Chronik/Wien

KAV-Debatte: Ärztekammer sieht Bewegung

Die Wiener Ärztekammer sieht in der Debatte um die Umsetzung des neuen Ärztearbeitszeitgesetzes im KAV nach dem Krisengespräch am Donnerstagabend zumindest ein bisschen Bewegung. "Es gibt die Tendenz, sich aufeinander zuzubewegen, aber es gibt auch große Auffassungsunterschiede", erklärte Hermann Leitner, neuer Verhandlungsleiter der Kammer.

Die Stadträtin habe zum Dialog in Sachen Krankenanstaltenverbund (KAV) eingeladen, dieser Einladung sei er gefolgt, meinte Leitner. Man habe sich dabei ausgetauscht und gegenseitig die Standpunkte auf den Tisch gelegt - über die Details der Diskussion habe man aber Stillschweigen vereinbart. "Wir sind auf Drängen der Stadträtin so verblieben, dass wir weiterhin in Kontakt stehen", so Leitner.

"Wir werden sehen, ob es gelingt, diesen gordischen Knoten zu zerschlagen"


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Ressortchefin Sonja Wehsely (SPÖ) hatte angekündigt, in den nächsten zehn Tagen nachschärfen und offene Interpretationsfragen klären zu wollen. Ob sich das ausgehen kann, werde sich herausstellen, meinte der Kurienobmann der Angestellten Ärzte: "Wir werden sehen, ob es gelingt, diesen gordischen Knoten zu zerschlagen."

Nun werde er sein Verhandlungsteam informieren, übers Wochenende soll dann die weitere Vorgehensweise beraten werden. Die für 23. März angekündigte Demonstration werde derzeit jedenfalls vorbereitet. Sollte es in den nächsten zehn Tagen zu einem "befriedigenden Ergebnis" kommen, schloss Leitner eine Demo-Absage aber nicht aus.

Auch Asklepios dabei

Sollte es zu Neuverhandlungen kommen, dann würde auch die neue Asklepios-Gewerkschaft mit am Verhandlungstisch sitzen. Bei Nachjustierungen wäre das jedoch nicht der Fall: "Lediglich Nachbesserungen sind nicht akzeptabel", sagte Aklepios-Frontmann Gernot Rainer gegenüber dem KURIER.

"Dezentrales Monitoring"

Am Donnerstag hatte sich der Vorstand der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG) hinter die Einigung gestellt. Man bekenne sich zu dem Verhandlungsergebnis, die Umsetzung sei jedoch an die Erfüllung gewisser Forderungen geknüpft, hieß es am Freitag in einer Aussendung. Unter anderem sollen Arbeitnehmer bei Informationsveranstaltungen direkt von der Stadträtin informiert werden, alle sechs Monate soll ein "dezentrales Monitoring" zu den vereinbarten Rahmenbedingungen mit den Ärztevertretern in den Spitälern stattfinden.

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Die Ergebnisse sollen zwischen den verhandelnden Parteien besprochen sowie regelmäßig an die Ärzte im KAV kommuniziert werden. Denn bisher sei die Kommunikation nicht optimal gewesen: "Offenbar wurde dieses gute Verhandlungsergebnis nicht klar genug kommuniziert. Sein tatsächlicher Inhalt hat die betroffene Berufsgruppe (noch) nicht flächendeckend erreicht. Statt einer authentischen Interpretation sind noch immer viele Halbwahrheiten und falsche Gerüchte im Umlauf", heißt es.

Rahmenbedingungen müssen erfüllt werden

Auch zu dem geplanten Stellenabbau von 382 Dienstposten könne es nur kommen, wenn die Rahmenbedingungen erfüllt seien. Diese sehen unter anderem eine Reduktion des Leistungsaufkommens in den Abteilungen sowie die Schwerpunktsetzungen in der Akutversorgung in der Nacht vor. Medizinisch nicht notwendige Rettungszufahrten sollen reduziert werden, zentrale Notfallaufnahmen sollen die Patienten in der Nacht steuern. In diesen wird es vier Nachtdiensträder geben.

