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Hommage auf Mr. Wonderful World

Man braucht kein Jazz-Fan zu sein, um die Musik des legendären Trompeters, Sängers und Schauspielers zu lieben: Titel wie „What a Wonderful World“ zaubern bis heute ein Lächeln in Millionen von Hörer-Gesichtern. Schon 1943, als Louis Armstrong (1901 – 1971) ein Haus in der 107th Street in Corona, im New Yorker Stadtteil Queens, erwarb, war er längst weltberühmt. Das Domizil im damals überwiegend von Afroamerikanern bewohnten Arbeiterviertel war sein erstes festes Zuhause. Von seiner Frau Lucille 1983 der Stadt vermacht, wurde es Jahre später zum Museum. Jetzt hat es mit dem von Caples Jefferson Architects designten Louis Armstrong Center eine würdige Erweiterung erfahren.

Weit mehr als ein Museum

Das grandios gelungene Louis Armstrong Center vergrößert die Kapazität des bescheidenen Hausmuseums. Wohl ganz im Sinne der Witwe des Künstlers. Denn es war ihr Wunsch, dass sowohl Haus als auch Archive zu Ehren ihres Mannes zugänglich gemacht werden sollten. Heute pflegt und fördert das Louis Armstrong House Museum (LAHM) das kulturelle, historische und humanitäre Erbe der Jazz-Legende: Haus und Grundstück werden bewahrt, Archivmaterial gesammelt und weitergegeben. Programme, die Aufklärung und Inspiration dienen, werden entwickelt. Und man arbeitet mit zeitgenössischen Künstlern an Aufführungen und neuen Werken.

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Mit dem neuen Besucherzentrum können nun deutlich mehr Interessenten tief in Vermächtnis und Biografie des Ausnahmekünstlers eintauchen. Was das New Yorker Büro Caples Jefferson Architects geschaffen hat, spiegelt Charakteristika, die dem Geehrten zeitlebens zugesprochen wurden: Das Louis Armstrong Center wirkt bodenständig und revolutionär zugleich. Ein eleganter Blickfang mit kunstvoll geschwungenem Vordach und transparenter Fassade, der nicht dominiert, sondern freundlich zum Besuch einlädt.

Wir wollten das Gebäude im Maßstab des bescheidenen Viertels halten, das er liebte, und gleichzeitig einen Ort für seine Geschichte und Musik schaffen, der alle Besucher willkommen heißt.

Caples and Jefferson Architects
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„Wir wollten das Gebäude im Maßstab des bescheidenen Viertels halten, das er liebte, und gleichzeitig einen Ort für seine Geschichte und Musik schaffen, der alle Besucher willkommen heißt“, erklären die Architekten ihr Konzept. Und beschreiben ihr Werk durchaus treffend: „Das Gebäude ist ein goldener Leuchtturm, der bei Tag und bei Nacht von diesem Genie kündet, das in unserer Mitte lebte.“

„Denkmal“ voll Inspiration

Der Neubau befindet sich direkt gegenüber dem bisher bestehenden Museum. Er bietet einen Ausstellungsbereich, einen Live-Jazz-Saal, Büros und ein Archiv mit Tausenden von Objekten und Aufnahmen. Vieles davon aus eigener Künstlerhand, weil Louis „Satchmo“ Armstrong seine Karriere detailliert dokumentierte.

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Das Louis Armstrong Center bildet den jüngsten und letzten Teil eines Campus, der nun das Museum als Ganzes umfasst: Das Haus mit den persönlichen Werten des Künstlers. Den Garten, der als Ort der Begegnung und Live-Location dient. Und das als Interpretation von Armstrongs Musik konzipierte Besucherzentrum, das mit einer Fülle spannender Information über die Jazz-Ikone aufwartet.

Wir haben dieses Projekt so konzipiert, dass es sich gleichzeitig einfügt und abhebt - ein Paradoxon, das auch Louis Armstrongs Werk widerspiegelt.

Caples and Jefferson Architects

Dass das neue Louis Armstrong Center nicht größer oder höher dimensioniert wurde, hat – wie das Team von Caples Jefferson Architects erläutert – einen guten Grund: „In einem Viertel, das aus bescheidenen zweistöckigen Häusern besteht, wollten wir das Gebäude im Maßstab seiner Umgebung halten. Zugleich wollten wir einen städtischen Bereich schaffen, der das einzigartige Werk des Mannes würdigt, dessen Musik so viel von dem, was wir heute hören, zugrunde liegt. Wir haben dieses Projekt so konzipiert, dass es sich gleichzeitig einfügt und abhebt - ein Paradoxon, das auch Louis Armstrongs Werk widerspiegelt.“

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Im ersten Schritt entwarfen die Architekten die geschwungene Stirnwand und das Vordach. Besucher werden nun von einem großen Dachüberstand empfangen, der einen urbanen Vorplatz schafft, der das Gebäude in seiner Umgebung definiert.

