Bahn RER E nach Westen haben bereits begonnen. Ein großes Glasdach werde die Fahrgäste mit natürlichem Licht versorgen. Gleichzeitig ist die Verlängerung der Pariser Straßenbahn bis zur Porte Dauphine angedacht.

Text: Linda Benkö Visualisierungen / Fotos: Manal Rachdi OXO Architectes + Sou Fujimoto Architects / Porte maillot wikimedia/Geralix

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