Für chirurgische Eingriffe sollen Poolassistenzen eingerichtete werden, die Pflege soll über den sogenannten "mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich" Aufgaben wie etwa die Blutabnahme übernehmen. Einer der Hauptvorwürfe der Ärztekammer in den vergangenen Tagen war gewesen, dass die Stadt noch zu wenig für die Umsetzung dieser Rahmenbedingungen getan habe. Das bestritt Wehsely allerdings vehement: Alle Prozesse seien im Laufen und beispielsweise die erste zentralen Notaufnahme bereits umgesetzt.

Misstrauensantrag abgelehnt

Indes wurde der Misstrauensantrag gegen die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) im Wiener Gemeinderat am Freitag mehrheitlich abgelehnt. Der Antrag wurde nur von der FPÖ und der ÖVP unterstützt. Die Mandatare der Regierungsparteien SPÖ und Grüne votierten gegen das Ansinnen. Eingebracht wurde das Begehr im Rahmen einer Sondersitzung zu den städtischen Spitälern.

Kein Ende im Wiener Ärzte-Streit. Wie berichtet, stimmten fast 90 Prozent der Ärzte gegen das neue Modell, das neben kürzeren Arbeitszeiten und höheren Gehältern auch den Abbau von 382 Ärztestellen vorsieht.

Donnerstagabend lud daher Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely zur Verhandlungsrunde, um die Wogen der Emotionen zu glätten. Nach mehr als drei Stunden sagte Wehsely: "Es gibt keine Nachverhandlungen aber die Einladung, in den nächsten zehn Tagen einen Dialog zu führen."

Dabei sollen offene Interpretationsfragen zum Paket zwischen Stadt, Ärztekammer und der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten geklärt werden. Wehsely will in jedem Fall noch im März das Paket im Landtag einbringen. Denn im April müssen in den Wiener Spitälern die neuen Dienstpläne erstellt werden, damit die vorgesehene Frist zur Umsetzung der neuen Arbeitszeiten eingehalten werden könne.

Im Vorfeld der Gespräche ging es bereits sowohl in der Ärztekammer als auch in der Gewerkschaft rund. Denn Stunden vor dem Treffen hatte die Kurie der Ärztekammer ein neues Verhandlungsteam unter der Leitung des Obmannes der Kurie für angestellte Ärzte, Hermann Leitner, nominiert.

Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, der dem Paket Ende Jänner zugestimmt hatte, wurde nicht mehr als Verhandler aufgestellt. Gleichzeitig beschloss die Kammer eine weitere Demonstration der Spitalsärzte am 23. März.

Rückenstärkung

Der Konfrontationskurs der Ärzte hat damit zu tun, dass Gesundheitsstadträtin Wehsely zuletzt Nachverhandlungen ausgeschlossen hatte. Einzig wenn die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten dem Paket nicht zustimme, werde neu verhandelt, sagte die Stadträtin vor einigen Tagen.

Doch die Gemeindebediensteten stellten sich am Donnerstag mehrheitlich auf die Seite der Stadträtin und stärkten Wehsely damit den Rücken. Bei den Beratungen zum neuen Modell brachte die Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) zwar einen Antrag für Nachverhandlungen ein. Begründet wurde dies, dass der Personalabbau nicht Bestandteil der Vereinbarung sein könne.

Die SPÖ-nahe Mehrheitsfraktion FSG lehnte den FCG-Antrag aber ab und bestätigte damit das Ende Jänner ausverhandelte Paket.

Auch das kam nicht überraschend. Gewerkschaftsvorsitzender Christian Meidlinger hatte bereits im Vorfeld wiederholt erklärt, dass die Vereinbarung eine gute sei. Denn gleichzeitig zum Stellenabbau gibt es in der Vereinbarung auch begleitende Maßnahmen, die den Abbau der Ärzte erst möglich machen.

Gesprächsbereitschaft

Bei dem Gipfel am Donnerstag machte die Stadträtin den Ärzten klar, dass sie an den Säulen des Pakets nicht rütteln werde. Aber bei Fragen der Umsetzung sei sie gesprächsbereit. Die Stadträtin geht davon aus, dass im Falle eines positiven Gesprächsverlaufs auch die geplante Demonstration der Ärzte nicht stattfinden werde.

Auch wenn Wien gerechnet auf die Bettenanzahl im Österreich-Vergleich die meisten Ärzte hat, wetterten Ärztevertreter zuletzt, dass sich eine Reduktion des Personals auf die Patienten auswirken werde. Denn schon jetzt sind lange Wartezeiten in vielen Ambulanzen Realität.