Chronik/Wien

Zeugnistag für die "MaHü neu"

Wer heute durch die Mariahilfer Straße spaziert, kann sich nur schwer vorstellen, dass sich hier noch vor wenigen Jahren Autos in beide Fahrtrichtungen stauten. Vor genau einem Jahr wurde das umstrittenste Projekt der rot-grünen Stadtregierung fertiggestellt: Die Umgestaltung von Österreichs größter Einkaufsstraße in eine Fußgänger- und Begegnungszone. Zeit für eine erste Zwischenbilanz: Wie kommt die "Mahü neu" bei den Wienern an? Wer sind die Gewinner und Verlierer der Verkehrsberuhigung?

Zufriedene Passanten

Die größte Zustimmung genießt die Flaniermeile naturgemäß unter jenen, die hier als Fußgänger unterwegs sind. "Ich wohne gleich in der Nähe und bin mit der Umgestaltung sehr zufrieden", sagt etwa Sabrina Vogel, die gerade mit ihrer Mutter in einem Schanigarten sitzt. "Lieber wäre es mir aber, wenn die Mahü eine echte Fußgängerzone wäre. Denn wegen des Lieferverkehrs sind hier immer noch sehr viele Fahrzeuge unterwegs."

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"Die Fußgängerzone ist sehr angenehm. Auch die Radfahrer, die hier unterwegs sind, stören nicht", sagt Elli M., die vor allem zum Einkaufen hierher kommt. "Dank der guten Öffi-Anbindung funktioniert das auch ganz einwandfrei."

Bei den Geschäftsleuten sieht die Bilanz zwiespältiger aus. "Wir haben jetzt deutlich mehr Kunden", sagt eine Bortolotti-Eisverkäuferin. Nachsatz: "Mehr geworden sind aber leider auch die Bettler. Das ist eine Katastrophe."

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"Wir haben viele unserer Stammkunden aus dem 20. und 22. Bezirk verloren", schildert Hassan Idrizow, der vor der Mariahilfer Kirche Obst und Gemüse verkauft. "Dafür sind aber neue Kunden dazugekommen. Insgesamt machen wir jetzt rund 15 Prozent mehr Geschäft."
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Davon kann Alexandra Kihssl, Inhaberin des gleichnamigen Lederstudios, nur träumen: "Unser Geschäft geht deutlich schlechter. Viele auswärtige Kunden werden durch das neue Verkehrskonzept abgeschreckt. Viele beschweren sich auch über die fehlenden Parkplätze."

Querungen

Eine Gesamtbilanz der wirtschaftlichen Auswirkungen will die Wiener Wirtschaftskammer erst demnächst vorlegen. Zuletzt hatte man jedenfalls von "mehr Frequenz und weniger Kaufkraft" sowie "massiven Umsatzrückgängen in den Seitengassen gesprochen".

Eine Forderung der Kammer bleibt jedenfalls aufrecht: "Es muss endlich die versprochenen zusätzlichen Querungen geben", sagt ein Sprecher. Diese wünscht sich auch Bernhard Wiesinger vom ÖAMTC. "Derzeit liegt die Mariahilfer Straße wie ein Sperrriegel zwischen beiden Bezirken." Die Folgen habe man erst vor Kurzem erleben können, als es wegen einer Baustelle am Getreidemarkt zu enormen Staus gekommen sei. Laut Wiesinger könnte man mindestens vier zusätzliche Querungen einrichten, ohne dass die Fußgänger- und Begegnungszone beeinträchtigt wird. Im Büro von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou kommt dazu eine klare Absage: "Es sind keine weiteren Querungen geplant. Eine Änderung des Verkehrskonzepts würde nur Verwirrung stiften."