Chronik/Wien

Heimskandal: Opfer erhielten 36 Millionen Euro

"Was diese Menschen erlebten, war für mich selbst nach 40 Jahren in der Jugendarbeit unvorstellbar", schilderte Udo Jesionek, Präsident der Opferschutzorganisation Weisser Ring. Viele Kinder und Jugendliche waren in Wiener Heimen systematischer Gewalt ausgesetzt. Im März 2010 begann die Stadt mit der Aufarbeitung dieser Fälle, beim Weissen Ring wurde eine Anlaufstelle für die Opfer eingerichtet. Nach sechs Jahren wird das Projekt "Hilfe für Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt" nun beendet – die Verantwortlichen präsentierten heute, Mittwoch, eine Bilanz.

2705 Fälle wurden in dieser Zeit gemeldet – eine Zahl, hinter der freilich auch 2705 Schicksale stehen. Wie etwa jenes von dem Buben, dem als Strafe der Besuch der Beerdigung des eigenen Vaters verboten wurde. "Der Mann leidet bis heute darunter, dass er nicht beim Begräbnis sein durfte", sagte Jesionek. Die meisten Fälle – nämlich über 60 Prozent – hatten sich in den 1950er- und 1960er-Jahren zugetragen.

Der Gemeinderat der Stadt Wien budgetierte Mittel von insgesamt 52,5 Millionen Euro, um die Skandale aufzuarbeiten: "2048 Betroffene bekamen finanzielle Unterstützung zugesprochen", erläuterte Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ).

17.000 Euro pro Person

Im Schnitt waren es 17.000 Euro pro Person; zusätzlich wurden auch die Kosten für die Psychotherapien übernommen. Insgesamt erhielten die Opfer bisher 36,2 Millionen an finanzieller Unterstützung, die Kosten für die Psychotherapie beliefen sich auf 8,9 Millionen Euro.

Nun beendet die Stadt die finanzielle Entschädigung der Gewaltopfer – mit Ende März läuft die Anmeldefrist aus. Kostenübernahmen von Therapien werde es aber weiterhin geben, betonte Wehsely.