Günstiger Wohntraum in Holz
Auch wenn die Bezeichnung sofort Assoziationen weckt: Bei „Robin Wood“ geht es nicht um den Kampf gegen böse Landherren. Sehr wohl jedoch um jenen gegen den Klimawandel. Und der findet nicht im Sherwood Forest, sondern auf der Insel Centrumeiland im Amsterdamer Stadtteil IJburg statt. Obwohl: Ein Wald ist hier auch Thema. Denn der Wohntraum in Holz, den Marc Koehler Architects (MKA) und ANA Architects designt haben, bekommt einen eigenen „Tiny Forest“. Und Unterstützung für weniger Begüterte ist – wie in der Robin Hood Legende – auf jeden Fall ein Ziel. Weil der neue Stadtblock nicht nur der nachhaltigste, sondern zugleich der erschwinglichste seiner Art der Niederlande werden soll.
Vielseitiges Programm
Für 165 Wohnungen verschiedener Varianten sind insgesamt 16.300 Quadratmeter der „Robin Wood“ Fläche vorgesehen. Flexibel aufteilbar und von erschwinglichen Einheiten bis zu Privatwohnungen für größere Familien und Wohn-Büro-Modellen. Weitere 6.700 Quadratmeter werden laut Plan Geschäfte, Büros, Lokale, Ateliers und Parkmöglichkeiten beherbergen. Auch Dachterrassen, Gärten und der kleine Wald der Anlage finden auf dem Gelände Platz.
Was Nachhaltigkeit betrifft, haben sich die Architekten die Latte hoch gelegt. 7.420 Kubikmeter Holz sind für den Bau veranschlagt. „Robin Wood“ soll CO2-neutral und energieerzeugend werden.Dass eine Online-Suche nach dem Projektnamen auch zu einer großen Umweltorganisation und einem Produzenten hochwertiger Pellet-Öfen führt, scheint recht passend. Umso mehr, als beide für soziales Engagement bekannt sind.
Mit Robin Wood gehen wir den nächsten Schritt im nachhaltigen, modularen und erschwinglichen Wohnungsbau. Das Projekt zeigt, dass sich diese Ambition problemlos mit einer Vielzahl von flexiblen, hochwertigen Wohnungen, einem Tiny Forest und Gemeinschaftsräumen kombinieren lässt.
Was in der Projektbeschreibung, die sich unter anderem auf Centrum Hout Expertise beruft, zu lesen steht, klingt äußerst vielversprechend: Mit einer Gebäudeumweltleistung (Dutch MPG) von 0,34 pro Quadratmeter verursacht der Stadtblock geringe Umweltbelastung und ist energieerzeugend. Aktueller Standard ist hier ein Maximum von 0,8 und 0,4 MPG im Jahr 2030. Der Komplex produziert mehr Energie als für die Gebäudeinstallationen benötigt wird. Entscheiden sich alle Bewohner beim Einzug für einen Ökostrom-Anbieter, kann „Robin Wood“ als „Zero Carbon“ bezeichnet werden. Also als Gebäude, das während seiner Lebensdauer keine CO2-Emissionen verursacht.
Geplanter Termin der Fertigstellung des günstigenWohntraums ist das Jahr 2024. Und das Projekt ist als Modell für eine umweltfreundlichere Zukunft gedacht:Entwickler Edwin Oostmeijer Project Development und MaMa Pioneers wollen mit „Robin Wood“demonstrieren, dass modulare Holzelemente in industriellem Maßstab effizient zur Lösung der Klimakrise und jener auf dem Wohnungsmarkt beitragen.
„Revolutionäres“ Projekt
Was modulare, vorgefertigte Massivholzkonstruktion und die Schaffung von Wohngemeinschaften mit sozialem Zusammenhalt betrifft, bezeichnet die Beschreibung das Projekt gar als „revolutionär“. Eine Wortwahl, die wiederum Assoziationen mit dem Namenspaten aus den britischen Balladen weckt.
Die Gestaltung mit modularen Holzelementen ermöglicht es uns, von der Effizienz des Designs und den Größenvorteilen zu profitieren, während das Konzept kontinuierlich verbessert wird. Für mich ist Robin Wood ein Paradebeispiel für die neue Gemeinschaft.
„Robin Wood“ hat alles, was es braucht, um zum markanten Leuchtturmprojekt zu werden. Zu einem, das eine spielerische, offene Verbindung zwischen einer belebten Stadtstraße und einem gemütlichen Wohnviertel bildet. Das Design schafft freien Lebensraum mit Grünflächen, die Lust auf Sport machen. Die Idee für dieses „Urban Village“ ist von der utopischen Stadt New Babylon inspiriert: Eine große, offene Netzwerkstruktur mit unzähligen Begegnungs- und Bewegungsmöglichkeiten.
