Im grünen Tal von Shanghai
Chinas Städte wachsen im Rekordtempo. Im Gegensatz zur Stadtplanung der Vergangenheit zeigen die jüngsten Entwicklungsprojekte, wie ernst man es mit dem Vorhaben meint, die Städte grüner und nachhaltiger zu machen. Laut einer Studie des Institute of Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) investiert China so viel Geld wie kein anders Land in erneuerbare Energien und steigt damit zum Weltmarktführer auf. Fortschrittliche Projekte wie die Forest City nahe der Stadt Liuzhou oder der Vertical Forest City Complex in Huanggang – beide vom Mastermind der Stadtbewaldung Stefano Boeri – lassen China international zum Vorreiter einer zukunftstauglichen Stadtplanung werden.
Ein lebendiges, grünes Stadtquartier
Jetzt liefert das Wiener Architekturbüro Delugan Meissel den nächsten radikal gedachten Masterplan für das grüne Stadtquartier von morgen. Shanghai Valley nennt sich das Projekt, das in der Freihandelszone Fengxian auf einem 18 Hektar großen Areal entstehen soll. Der Auftrag: Ein lebendiges Stadtquartier mit großzügigen Grünflächen schaffen und damit eine Aufwertung für das gesamte Areal bringen. Die Headquarter internationaler Unternehmen, die sich in unmittelbarer Nähe angesiedelt haben, würden zwar den nötigen Platz zum Arbeiten bieten, mehr aber auch nicht.
Wir haben uns entschieden, das Gelände als künstliche grüne Schlucht zu konzipieren – ganz in Anlehnung an die Tee- und Reisterrassen, die die ostchinesische Landschaft prägen.
Der Name des Großprojektes ist Programm, wie die Visualisierungen dazu zeigen. „Nachdem Garten- und Landschaftsarchitektur in der chinesischen Kultur von jeher eine zentrale Rolle spielen, haben wir uns entschieden, das Gelände als künstliche grüne Schlucht zu konzipieren – ganz in Anlehnung an die Tee- und Reisterrassen, die die ostchinesische Landschaft prägen“, erklärte Architekt Roman Delugan gegenüber „Falstaff Living“.
Ein Stadtwald mit 15.000 Bäumen
Mit dem botanischen Garten für die chinesische Stadt Taiyuan sind die Wiener Architekten zu Experten für den künstlichen Grünraum in der Stadt geworden. Im Fall des Shanghai Valley befinden sich die Grünflächen allerdings nicht unter Glaskuppeln, sondern mäandern als bepflanzte Streifen entlang der geschwungenen, terrassierten Fassaden.
Zusammen mit der parkähnlichen Fläche in der Mitte der „grünen Schlucht“ ergibt sich ein immersiver Grünbereich, in dem insgesamt 15.000 Bäume Platz finden sollen. Diese binden im Laufe ihres Wachstums nicht nur CO2, sie wirken auch als Feinstaubfilter und senken die Temperaturen im Sommer. Auch die vielen Wasserwege tragen zu einer Verbesserung des städtischen Mikroklimas bei.
Viel Tageslicht im Inneren
Ähnlich wie sonst im dichten, urbanen Kontext gliedern sich die Reihen in einzelne Blöcke. Die fließende organische Form der Gebäude lässt sie optisch miteinander zu einer Einheit verschmelzen. Die weichen Stufen der einzelnen Geschosse zitieren laut Projektbeschreibung den Prozess natürlicher Sedimentation.
Das Raumangebot im Inneren gruppiert sich jeweils um einen zentralen Hof, was viel natürliches Tageslicht in die Räume bringt. Die vertikal ausgerichtete Lobby schafft durch Verglasungen auf Bodenhöhe weite Sichtbezüge und einen direkten Anschluss an den Außenbereich.
Breiter Nutzungsmix
Das neue Stadterweiterungsprojekt wird insgesamt 350.000 Quadratmeter an neuer Nutzfläche schaffen, und das möglichst breit aufgestellt. Neben einem Hub für internationale Start-ups soll ein Nutzungsmix aus Geschäften, Gastronomie, Hotel, Wohnen und kulturellen Einrichtungen entstehen.
„Das Konzept liefert mögliche Antworten in der globalen Suche nach neuen, durchmischten Typologien im urbanen Raum. Die Verbindung von hoher Dichte mit üppiger Begrünung und die Gleichzeitigkeit von dynamischen Funktionen und einer qualitätsvollen Nutzererfahrung werden den Anforderungen an Klimaschutz und grüner Expertise gerecht.“
Text: Gertraud Gerst Visualisierungen: Delugan Meissel Associated Architects
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