Chronik/Wien

WIG 64: Mit dem Sessellift in die Zukunft

Vor 50 Jahren, am 16. April 1964, wurde die Wiener Internationale Gartenschau - kurz WIG 64 - eröffnet. Und genau genommen nicht nur sie: Denn auch der Donaupark sowie der 252 Meter hohe Donauturm wurden damit feierlich ihrer Bestimmung übergeben. Mit rund 2,1 Mio. Besuchern war es das bisher größte Event der Nachkriegszeit, an das das Wien-Museum nun bis 31. August in einer Ausstellung erinnert.

Die Attraktionen waren auf dem an der Donau liegenden, fast eine Million Quadratmeter umfassenden Areal dicht gesät: Nicht nur der Donauturm, auch zwölf Nationengärten, acht Restaurants, ein eigens angelegter See, eine Liliputbahn, ein 41 Meter hohes Turmgewächshaus und ein Sessellift, mit dem man über die Beete schweben konnte, warteten auf die Gäste aus dem In- und Ausland. Insgesamt wurden 1,5 Mio. Blumen und zwei Mio. Stauden gepflanzt.

Aufbruchstimmung

"Die WIG war ein Resultat der Planungspolitik der Aufbruchszeit nach dem Krieg. Österreich wollte sich als selbstständige Nation präsentieren", berichtete Kuratorin Lilli Licka bei der Präsentation der Gartenschau-Schau am Mittwoch. In die Gestaltung seien damalige Trends der Grünflächen-Gestaltung eingeflossen. Und: Wien wollte sich der Welt als moderne Metropole vorstellen - mit Erholungsflächen für die stress- und verkehrsgeplagten Großstadtbewohner.

Und die kamen in Scharen zur WIG, wobei sie gerne ihre jüngsten Errungenschaften mitbrachten: Also etwa das erste Auto, den ersten Fotoapparat oder die erste Schmalspur-Filmkamera. Entsprechend gut ist das Event dokumentiert. Auch im Wien-Museum finden sich zahlreiche Exponate wie Fotoalben oder Filme, die aus privaten Haushalten stammen. Aber auch offizielle Plakate, Werbematerial und Modelle werden gezeigt.

Bretteldorf, der "Slum von Kaisermühlen"

Doch auch auf die Vorgeschichte des Geländes wird nicht vergessen. Die war keineswegs rühmlich: Die WIG 64 wurde buchstäblich auf Mist gebaut, befand sich dort doch zuvor die Mülldeponie Bruckhaufen. Ein Teil der Fläche wurde zudem einst vom "Bretteldorf", eine ärmliche Siedlung, die als "Slum von Kaisermühlen" verschrien war, eingenommen.

Und im östlichen Teil des heutigen Parks befand sich eine Militärschießstätte, auf der während des NS-Regimes Hinrichtungen stattfanden.

Dieses Grauen blieb den WIG-Besuchern jedoch verborgen: "Das war kein Thema", betonte Mit-Kuratorin Martina Nußbaumer. Man habe buchstäblich "Gras über die Sache" wachsen lassen. Eine Gedenktafel für die Ermordeten wurde erst später errichtet.

50 Jahre Donaupark

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Bleibende Spuren

Die Internationale Gartenschau hat sich nicht nur ins kollektive Gedächtnis der Stadt eingeprägt, sondern mit Park und Turm auch konkrete Spuren hinterlassen. Heute ist der Donaupark immerhin noch 600.000 Quadratmeter groß. Sogar die Liliputbahn ist noch in Betrieb. Lediglich der Sessellift wurde Anfang der 1980er-Jahre stillgelegt.

Wien hat zehn Jahre nach der ersten Ausgabe 1974 eine zweite WIG veranstaltet, nämlich im Kurpark Oberlaa. Eine von der Politik angedachte WIG 84 fand nicht mehr statt.

"WIG 64 - Die Grüne Nachkriegsmoderne" im Wien Museum am Karlsplatz zum 50. Jubiläum (ab 10. April).