Marc Koehler und ANA Architects‘ Entwurf umfasst drei Ebenen, die zusammen ein „Urban Village“ ergeben. Die untere Ebene ist ein sieben Meter hoher, transparenter Sockel mit einer Arkade. Das Erdgeschoss beherbergt Lokale, Geschäfte, ein Café mit Ateliers, eine Wohnlobby, kleine Büros, soziale Einrichtungen und Wohn-/Arbeitseinheiten. Und in der Tiefgarage werden Fahrräder und Autos zur gemeinsamen Nutzung untergebracht.
„Robin Wood“ verbindet und bewegt
Auf der mittleren Ebene befinden sich Wohnungen, die den „Tiny Forest“ umschließen. Treppen, Straßen und gemeinsame Gehwege an der Außenseite des Gebäudes bilden ein vertikales Dorf. Damit liefern die Architekten ein Beispiel für gezielt „aktives Design“. Es gibt Spazierwege um den Innenhof, Querverbindungen zwischen den Gebäuden, ein Netz gemeinsamer Außenräume und viele sichtbare Treppen. All dies soll nicht nur zu mehr Bewegung einladen, sondern auch die Bewohner zur Interaktion anregen.
Teile des Gebäudes ragen in der obersten Etage nach außen und eröffnen einen Panoramablick. Großzügige Sonnenterrassen und Gemeinschaftseinrichtungen wie Dachgärten, ein Spielfeld und ein gemeinsamer Bereich mit Küche und Dachterrasse sind ebenfalls vorgesehen. Was im „Robin Wood“ Stadtblock geboten wird, entscheiden Bewohner und Wirtschaftsexperten mit. Denn sie werden in die Wahl der Ateliers, Ausstellungen, Workshops und Geschäfte involviert.
Im Zeichen CO2-neutralen Wohnens
„Robin Wood“ verspricht, ein hochwertiger, günstiger Wohntraum in Holz zu sein. Das natürliche Material speichert CO2 und bietet ein gesundes Wohnklima. Atmungsaktiv und feuchtigkeitsregulierend, verbessert es die Lebensqualität seiner Nutzer obendrein auch durch hervorragende akustische Eigenschaften. Und das innovative Gebäude fördert intensiven biobasierten Holzbau sowie CO2-neutralen Wohnungsbau.
Die gesamten Emissionen des Stadtblocks sind mindestens CO2-neutral. Nicht nur während der Bauphase des Projekts. Sondern auch, was das im Holz gespeicherte CO2 und jenes der Energieerzeugung betrifft. Dank seiner Nachhaltigkeitswerte kompensiert der Wohntraum aus Holz die Emissionen von 39.149 254 Kilometer Abgasen eines Mittelklassewagens. Oder, beispielsweise, den Stromverbrauch von 5.132 Haushalten im Laufe eines Jahres.
Wohntraum in Holz
Die Anlage wurde so weit wie irgend möglich aus Holz konzipiert. Dabei haben sich die Architekten für eine Kombination aus Holzrahmenbau und Brettsperrholz (CLT) entschieden. Abgesehen davon besteht die Konstruktion hauptsächlich aus Materialien, die dem Ideal der Kreislaufwirtschaft entsprechen. Dazu zählen etwa Fenster- und Türrahmen aus recyceltem Aluminium.
Für schnelle Montage vor Ort garantiert das vorgefertigte Bausystem aus Holzmodulen in Kombination mit Beton. Dadurch werden Bauzeit, logistischer Aufwand und Abfallmengen erheblich reduziert. An Erfahrung in Sachen Holzbauarchitektur fehlt es weder Marc Koehler und ANA Architects, noch dem Entwickler: Immerhin haben Edwin Oostmeijer, MKA und MaMa Pioneers auch schon das „Poppies“ (MaMa One) in Buiksloterham in Amsterdam mit demselben Bausystem entwickelt. Die Arbeiten an diesem Projekt starten in diesem Herbst. Und „Robin Wood“ ist quasi als Fortsetzung des Engagements für nachhaltige, zukunftsorientierte Bauweise gedacht.
Robin Wood wird ein hippes, einladendes Stadtviertel aus Holz. Es steht für nachhaltiges, innovatives und bezahlbares Wohnen und Arbeiten in einem kleinen Dorf. Und es bietet Raum für Andersdenkende und gleichgesinnte Bewohner, Künstler und Unternehmer.
Ein Mini-Wald fürs Mikroklima
Der zentrale, kleine Wald ist ein essenzielles Element des Entwurfs. „Robin Wood“ folgt hier dem „Tiny Forest“ Konzept, das von Akira Miyawaki und Afforestt-Gründer Shubhendu Sharma entwickelt wurde: Auf einem kleinen Grundstück wird ein sehr kompakter einheimischer Wald mit großer Artenvielfalt gepflanzt. Die Bäume ziehen verschiedenste Vogel- und Insektenarten an, sorgen so für mehr Biodiversität und lebendige Natur – direkt vor den Fenstern und Türen der Bewohner.
