An der Hafenspitze
Der lange Arm des grünen Hafenkrans ragt steil in den blitzblauen Himmel. Der Blick nach oben wird von einer Frage begleitet: „Why do you look so happy?“, hat jemand in Schwarz auf den Kranarm gesprayt. Für die Menschen, die darunter am Hafenbecken sitzen und mit Blick auf die untergehende Sonne ihr Feierabendbier genießen, ist die Frage wohl schnell beantwortet. Der alte Verladekran, Baujahr 1964, ist zum Symbolträger für den Strukturwandel geworden, der sich hier in den letzten 15 Jahren vollzogen hat. Die Zeiten, als damit noch Frachtgut aus den Schiffen gelöscht wurde, sind längst vorbei. Heute zählt er zusammen mit anderen Relikten aus vergangenen Tagen zum historischen Inventar des neuen Stadtviertels Zollhafen Mainz.
Am Rheinkilometer 500, wo 1887 der Mainzer Zoll- und Binnenhafen eröffnet wurde, hat sich das Rad der Zeit weitergedreht. Die riesigen Containerbrücken, die als industrielle Wahrzeichen einen der umschlagstärksten Binnenhäfen Deutschlands markieren, sind nun weiter rheinabwärts im Einsatz, in der Ingelheimer Aue. In das Maschinen- und Kesselhaus, die einstige Energiezentrale des Zollhafens, ist die Kunsthalle Mainz eingezogen, und die Berge von Containern in zentraler Stadtlage sind einem Bebauungsplan gewichen, der den Mainzern 1.400 dringend benötigte Wohnungen und an die 4.000 Arbeitsplätze bringt.
Auf dem Weg zur resilienten Stadt
Städtische Nachverdichtung lautet das bekannte Schlagwort, das hinter dieser Entwicklung steht. Als Instrument einer nachhaltigen Stadtplanung soll sie der Zersiedelung entgegenwirken und die Stadt lebenswerter, effizienter und mithilfe der Klimawandelanpassung auch resilienter machen. Konkret heißt das: Der Zollhafen wird auf einer Fläche von 30 Hektar zur fahrradfreundlichen Stadt der kurzen Wege erklärt und die öffentliche Anbindung ausgebaut. Dächer in der Größenordnung von 4,5 Hektar werden im Zuge der Entwicklung begrünt und 1,2 Hektar an ehemals zubetonierten Flächen entsiegelt.
Wir müssen beginnen, die Dekarbonisierung im Bausektor aktiv voranzutreiben.
Was ein Immobilienentwickler zur klimafreundlichen Stadt beitragen kann, zeigt sich auf den Baufeldern MI 3 und MI 4, an der sogenannten Hafenspitze. Hier entsteht mit dem Timber Peak das erste Holz-Hybrid-Hochhaus von Mainz. Die von UBM Development entwickelte Immobilie wird damit zu einem weithin sichtbaren Leuchtturm, und das in mehrfacher Hinsicht. Zum einen, weil das Gebäude mit einer Höhe von 45 Metern die mit Abstand längste Spiegelung über die Wasseroberfläche wirft. Zum anderen, weil der innovative Büroturm über den gesamten Lebenszyklus hinweg auf die Vermeidung von Emissionen setzt und damit Vorbildwirkung hat.
Dekarbonisierung durch Holzbau
Durch den Einsatz des Baustoffes Holz bildet das einzige Hochhaus im Zollhafen eine sogenannte Kohlenstoffsenke. In seinem hybriden Tragwerk sind 1.050 Kubikmeter Holz verbaut. Dies entspricht einer Menge von rund 1.000 Tonnen CO₂, die in Form von Kohlenstoff im Holz gebunden sind. Und, so die Rechnung von Klimaexperten, je länger die Lebensdauer von Holzprodukten, umso größer die Kohlenstoffsenke, die dabei entsteht.
Während im Fall von Holzpellets das CO₂ beim Verbrennen relativ schnell wieder freigesetzt wird, bleibt es in Holzgebäuden wie dem Timber Peak über viele Jahrzehnte gebunden, bevor das Holz in einer Kaskadennutzung wiederverwertet wird. In erster Priorität für den Bau von neuen Gebäuden, später dann für die Möbel- und Werkstoffproduktion. „Wir müssen beginnen, die Dekarbonisierung im Bausektor aktiv voranzutreiben“, fordert Thomas G. Winkler, CEO der UBM Development AG. „Mit dem Timber Peak zeigen wir, dass es schon heute möglich ist, einen Großteil der Emissionen, die beim Bau und beim Betrieb von Gebäuden entstehen, einzusparen.“
Mit dem Timber Peak zeigen wir, dass es schon heute möglich ist, einen Großteil der Emissionen, die beim Bau und beim Betrieb von Gebäuden entstehen, einzusparen.
