Chronik/Wien

Wiener Spitäler: Jeder gegen jeden

Spitalsärzte, die im rot regierten Wien ihre Arbeit niederlegen – was früher undenkbar gewesen wäre, dürfte schon in wenigen Tagen Realität sein. Denn im Streit um die Arbeitszeiten in den Gemeindespitälern sind weder die Stadt noch die Ärztekammer bereit, von ihren Positionen abzurücken.

Dass die Situation derart verfahren ist, liegt vor allem an den handelnden Personen, sind Kenner des Wiener Gesundheitssystems überzeugt. Mit SPÖ-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely haben die Ärzte des Krankenanstaltenverbunds (KAV) eine überaus machtbewusste oberste Chefin. "Bis ins kleinste Detail fällt sie alle Entscheidungen im KAV – auch wenn sie offiziell nichts damit zu tun haben will", schildert ein Beobachter.

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Noch vor zwei Jahren sei es für Wehsely wesentlich schwerer gewesen, in den KAV hineinzuregieren. "Damals war noch Wilhelm Marhold KAV-Generaldirektor. Er hatte Verständnis für die Anliegen der Ärzte und agierte gleichsam als Puffer – das war auch ein Grund, warum er abserviert wurde", ist aus KAV-Kreisen zu hören.

Gegen den Widerstand von Bürgermeister Michael Häupl habe die Stadträtin Udo Janßen als Marholds Nachfolger durchgesetzt. "Er setzt alles um, was Wehsely will, agiert dabei aber nicht sehr geschickt." Dem gebürtigen Deutschen fehle es am nötigen Feingefühl für die Wiener Zwischentöne.

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Mit Wiens Ärztekammer-Präsidenten Thomas Szekeres hat es Wehsely mit einem Gegenspieler zu tun, der sich kammerintern in einer äußerst heiklen Position befindet. "Bei den Verhandlungen über die Arbeitszeit-Reform hat ihn Wehsely über den Tisch gezogen", sagt ein Beobachter. Etwas blauäugig habe er voreilig einen Pakt unterschrieben, der kammerintern nicht durchsetzbar war. "Diese Schwächung will er jetzt wettmachen."

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Gegen die eigene Partei

Auch um den Preis, mit seiner politischen Heimat zu brechen. Als im Vorjahr der Streit mit der Stadt erstmals eskalierte, legte Szekeres sein SPÖ-Parteibuch zurück; für Beobachter ein besonderer Affront gegen die Stadträtin. "Wehsely vertritt den Standpunkt: Wer ein Roter ist, hat sich auch als solcher zu verhalten." Skezeres’ Schritt habe das Gesprächsklima enorm vergiftet. Ob es sich je wieder kitten lässt, sei mehr als fraglich.