Zudem wirkt der kleine Wald wie eine natürliche Klimaanlage. Er spendet Schatten, erhöht die Wasserspeicherkapazität und schafft ein mildes Mikroklima: Wärmer im Winter, kühler im Sommer. An heißen Sommertagen ist die Temperatur im Umfeld eines „Tiny Forest“ um bis zu sechs Grad niedriger als auf einem gepflasterten öffentlichen Platz.
Luftreiniger „in Grün“
Einen weiteren, essenziellen Vorteil liefert das dichte Wäldchen freilich auch: Es filtert Feinstaub aus der Luft. Vorzüge, die etwa auch spannende Projekte wie Henning Larsens urbanes Holzdorf„Fælledby“ in Kopenhagen oder Powerhouse Companys „HOLT“ mit seinem „Wohn-Wald“ in Groningen nützen.
„Robin Wood“ basiert auf den Prinzipien des „Offenen Bauens“. Die L-förmigen Wohnungstypen können auf vielfältige Weise unterteilt werden. Dadurch lassen sich passende Grundrisse für unterschiedliche Lebensstile gestalten und im Lauf der Jahre an veränderte Lebenssituation anpassen: Bekommt etwa eine Familie Nachwuchs, kann ein großer Wohnraum für ein extra Kinderzimmer verkleinert werden. Und wird ein Homeoffice mit eigener Tür gebraucht, ist auch dies kein Problem. Außerdem bietet die Anlage Duplex-Wohnungen im Erdgeschoss, die Wohn- und Büroräume kombinieren.
Gemeinsam besser leben
Das schöne Projekt wird Teil eines größeren Netzwerks ähnlicher Gebäude in Amsterdam und darüber hinaus sein. Durch das Shared-Living-Konzept von MaMa Pioneers werden die Bewohner und Geschäftsleute zu einer Gemeinschaft verbunden. Die Raumgestaltung wird bereits vor Baubeginn gemeinsam mit den spezialisierten Unternehmen Co-Makers und Ziegler Gautier geplant, um von Beginn an die Weichen für erfolgreiche Gemeinschaftsbildung zu stellen.
Die Bewohner können sowohl online als auch physisch interagieren und so ein soziales Netzwerk bilden, das mehrere Gebäude umfasst. Sie teilen sich Räume zum Trainieren, Kochen und Arbeiten, können Treffen und Ausstellungen organisieren. Und sie haben die Möglichkeit, Talentschmieden zu gründen und gemeinsam Lebensmittel anzubauen. Als schönes Extra sind Arbeits- und Wohnräume für Künstler und Talente der Amsterdamer Kunstschulen vorgesehen.
Pionierprojekt „Robin Wood“
All dies ganz im Sinne des Ziels. Denn „Robin Wood“ ist, wie gesagt, als günstiger Wohntraum in Holz gedacht: Das beschriebene Konzept des gemeinsamen Wohnens wird in Amsterdam erstmals auch im mittleren Mietsegment angeboten.
MaMa Pioneers Netzwerk nachhaltiger Holzhäuser, deren Bewohner offline und online zusammenspielen, soll sozialen Zusammenhalt in gesünderem, integrativerem urbanem Umfeld fördern. Dass das Unternehmen von Finanzierung, Entwicklung, Design und Bau bis zur Verwaltung mit denselben Partnern kooperiert, macht es möglich, Mehrwert zu erschwinglichem Preis zu bieten.
Lebensqualität auf Amsterdams Insel
Über die Vorzüge der Anlage in Sachen Nachhaltigkeit und Wohnqualität hinaus, punktet das Projekt auch mit seiner Lage auf Centrumeiland. Die Insel in Amsterdam wird bald 1.500 Wohnungen beherbergen, von denen 70 Prozent in Selbstbauweise entstehen. Hier können Interessenten auf individuellen oder kollektiven Parzellen ihr eigenes Traumhaus bauen lassen. Und es gibt Grundstücke, die für kommerzielle Projekte von Bauträgern vorgesehen sind.
„Robin Wood“ ist der größte Block dieser Art. Er wird das erste Gebäude an der Pampuslaan und der Muiderlaan sein. In einer Lage am Boulevard und am Yachthafen, die die Skyline der Insel und ganz IJburgs mitgestaltet.
Das „Santa Monica“ von Amsterdam
Mit seinen Geschäften, Arbeitsräumen und Terrassen, einer öffentlichen Bibliothek, einem Surfshop und einem Bioladen wird der Komplex buntes Leben in seine Holzarkade locken. Nah an der Schnellbahnstation, soll das Projekt zum „Santa Monica“ von Amsterdam werden. Zum Ort, an dem Kreative, Freizeitsportler, Bewohner und Besucher aller Präferenzen gern zusammenkommen, um Zeit im Freien und die Vorzüge der Großstadt zu genießen.
Text: Elisabeth Schneyder Bilder: Marc Koehler Architects, Beauty and the Bit
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