Nachhaltiges Controlling: „Man kann die Welt ein Stück besser machen“
Von Tamara Gaider
Wenn es um Nachhaltigkeit geht, denken die meisten von uns in erster Linie an Mülltrennung, recycelte Kleidung, Öko-Strom oder die Vermeidung von Kunststoff. Aber auch im Finanzsektor ist Nachhaltigkeit ein großes Thema. CSRD-Verordnung, ESRS-Standards oder EU-Taxonomie: Die Nachhaltigkeitsanforderungen an Unternehmen werden immer größer und damit auch vielfältiger. Den Überblick zu behalten, welche Verordnungen das eigene Unternehmen betreffen, fällt nicht immer leicht.
Damit ist auch Philipp Walter, Leiter des Finanz- und Beteiligungsmanagements bei der Wien Holding GmbH, vertraut. Wir haben nachgefragt, wie der Finanzprofi in Sachen Nachhaltigkeit den Überblick behält und was er all jenen rät, die sich mit dem Thema genauer befassen möchten.
Warum ist Nachhaltigkeit nicht nur im privaten Leben, sondern auch unternehmensseitig wichtig?
Nachhaltigkeit ist vor allem deshalb wichtig, weil sich alle Ressourcen verknappen. Das beginnt in der Landwirtschaft, wo die Böden durch die Spritzmittel nicht mehr so nährstoffreich sind wie früher. Aber es betrifft auch Ressourcen, die für uns näher sind – beispielsweise die Mitarbeiter:innen. Wir sehen seit Jahren, dass qualifizierte Mitarbeiter:innen immer schwerer zu finden sind. Man muss darauf achten, dass man ihnen ein gutes Umfeld bietet, in dem sie sich sicher fühlen, ihren beruflichen und familiären Alltag unter einen Hut bekommen, wo es um Chancengleichheit geht und auch darum, vor Diskriminierung zu schützen. Ich glaube, das war schon immer wichtig. In letzter Zeit ist es vielen aber noch einmal bewusster geworden, dass es langfristig erhebliche Vorteile für jedes Unternehmen bringt.
Mit dem Thema der Nachhaltigkeit hat man die Möglichkeit, die Welt im eigenen Unternehmen ein bisschen besser zu machen.
Vor kurzem haben Sie den Lehrgang Certified ESG & Sustainability Professional am Controller Institut absolviert. Warum haben Sie sich für diese Weiterbildung entschieden?
Als Wien Holding sind wir ab dem Jahr 2025 berichtspflichtig und wollten deshalb unsere Kompetenzen in diesem Bereich ausbauen. Letzten Endes geht es darum, dass wir einen Weg skizzieren können, wie wir das Thema Nachhaltigkeit mit all seinen Aspekten und Facetten in unserem Konzern bestmöglich implementieren können. Das beinhaltet Reporting-Prozesse, die ESG-Steuerung sowie die Erstellung einer Roadmap, um das Thema auch möglichst rasch im Konzern integrieren zu können. Meine Erwartungen sind dabei voll und ganz erfüllt worden: Die Vielzahl an Verordnungen, die sich in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit laufend verändern, waren für mich ein neues Themenfeld. Es hat mich überrascht, dass man in so kurzer Zeit einen so hochwertigen Lehrgang zur Verfügung stellen kann.
Was waren Ihre größten Learnings aus dem Lehrgang?
Das ist vor allem der Überblick, den ich über eine sehr komplexe Materie gewonnen habe. Die vielen unterschiedlichen Verordnungen, die es gibt – die CSRD-Verordnung, die ESRS-Standards, das Thema der EU-Taxonomie und vor allem die Unterschiede in den verschiedenen Rechtsbereichen – ich habe gelernt, wie es möglich ist, das Thema der Nachhaltigkeit bei uns im Unternehmen in allen Bereichen integrieren zu können. Man hat mit dem Thema der Nachhaltigkeit die Möglichkeit, die Welt im eigenen Unternehmen ein bisschen besser zu machen. Das ist etwas, das einem durch den Lehrgang erst so richtig bewusst wird. Für jede:r Mitarbeiter:in ist es ein kleiner Erfolg, wenn sie oder er durch eine der Maßnahmen Ressourcen sparen kann. Und wenn es den Mitarbeiter:innen gut geht, dann hat das für alle positive Konsequenzen.
Wie hat sich Ihre berufliche Situation durch diese neuen Erkenntnisse verändert?
Unser Alltag im Bereich Controlling hat sich maßgeblich verändert, nämlich dahingehend, dass wir bei Entscheidungen, bei denen es um die Weiterentwicklung des Konzerns geht, jedes Mal auch die Frage nach der Nachhaltigkeit stellen. Wir überlegen Investitionsentscheidungen auch dahingehend, wie sich diese auf die zukünftigen Anforderungen auswirken könnten.
Nehmen wir als praktischstes Beispiel die Realisierung einer Photovoltaikanlage: Hier kann man sich einerseits überlegen, ob und wie sich die Rendite aus diesem Projekt auf das Konzernergebnis bzw. auf das Ergebnis des einzelnen Unternehmens niederschlägt. Die Frage, die man sich stellen muss, ist: Mache ich mit dieser Maßnahme eine zusätzliche Rendite, eine maßgebliche? Oder verzichte ich vielleicht letzten Endes auf einen Teil unserer Rendite? Und das Abwägen, auf wie viel Rendite man zugunsten definierter Nachhaltigkeitsziele verzichten darf, ist eine wesentliche Frage, auf die es nicht immer eine einfache Antwort gibt. Gerade das Beispiel Photovoltaik-Anlage ist auch von vielen externen Faktoren abhängig wie beispielsweise der Energiepreisentwicklung. Aber selbst, wenn sich der Business Case aus heutiger Sicht rentiert, bleibt immer noch die Frage, ob es nicht doch ein gewisses Risiko gibt, das sich auf das Kerngeschäft in der Zukunft niederschlägt.
