Wiener Eislaufverein: Stadt genehmigt Turm-Projekt nicht
Die Stadt Wien wird das Flächenwidmungsverfahren zum geplanten Umbau des Areals am Heumarkt in der vorliegenden Form nicht weiterführen. Wiens Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin Maria Vassilakou verordnet eine "Nachdenkpause", wie sie am Freitag in einem Hintergrundgespräch mitteilte.
Nach allen Beurteilungen des Magistrats und des Fachbeirates für Architektur und Stadtgestaltung werden starke Bedenken gegenüber dem Projekt ins Treffen geführt, was aus Sicht der Stadtplanung eine Weiterverfolgung der Flächenwidmung und etwaige Vorlage an den Gemeinderat des vorliegenden Projekts nicht möglich macht.
Zusätzlich wurden im Rahmen der strategischen Umweltprüfung durch die MA21 "deutlich negative Auswirkungen" auf das Stadtbild festgestellt. Weiters gibt es noch keine finale Zustimmung des Wiener Eislaufvereins.
"Dass die Verfahren hohen Standards gehorchen, wurde diesmal erneut unter Beweis gestellt. Dies ist kein Urteil über die Arbeit des Projektbetreibers, die in einem hohem Maße engagiert, kooperativ und hochprofessionell war und ist. Nun gilt es für alle Seiten die Nachdenkpause zu nutzen, um tragfähigen Lösungen zu suchen", so Vassilakou weiter.
Der Wiener Eislaufverein - damals und heute:
Folgen laut Wertinvest nicht abschätzbar
Der Projektbetreiber Wertinvest Hotelbetriebs GmbH kann derzeit laut eigenen Angaben noch nicht abschätzen, was die nunmehrige Entscheidung konkret für die Projektentwicklung bedeutet. "Wir werden selbstverständlich nachdenken - so wie wir dies seit Planungsbeginn 2012 im intensiven Dialog mit allen tun", versprach Geschäftsführerin Daniela Enzi in einer Stellungnahme. Man erwarte jedoch Vorgaben von Vassilakou, "worüber und in welcher Richtung wir nachdenken sollen". Die Vizebürgermeisterin lobte am Freitag jedenfalls die Rolle des Betreibers. Dieser habe ausgezeichnet kooperiert und sei hochprofessionell vorgegangen. Im Rathaus hofft man nun auf neue Pläne für das auch als Heumarkt-Areal firmierende Grätzel.
UNESCO äußerte Bedenken
Das Projekt des Brasilianische Architekten Isay Weinfeld ist in der ursprünglichen Form somit Geschichte. Eine Neugestaltung der in die Jahre gekommenen Fläche sei aber sehr wohl nötig, befand Vassilakou. Denn das Areal sei momentan wenig attraktiv. "Und die Stadt bekennt sich auch zum Hotel- und Kongressstandort Wien", versicherte sie. Dass auch die UNESCO zuletzt Bedenken geäußert hat, war laut Vassilakou kein unmittelbares Motiv für die Entscheidung. "Ich halte wenig davon, Diskussionen um das Weltkulturerbe anhand eines einzelnen Projektes zu führen", stellte sie klar.
Das Gebiet rund um den WEV, das Konzerthaus, die Flächen des WEV und das Hotel InterContinental Wien zählt seit Jahrzehnten zu einem der meist diskutierten Bereiche der Wiener Ringstraßen-Bebauung. Der Bereich liegt im östlichen Teil dieses ehemaligen Glacis, ist abgegrenzt durch die Straßenzüge Johannesgasse, Am Heumarkt, Lisztstraße und Lothringerstraße. Damit befindet sich dieser Block im Randbereich des Kerngebiets des Weltkulturerbes des historischen Zentrums Wiens.
Auf der einen Seite des Blocks befindet sich der Gebäudekomplex mit dem Wiener Konzerthaus, dem Akademietheater und der Universität für Musik und Darstellende Kunst. Dieser Gebäudekomplex wurde in den Jahren 1910 bis 1913 nach den Entwürfen von Ludwig Baumann, Ferdinand Fellner und Hermann Helmer aus Mitteln des Stadterweiterungsfonds erbaut. Am gegenüberliegenden Ende des Baublocks befindet sich das Hotel InterContinental, das erst Jahrzehnte später in den Jahren 1959 bis 1964 errichtet wurde. Der Entwurf stammt von Hollabird&Root, Carl Appel und Walter Jaksch. Der dominante Gästezimmertrakt ist eine Hochhausscheibe mit einer Gebäudehöhe von circa 44 Metern.
Städtebauliche Überlegungen
• Erhalt, Absicherung und Verbesserung des Wiener Eislaufvereins
• Eine ganzjährige Nutzung der Fläche des Eislaufvereins
• Mehr Platz für FußgängerInnen zum Flanieren
• Neue Durchgangsmöglichkeiten, neue Verbindungen
• Öffnung des Areals
Auf Initiative der Stadt Wien wurde in zwei umfangreichen Hearings mit den Akteuren vor Ort (WEV, Konzerthaus, Hotel InterContinental), dem Investor, Vertretern des Magistrats und der Politik (Stadtplanungsressort, Planungssprecher, Bezirke) sowie Fachexperten aus Architektur und Städtebau sowie Denkmalschutz die Möglichkeiten des Areals ausgelotet.
Aufbauend auf den Erkenntnissen dieser Expertenhearings wurde ein mehrstufiges kooperatives Experten- beziehungsweise Werkstättenverfahren durchgeführt. Die Anregung dazu gab Rudolf Scheuvens, der auch den Vorsitz des Bewertungsgremiums einnahm. Ziel dieses Verfahrens war es, zu einer städtebaulichen Rahmenplanung zu gelangen.
Möglich wurde dies in drei Planungswerkstätten, an denen rund 50 Beteiligte aus Politik und Magistrat, des Wiener Eislaufvereins, des Konzerthauses, des Internationalen Rates für Denkmalpflege (ICOMOS), des Investors sowie des Hotelmanagements teilnahmen. Die Öffentlichkeit wurde in das Verfahren mittels Anrainerbefragung eingebunden. Ferner wurde auch eine Ausstellung mit begleitenden Dialogen durchgeführt.
Die Arbeiten mündeten in Empfehlungen für die städtebauliche Weiterentwicklung, wobei aus der Vielzahl an Vorschlägen die zwei Szenarien Bewahrung des Bestandes (eine bauliche Weiterentwicklung unter Belassung der Hotel-Hochhausscheibe) und Neubau als grundsätzlich tragfähige Bebauungskonzeptionen weiter verfolgt werden sollen.