Chronik/Wien

Zwangstrinkgeld? In welchen Ländern Servicepauschalen üblich sind

Nach Medienberichten gibt es bei einem der bekanntesten Würstelstände der Stadt Wien neuerdings die Verrechnung einer "Servicepauschale". Besucher würden seit der Teuerung kein Trinkgeld mehr geben, daher verrechne man nun eine Gebühr, so die Argumentation. Das Geld käme aber ausschließlich den Mitarbeitern zugute.

Auch andere Lokale der Stadt orientieren sich derzeit an so einer Pauschale, die in Österreich unüblich ist. Bei dem Würstelstand Bitzinger gleich neben der Wiener Staatsoper werde demnach nun zur bestellten Wurst eine 4 Prozent hohe Service-Pauschale verrechnet. Das sorgt auf sozialen Netzwerken für Kritik: Man müsste einfach den Mitarbeitern mehr bezahlen, so der Tenor. "Wir haben einen harten Job am Würstelstand, egal bei welchem Wetter sind wir da", sagt der Würstelstand-Besitzer.

Das Trinkgeld sei einfach essenziell, sagt er weiter. Außerdem sei der Preis gleich geblieben, wie auf seiner Speisekarte, so der Inhaber des Würstelstands. "Ich tue etwas für meine Mitarbeiter und alle empören sich", sagt er. "Ich verzichte jetzt auf vier Prozent Umsatz", sagt er weiter.

Erst bei der Rechnung werde nämlich der Trinkgeld-Betrag aufgelistet, sagt er. Der Preis auf der Speisekarte bleibe gleich.

Kritik von Wirtschaftskammer

„Wir haben Inklusivpreise, das heißt, alle Steuern und Abgaben sind drinnen. Trinkgeld ist natürlich eine Sache, die der Kellner bekommt. Da habe ich als Unternehmer nichts davon. Wenn ich als Unternehmer aber glaube, dass ich meinen Mitarbeitern mit so etwas helfen kann: Das ist nicht ungesetzlich, sondern nur sehr schlecht gemacht“, so Erwin Scherflinger, stv. Obmann Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien in einem "Wien heute"-Interview zu dem Thema.

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In welchen Ländern wie viel Trinkgeld üblich ist

  • In Österreich ist Trinkgeld prinzipiell eine freiwillige Spende. Es wird fast gleich gehandhabt wie in Deutschland. Man gibt 10 bis 20 Prozent Trinkgeld, je nach Zufriedenheit und absolut freiwillig. Es ist eine Form der Wertschätzung.
     
  • Kein Trinkgeld gibt es etwa in Ländern wie Japan, China, Südkorea oder auch Australien. Dort wird es nicht erwartet. In Japan ist Trinkgeld sogar unerwünscht und Touristen werden verblüfft angesehen. In Australien findet allerdings langsam ein Umdenken statt, dort gelten 10 Prozent Trinkgeld mittlerweile nicht als unüblich.
     
  • Am Balkan soll es laut der Online-Plattform Mondo eine Veränderung beim Thema Trinkgeld geben: Nachdem Kroatien und Serbien eine Initiative zur Einführung von Trinkgeld gestartet haben, denkt man auch in Bosnien-Herzegowina darüber nach. Der serbische Wirtschaftsverband der Hotel- und Gastgewerbebranche schlägt vor, dass das Trinkgeld 10 Prozent des Rechnungsbetrags betragen solle.
     
  • In Spanien ist Trinkgeld herzlich willkommen, aber nicht verpflichtend. Auf der iberischen Halbinsel werden üblicherweise fünf bis zehn Prozent Trinkgeld hinterlassen, also etwas weniger als in Österreich. Kleinere Beträge wie zum Beispiel für einen Kaffee oder ein anderes Getränk werden aufgerundet.
     
  • In Italien gibt es die Position "coperto" auf der Rechnung: Eine Service-Gebühr für Gedeck und Brot, die bis zu 5 Euro pro Person beträgt. In dem Fall "müssen" Gäste kein extra Trinkgeld geben
     
  • In den USA ist das Trinkgeld oft überlebenswichtig. Hier ist ein Trinkgeld in Höhe von 20 Prozent erwünscht. Die Mitarbeiter im Service-Bereich leben oft vom Trinkgeld oder haben nur ein sehr geringes Grundgehalt. Daher sind Amerikaner auch als großzügige Trinkgeld-Geber bekannt.