Chronik/Wien

„Ein paar bessere Blumenkisterln“

Muss eine Grünoase weichen, damit mehr Freiflächen für die Bewohner des 5. Bezirks entstehen? Diese Sorge quält derzeit einige Bewohner der Schönbrunner Straße.

Direkt vor dem Haus von Helmut Jeglitsch soll eine der drei Wiental-Terrassen entstehen, die die Stadt gemeinsam mit dem Bezirk in den nächsten Jahren errichten will (der KURIER berichtete). Dabei handelt es sich um eine Überplattung der dortigen U4-Trasse mit einer Gesamtfläche von 2500 m². Kosten: Rund fünf Millionen Euro.

Das so neu geschaffene Areal soll begrünt und zu einem Erholungsraum für die Bewohner Margaretens werden, die nicht gerade mit Grünflächen gesegnet sind.

„Leider hat mit uns bisher niemand geredet“, ärgert sich Jeglitsch. Umso überraschter war er, als er vergangene Woche in den Medien den aktuellen Entwurf für das Projekt sah. Demnach reicht die erste Relax-Zone bis unmittelbar vor sein Haus.

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Dort befindet sich derzeit noch – geschützt hinter einer Plakatwand – ein 300 m² großer Garten, um den sich Jeglitsch und seine Frau seit 15 Jahren kümmern. Jetzt fürchten sie um ihren Feigenbaum und um die seltenen Pflanzen wie etwa den Türkenbund, die in dieser innerstädtischen Grünoase gedeihen. „Hingegen sind für die Terrassen ja nur ein paar bessere Blumenkisterln als Begrünung vorgesehen“, sagt Jeglitsch.

Stadt-Eigentum

Das Grundstück wurde bereits 1902 von der Stadt Wien „für Verkehrszwecke“ übernommen. In einem Abtretungsvertrag wurde aber bestimmt, dass das Areal in der Verfügung der Vorbesitzer bleibt, bis es die Stadt tatsächlich für diese Zwecke benötigt.

Vandalismus

Sorgen macht sich Jeglitsch aber auch um sein Wohnhaus: Die Plakatwand – die übrigens erst vor Kurzem teuer erneuert wurde – ist vollgesprüht mit Graffitis. „Wird sie – wie geplant – abmontiert, werden sich die Sprayer wohl an unserer Hauswand verewigen.“ Wie das jetzt schon bei vielen benachbarten Gebäuden der Fall ist.

Kein gutes Haar lässt Jeglitsch an dem geplanten Fußgeher-Steg, der die Terrasse über den Wienfluss mit dem 6. Bezirk verbinden soll. „Dort steht man dann an einer der am stärksten befahrenen Straßen. Es wird eine Fußgeher-Ampel brauchen, die zu Staus führen wird. Und hat man dann die Straße überquert, steht man vor einer langen Häuserfront.“

In einem ausführlichen Brief hat sich Jeglitsch nun an den Bezirk und an Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) gewandt, die das Projekt initiiert hat.

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In ihrem Büro versucht man zu beruhigen: „Natürlich sind wir um eine Lösung bemüht, die sich auch mit den Interessen der Anrainer deckt“, betont ein Sprecher. Noch sei nichts fix, an der Detailplanung der Terrassen werde noch gearbeitet. „Und es wird auch Gespräche mit den Anrainern geben.“

Zugleich verweist man auf Nachbarn, die von dem Projekt hellauf begeistert sind. Einer davon ist Florian Kowatz, der nur ein paar Hausnummern weiter sein Büro für Werbung und Design betreibt: „Die Terrasse wäre direkt vor meinen Fenstern“, schwärmt er. „Bisher gibt es ja in der Umgebung kaum Möglichkeiten, um im Freien zu sitzen.“

Kowatz erwartet sich aber nicht nur mehr Freiraum: Die Verbauung, so hofft er, werde auch den Lärm durch die U 4 verringern.

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