"Wir Türken sind sehr emotional"
Von Elias Natmessnig
Eigentlich kauf’ ich ja eher beim Billa ein, aber lass uns reingehen", sagt Adem Karaduman. Er spaziert über den Brunnenmarkt in den türkischen Supermarkt. Scherzt mit dem Fleischverkäufer und zeigt auf die türkische Butter: "Die auf einer Sesamrolle, das schmeckt nach Heimat."
Heimat gibt es bei ihm zwei Mal. Einmal Pernitz in Niederösterreich, wo Karaduman geboren und aufgewachsen ist. Und dann die Heimat in seinem Herzen. "Obwohl ich nur kurz in der Türkei gelebt habe, vermisse ich sie. Österreich ist meine Heimat, aber die Türkei ist meine Geschichte, meine Kultur."
Viele vermissen ihre Kultur so stark, dass sie auch in Wien unter sich bleiben. Wer will, kommt hier mit Türkisch durch, bestätigt Karaduman. Es gibt Supermärkte, Cafés und Vereine.
Er ist anders. "Wir haben Glück, dass mein Vater sehr offen war." In den Siebzigerjahren kam Mehmet Karaduman als Gastarbeiter. Und blieb. Er engagierte sich in Vereinen, in der Nachbarschaft, gab seinen Kindern die Offenheit mit. "Ich hab eigentlich gar nicht so viele türkische Freunde", sagt der 35-Jährige. Trotzdem kennt er seine Landsleute gut. "Wir Türken sind sehr emotional, stolz und sensibel. Die türkischen Männer haben ein großes Ego. Deshalb brauchen sie ein großes Auto", sagt Adem und lacht.
Urlaub
"Unsere Väter zum Beispiel, die haben alle VW-Busse gehabt, damit die ganze Familie hineinpasst." Im Sommer sind sie dann mit befreundeten Familien für den Urlaub in die Türkei gefahren. Im Konvoi. Denn die Fahrt durch den Balkan war damals nicht ungefährlich. Auch Adem ging später in die Türkei, in die Heimat seiner Familie, Antalya. "Das war wunderschön, aber ich hab’ in einem All-inclusive-Club gearbeitet und dort waren nur Deutsche."
Über Köln kam er zurück nach Wien, mit dem Ziel, Schauspieler zu werden. Seitdem hat er bei vielen Filmproduktionen mitgewirkt, spielte Theater und Kabarett. Aber es gibt Momente, da fühle er sich wie ein Hund an der Leine: "Immer brav sein, Zunge raus und Pfote geben." Nachdem er schon zum fünften Mal einen türkischen Taxi-Fahrer spielen sollte, reichte es ihm.
"Es fehlt den meisten der Mut, Migranten für große Rollen zu besetzen", sagt Karaduman, das fange schon bei den Drehbuchschreibern an. Dabei sollten Filme Vorbilder für die Gesellschaft sein. "Ich wette, wenn es einen coolen türkischen Kommissar im Fernsehen gäbe, dann würden sich auch mehr Migranten bei der Polizei melden."
Türken: Nachbarn seit den Siebzigern
Geschichte Ab den Siebziger-jahren wurden vermehrt türkische Gastarbeiter als billige Arbeitskräfte geholt, viele blieben.
Statistik 113.000 Türken leben laut Statistik Austria heute in Österreich, der Großteil in Wien. Mehr als 250.000 Österreicher haben einen türkischen Migrationshintergrund.
In der Nachbarschaft Knapp 43.000 türkische Staatsbürger leben heute in Wien. Der stärkste türkische Bezirk ist Brigittenau, gefolgt von Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus und Ottakring.
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