Wiener Neustadts Schatten reichen bis Wien
Von Elias Natmessnig
Wird just eine niederösterreichische Kleinstadt zum Vorbild für Wien? Mit Hilfe der FPÖ, den Grünen und zwei Bürgerlisten, eine davon ein rechter Ableger der FPÖ, kürt sich Klaus Schneeberger, ein enger Vertrauter von Landeshauptmann Erwin Pröll, zum Bürgermeister. Nach 70 Jahren Herrschaft wurde in Wiener Neustadt die SPÖ von der ÖVP ausgebremst. Auch in Wien stellt die SPÖ seit Jahrzehnten den Bürgermeister. Doch nun proben die Kleinen den Aufstand.
Nachdem sich Rot und Grün nicht auf eine Reform einigen konnten, soll die Abstimmung über ein neues Wahlrecht im koalitionsfreien Raum stattfinden. Grün, Schwarz und Blau wollen dabei die Roten überstimmen.
Ein Vorgeschmack auf mögliche Koalitionen nach der Wahl? Etwa ein Bürgermeister Heinz-Christian Strache unterstützt von ÖVP und Grünen?
"Die neue Rolle als reiner Mehrheitsbeschaffer für Schwarz und Blau lässt an der Verlässlichkeit der Grünen Zweifel aufkommen", poltert SPÖ-Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler. "Nach dem Sündenfall von Wiener Neustadt ist von den Grünen alles zu erwarten. Wir sind gespannt auf den nächsten Offenbarungseid." Diese beruhigen: "Das Vorgehen der Kollegen in Wiener Neustadt ist für mich nicht nachvollziehbar", sagt Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Die FPÖ stehe für Hass, tiefe Spaltung der Gesellschaft und Korruption. "Die FPÖ wird in Wien daher niemals eine Rolle spielen", sagt Vassilakou.
Auch Wiens VP-Chef Manfred Juraczka winkt ab, wenn es um einen möglichen Bürgermeister Strache geht. "Ich denke, Herr Strache ist in der Bundespolitik besser aufgehoben."
Selbst die FPÖ glaubt nicht an eine blau-grün-schwarze Koalition. "So wie sich die Grünen bisher präsentiert haben, ist das unwahrscheinlich" sagt FP-Klubchef Johann Gudenus.
In der Praxis ist eine Regierung gegen den Willen der SPÖ derzeit gar nicht möglich. Hält die SPÖ nur annähernd ihre Stimmen, hätten sie weiter in der Stadtregierung wie in allen Ausschüssen die Mehrheit. Damit könnte eine Regierung aus Grün, Blau und Schwarz verhindert werden.
Um die Macht der Roten zu verringern, werden aber nun Allianzen gebildet. Die Grünen machen ernst und bringen einen Wahlrechtsantrag ein, der nicht in Ausschüssen von der SPÖ blockiert werden kann, sondern gleich im Gemeinderat abgestimmt werden soll. Sogar externe Juristen wurden für einen wasserdichten Antrag engagiert. Zusätzlich planen die Grünen eine namentliche Abstimmung, dass man genau sehe, ob sich wer "von der SPÖ kaufen hat lassen", sagt eine Sprecherin.
Die Roten schießen scharf zurück. Entgegen der Aussagen der Grünen habe es doch ein Kompromissangebot der SPÖ gegeben, das den grünen Forderungen sehr entgegengekommen wäre. "Doch den Grünen ging es nicht mehr um die Sache", sagt ein roter Insider. Man habe lieber das eigene Klientel bedient. Kurzum: Das ist Wahlkampf pur in Wien.