Transparenz & Messingglanz

Die geschwungene Wand ist eigentlich eine facettierte Flachglasfassade, die mit Hilfe von Metalllamellen die Illusion einer Kurve erzeugt. Im Glas sorgt eine Schicht aus zart gewobenem Messinggeflecht dafür, dass die Front des Louis Armstrong Center tagsüber die Nachbarschaft reflektiert und nachts als „Leuchtfeuer“ für die Abendveranstaltungen dient.

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Messing findet sich allerdings nicht nur als in die Glasfassade eingebetteter „Effekt-Verstärker“. Denn Caples Jefferson Architects behielten Gegenstände und Farben, die in Louis Armstrongs Leben eine Rolle spielten, beim Designprozess allzeit im Auge: Das Messing seiner Instrumente schimmert nun auch an der Unterseite des wellenförmigen Vordachs und in den Inschriften auf den beiden Innensäulen.

Live-Zauberort Louis Armstrong Center

Das Louis Armstrong Center erinnert sowohl an den rauen Jazz als auch an die Liebe zur Lyrik, die fürs Schaffen des Künstlers so wichtig waren. Licht, Zirkulation und Reflexionen bestimmten die Innenarchitektur des Neubaus. Tageslicht flutet die Ausstellungs- und Forschungsräume. Und im Jazz Room kann man die unvergängliche Zauberkraft von Armstrongs Lebenswerk „in echt“ erleben. Denn hier laden Live-Musiker zu Proben und Auftritten, um Armstrongs Musik lebendig zu halten.

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Im Inneren des Bauwerks wandern Besucher durch Begrüßungs- und Ausstellungsräume, ehe sie den Jazz-Saal erreichen. Das begrünte, mit blühenden Gewächsen bepflanzte Dach dieses Bereichs lässt sich zwar in erster Linie vom Arbeitsraum des Restaurators aus bewundern. Doch der für Musik reservierte, hohe Raum darunter ist für alle da. Und unter seinem geneigten Dach wartet ein beeindruckendes Erlebnis: In tiefem Rot und Mahagoni gehalten, erinnert der Saal an die Nachtclubs, in denen Armstrong einst einen Gutteil seiner Sounds entwickelte.

Nostalgie mit Blick nach Morgen

Das Louis Armstrong Center verneigt sich nicht allein mit unzähligen, einzigartigen und oft auch interaktiv präsentierten Exponaten vor dem zu früh verstorbenen Virtuosen. Es sorgt vielmehr auch mit Live-Events und öffentlichen Proben dafür, dass dessen Kunst über seinen Tod hinaus Menschen beglücken und inspirieren kann. Der gekonnt und edel designte Jazz-Saal spielt dabei eine wichtige Rolle. Weil man dort das Flair der großen Zeit des Musikers, seine Musik, aber auch jene seiner Nachfolger bei zeitgemäßer Ausstattung in vollen Zügen genießen kann.

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Mag sein, dass dieser jüngst fertiggestellte Kulturbau sich in Größe und Opulenz nicht mit anderen, Musik gewidmeten Projekten messen kann. Mit rund 465 Quadratmetern Grundstücks- und 1.300 Quadratmetern Gebäudefläche ist das Louis Armstrong Center vergleichweise winzig. Vor allem im Vergleich zu für Klassik vorgesehenen Neubauten wie dem Haus der Musik in Budapest oder dem Konzertsaal der Janáček Philharmonie Ostrava.

Klein, aber wichtig

Mit Kosten von etwas mehr als 16 Millionen US-Dollar wirkt die Hommage auf „Mr. Wonderful World“ neben den genannten „Hochkultur“-Projekten obendrein geradezu billig. Doch was Intention, Mission und Architektur betrifft, ist dieser Neubau im New Yorker Stadtteil Queens sogar höchst bedeutsam.

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Das LEED „Silver“ zertifizierte Louis Armstrong Center setzt einem Künstler ein Denkmal, dessen Musik weit über seinen Tod hinaus Millionen von Menschen beglückt. In achtsam dem Umfeld angepasster Bescheidenheit und zugleich künstlerischer Ausführung. Zu Ehren eines Genies. Aber auch zum Nutzen seiner Nachfolger, seiner Fans, der Anwohner und Gäste. Und man braucht kein Jazz-Fan zu sein, um sich an all dem zu erfreuen, was der famos gelungene Kulturhotspot gegenüber Louis „Satchmo“ Armstrongs erstem eigenen, geliebten Zuhause zu bieten hat.

Text: Elisabeth Schneyder Bilder: Nic Lehoux, Albert Vecerka/Esto

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