Inwiefern ist stetige Weiterbildung Ihrer Meinung nach für eine Karriere im Finanzbereich entscheidend?
Wir leben in einem Umfeld, das sich immer schneller entwickelt. Die Rahmenbedingungen verändern sich laufend und daher ist es sehr wichtig, sich laufend anzupassen. Man muss wissen, worauf es ankommt und welche Themen für die Entscheidungen der Zukunft notwendig sind. Außerdem ist es im Finanzbereich ganz wesentlich, zu wissen, welche Anforderungen hier aus den Verordnungen auf die Unternehmen zukommen. Ganz hart heruntergebrochen betrifft es ja auch die Finanzierung. Und letzten Endes geht es auch darum, wie die Geschäftsmodelle der Zukunft aufgebaut sein müssen, um sich am Markt auch langfristig durchsetzen zu können.
Fulltime-Job und Weiterbildung: Wie bekommt man das unter einen Hut?
Man braucht den richtigen Arbeitgeber. Die Wien Holding bietet auf jeden Fall das richtige Umfeld dafür, Familie, Beruf und natürlich auch die Weiterbildung unter einen Hut zu bekommen. Das ein oder andere Zugeständnis braucht es natürlich auch von der Familie. Aber am Ende muss man sagen, dass diese 8,5 Tage ein sehr überschaubares Ausmaß an Zeit sind, das man investiert.
Der Lehrgang Certified ESG & Sustainability Professional am Controller Institut dauert nur 8,5 Tage und ist eine Mischung aus Präsenz- und Online-Unterricht.
Zielgruppe sind vor allem Führungskräfte und Mitarbeiter:innen, die für die Professionalisierung des Nachhaltigkeitsreportings und für die Integration des Non Financial Performance-Measurement in den CFO-Bereich verantwortlich sind sowie Controller:innen, die vermehrt Nachhaltigkeitsthemen in Ihren Aufgaben wiederfinden.
Geht es bei einer Weiterbildung auch um Networking?
Absolut. Was große Vorhaben angeht, ist es auch wichtig, sich mit anderen Unternehmen auszutauschen. Am Ende des Tages kochen natürlich alle mit Wasser, aber die Positionen, die kleine oder große Unternehmen unterschiedlicher Branchen hier einnehmen können, sind für mich persönlich sehr lehrreich gewesen. Es war schlussendlich eine große Bereicherung, weil man dadurch einfach eine neue und weitere Sicht auf gewisse Aspekte bekommt, die man letzten Endes im eigenen Unternehmen dann auch berücksichtigen kann.
Wann ist der beste Zeitpunkt, eine Weiterbildung anzugehen?
Gestern! (lacht) Nein, also je früher, desto besser. Wenn die Themen anstehen, es Marktveränderungen oder Wissenslücken gibt, die man sich eingestehen muss - dann ist gestern der beste Zeitpunkt. Dann hat man auch mehr Zeit, um zu reagieren sowie die richtigen Entscheidungen treffen zu können.
Unser Alltag im Controlling hat sich maßgeblich verändert, nämlich dahingehend, dass wir bei Entscheidungen jedes Mal auch die Frage nach der Nachhaltigkeit stellen.
Ist eine Weiterbildung auch immer eine Möglichkeit für einen Karrieresprung?
Absolut, da kann ich auch ein Beispiel aus unserem Unternehmen nennen. Eine Reihe unserer Mitarbeiter:innen haben schon Ausbildungen am Controller Institut genießen dürfen. Wir haben bei uns im Finanz- und Beteiligungsmanagement einen eigenen Bereich geschaffen, der sich ESG Controlling nennt, und einer unserer Kollegen hat die Leitung übernommen. Ich bin überzeugt, dass es hier auch einen Bedarf an weiteren Mitarbeiter:innen geben wird, um das Thema ESG Controlling ganzheitlich bewältigen zu können - also nicht nur die Implementierung, sondern auch die laufende Steuerung der Unternehmensziele. Ich glaube, das wird eine ganz große Aufgabe und sicherlich für viele auch eine große Chance, sich hier karrieretechnisch weiterzuentwickeln.
Ist es manchmal schwierig, Mitarbeiter:innen für eine Weiterbildung zu motivieren?
Nein, das ist vor allem bei diesem Thema sogar leicht, weil man hier sozusagen den Sinn der Ausbildung sehr schnell verständlich machen kann. Letzten Endes muss ich sagen, dass die Überzeugungsarbeit bei mir im Team sehr einfach war, weil jede:r gesehen hat: Wenn man hier mitarbeitet, dann kann man die Welt ein bisschen besser machen. Dann kann man die Zukunft der eigenen Kinder positiv beeinflussen, auch wenn es nur ein ganz kleines Stück ist.
Was würden Sie jenen raten, die eine Weiterbildung gerade in Erwägung ziehen?
Einfach anfangen, einfach machen! Der Lehrgang ist ja perfekt dafür ausgerichtet, dass man das Handwerkszeug bekommt, um es dann gleich in der Praxis, im eigenen Unternehmen, bestmöglich umsetzen zu können.
Worauf sollte man bei der Auswahl der Weiterbildung achten?
Ich glaube, es geht vor allem um Qualität. Am besten hat das Institut einen entsprechenden Fokus und ist anerkannt. Aber Qualität ist das wichtigste. Es nützt einem nichts, wenn man um 500 Euro einen Kurs macht und danach nicht weiß, wie es funktioniert. Wenn die Ausbildung zum Ziel führt, das man sich vorgenommen hat, ist sie jeden Euro wert.