Wiener Straßennamen sollen kürzer werden
Von Josef Gebhard
Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) stört das Übermaß an Straßennamen, die an wenig bedeutsame Bezirkspersönlichkeiten erinnern und übt scharfe Kritik an der Kulturpolitik der FPÖ.
KURIER: Laut einer aktuellen Studie sind die Wiener mit dem Kultur-Angebot in der Stadt sehr zufrieden. Wo gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten?
Andreas Mailath-Pokorny:Großen Aufholbedarf haben wir bei den digitalen Angeboten der städtischen Kultureinrichtungen. International gibt es viele Beispiele für Websites, aus denen man ungern aussteigt, weil sie so spannend sind. In Österreich sind das etwa die Staatsoper mit ihren Live-Streams und einige andere mehr. Hier darf Wien nicht den Anschluss verlieren. Die Stadt kann zwar für solche Projekte keine Millionen zur Verfügung stellen, wir wollen aber eine Plattform für Ideen anbieten.
Vor zwei Jahren hat eine Expertenkommission eine Liste von 159 historisch belasteten Straßennamen vorgelegt. Was ist seither passiert?
Ich habe die Bezirke eingeladen, sich zu den betroffenen Straßennamen etwas zu überlegen – etwa Texte für Zusatztafeln oder künstlerische Installationen. Es kamen allerdings nicht allzu viele Vorschläge zurück.
Woran liegt das, wo doch die Bezirke in anderen Fragen so sehr auf ihre Autonomie pochen?
Wahrscheinlich vertrauen sie darauf, dass die Stadt ein Projekt, das sie initiiert hat, auch weiterführt. Jedenfalls habe ich jetzt vorgeschlagen, dass es für 29 besonders heikle Straßennamen (z.B. Dr.-Karl-Lueger-Platz, Anm.) Zusatztafeln mit erklärenden Texten geben soll.
Wird die Stadt auch weiterhin neue Straßen bevorzugt nach Frauen benennen?
Frauennamen werden verstärkt verwendet, in einzelnen neuen Stadtteilen wie der Seestadt sogar ausschließlich. Grundsätzlich soll man das Thema Benennungen aber nicht überstrapazieren. Straßennamen sind primär geografische Unterscheidungsmerkmale und erst sekundär Symbole der Erinnerung. Auch wenn ich damit nicht immer auf Verständnis stoße: Ich bin für kurze, prägnante und unterscheidbare Bezeichnungen – und nicht dafür, dass Persönlichkeiten mit rein lokaler Bedeutung mit einem Straßenschild unvergesslich gemacht wird. Genau diese Bestrebungen haben aber in den vergangenen Jahren überhand genommen.
Planen Sie konkrete Maßnahmen dagegen?
Noch vor dem Sommer wird ein Antrag in den zuständigen Unterausschuss eingebracht. Ziel ist unter anderem, künftig extrem lange Namen – mit Titel, Vor- und Nachnamen – zu vermeiden.
Sie sind auch für Wissenschaft zuständig. Welche Vorhaben gibt es in diesem Bereich?
Forscher, die nach Wien kommen, finden immer noch schwierige Rahmenbedingungen vor. Etwa bei Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen für Familienmitglieder braucht es dringend Vereinfachungen. Außerdem möchten wir ein Gästehaus für zugezogene Wissenschaftler errichten, wo sie unmittelbar nach ihrer Ankunft eine erste Bleibe finden. Das Haus soll aber auch ein Treffpunkt für alle Forscher werden, die über die Stadt verteilt arbeiten. Die entsprechenden Planungen laufen bereits.
Die FPÖ strebt eine Regierungsbeteiligung in Wien an. Was würde das für die Kulturpolitik bedeuten?
Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen den Begriffen FPÖ und Kulturpolitik. Man muss sich nur ihre abstrusen Forderungen ansehen: Etwa weniger fremdsprachige Produktionen bei den Festwochen oder freien Eintritt nur für Menschen mit deutscher Muttersprache. Ich kann mir nicht vorstellen, wie so eine Partei kulturpolitische Verantwortung übernehmen soll.
Werden Sie nach der Wahl weiter Kulturstadtrat bleiben?
Das hängt nicht von mir allein ab. Zunächst haben der Wähler und der Bürgermeister das Wort. Dem sehe ich mit Demut und Zuversicht entgegen.