Was vor wenigen Jahren mit einem Pilotprojekt in der Baranygasse in Wiens 22. Bezirk begann, ist heute gelebte Konzernstrategie. Mit einem Volumen von über 300.000 Quadratmetern, die in naher Zukunft in hybrider Holzbauweise umgesetzt werden, setzt sich der Developer in Europa an die Spitze dieses stark wachsenden Marktsegments. Dabei wird neben der ökologischen Bauweise stets auch ein klimaneutraler Gebäudebetrieb angepeilt, wie das Niedrigenergiekonzept des Timber Peak zeigt.
Kühlen, ohne das Klima aufzuheizen
Mehr als 120 Bohrpfähle, die für die Statik des Mainzer Holz-Hochhauses notwendig sind, wurden thermisch aktiviert und liefern über eine Wärmepumpe Heiz- und Kühlenergie für die zwölf Bürogeschosse darüber. Die Erdwärme wurde bereits von den alten Römern genutzt und hat mit heutiger Ingenieurtechnik das Potenzial, ganze Großstädte mit erneuerbarer Heizenergie zu versorgen und einen Schlussstrich unter die Ära von Öl und Gas zu setzen.
Da die globale Klimaerhitzung die Temperaturen vor allem in den Städten ansteigen lässt, kommt dem ressourcenschonenden Kühlen von Gebäuden künftig eine besondere Bedeutung zu. So setzt der Immobilienentwickler auf Strategien des Free Cooling, wie etwa die passive Nachtauskühlung und die adiabate Kühlung durch Wasserverdunstung. Im Gegensatz zu herkömmlichen Klimaanlagen tragen diese Low-Tech-Strategien nicht zu einer Aufheizung des Planeten bei. Eine Photovoltaikanlage am Dach liefert eigenen Sonnenstrom und die intelligente Gebäudetechnik jenes Quantum High-Tech, das nötig ist, um den Energiebedarf in Echtzeit zu steuern und damit noch mehr CO₂ einzusparen.
Prämierte Architektur am Wasser
Der Holz-Hybride mit einer Bruttogeschossfläche von 9.500 Quadratmetern bringt das ganzheitlich nachhaltige Bauen nun auch in die Rheinmetropole. Ein Blick auf den prämierten Entwurf von Sacker Architekten macht klar, dass das Hochhaus mit seinem filigranen Erscheinungsbild zudem dafür sorgt, dass die neue Spitze des Zollhafens auch ein Eyecatcher ist. Die messingfarbene Metallfassade mit den pagodenartig vorragenden Gesimsen tritt in einen spannungsvollen Dialog zu den umliegenden Gebäuden und schafft eine ästhetische Dominante am Kopf des Hafenbeckens.
Dem Wasser kommt am Zollhafen Mainz – gestern wie heute – eine besondere Bedeutung zu. War es früher die Grundlage eines florierenden Wirtschaftszweiges, so ist es heute der größte Trumpf, den der neue Stadtteil zu bieten hat. Das acht Hektar große Hafenbecken mit seinen historischen Kaimauern aus Basaltlava bildet den szenischen Mittelpunkt des neuen Quartiers. Anstelle von Frachtschiffen verkehren hier heute Stehpaddler und Segelboote, die in der neuen Marina anlegen und die ohnehin an Attraktionen reiche Landeshauptstadt auch noch mit mediterranem Flair ausstatten.
Die Transformation des ehemaligen Zoll- und Binnenhafens geht mit einem großen Mehrwert für alle Mainzerinnen und Mainzer einher. Seit dem Jahr 2008 – 121 Jahre nach seiner Eröffnung – wird ihnen Schritt für Schritt ein Stück Rheinufer zurückgegeben. Und aus einem unzugänglichen Industriegelände ist ein lebenswertes Stück Stadt entstanden, dessen höchster Punkt in eine nachhaltige Zukunft weist.
Text: Gertraud Gerst Fotos: Philipp Horak Renderings: Sacker Architekten, HH Vision
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