Chronik/Wien

Wiener Narren geht das Geld aus

Lothar Reitinger ist ein Narr und er ist auch noch stolz darauf. Der Wiener lebt für den Fasching, für die Maskeraden und die Gilden dieser Stadt. „In der fünften Jahreszeit“, sagt er, „können die Leute die Schwere des Alltags vergessen. Sparpakete und Finanzkrisen wiegen in der närrischen Zeit nicht ganz so schwer wie unterm Jahr.“

Doch nun werden die fünf Wiener Gilden selbst von der Krise eingeholt. „Wenn’s so weitergeht, werden wir nicht mehr lange durchhalten.“ Reitinger ist Präsident der Wiener und burgenländischen Faschingsgilden. Jahr für Jahr rittert er um Unterstützung. „Doch von der Wirtschaftskammer bekommen wir schon seit Jahren kein Geld mehr und auch das stadtnahe Volksbildungswerk hat im Vorjahr den Zuschuss gestrichen“, sagt der 65-Jährige.

Seither ist den Narren das Lachen fast vergangen. Der Umzug, der jährlich und auch heuer in einem der fünf Wiener Gilde-Bezirke (Währing, Döbling, Ober St. Veit, Jedlersdorf und Meidling) stattfindet, kostet 25.000 Euro. Geld, das für Umzugswagen, für Verkehrsumleitungen und für Musikkapellen ausgegeben wird. Mehrere Tausend Menschen besuchen das Spektakel. „Verdienen tut niemand daran“, sagt Reitinger, „als gemeinnützige Vereine dürfen wir keine Gewinne machen.“

Kaiserin ist schuld

Aber wieso hat die Stadt den Narren das Geld gestrichen? Ist der Fasching nur unterstützenswert, wenn er wie in Villach aberwitzige Ausmaße annimmt? Auch der Wiener Fasching hat eine lange, wenn auch weniger glanzvolle Tradition. „Bei uns findet Fasching eher in Form von Gschnasen oder Bällen statt“, sagt Reitinger. „Schuld ist Kaiserin Maria Theresia, die den Gilden verbot, auf der Straße maskiert zu sein.“ 200 Jahre später könnten Masken im Stadtbild erneut seltener werden – aber nicht, weil die Politik die Kritik der Narren fürchtet, sondern weil das Geld knapp ist.

Im Büro von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) heißt es: „Wir sind nur für Kulturförderungen zuständig.“ Und der Vorstand des Volksbildungswerks, Harry Kopietz, hat zwar Verständnis, doch auch er sagt: „Der Fasching ist eine tolle Sache. Aber für die Förderung ist das Volksbildungswerk nicht zuständig.“ Wieso hat seine Einrichtung dann über Jahre Tausende Euro zugeschossen? Kopietz begründet das mit neuen Statuten. „Vereine, die wir fördern, müssen klar im Zeichen der Bildung stehen.“

Für heuer ist der Umzug noch einmal gesichert. Währings Bezirksvorsteher Karl Homole (ÖVP) machte 10.000 Euro aus dem Bezirksbudget locker. „Der Fasching ist ein Erbe, das man pflegen sollte“, sagt er. Nur auf Dauer will auch Homole nicht alleine „pflegen“. „Langfristig ist es unmöglich, dass fünf Bezirke die restlichen 18 auf ihre Kosten unterhalten.“