Chronik/Wien

Wien: Raser-Rowdys besetzen Tankstelle

Die Zivilstreife filmte die beiden Honda-Civic-Raser mit 118 km/h. Das Wettrennen um 20.38 Uhr, bei nasser Fahrbahn und Dunkelheit auf der Grenzackerstraße in Wien-Favoriten hatte einen banalen Grund. Polizeisprecher Patrick Maierhofer erklärt: "Da die Autos gleich motorisiert waren, wollten die Lenker einfach nur wissen, welcher Fahrer der Schnellere ist. Dort sind allerdings nur 50 km/h erlaubt."

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Den befreundeten Verkehrsrowdys (24 und 37 Jahre alt) wurden die Führerscheine abgenommen, Verwaltungsstrafen im vierstelligen Bereich drohen. In dem Gebiet rund um die dreispurige, kerzengerade Triester Straße leiden Anrainer, Verkehrsteilnehmer und vor allem Tankstellenpächter seit Jahren unter den organisierten, lebensgefährlichen Wettfahrten.

Barbara und Walter Leitner, BP-Tankstellenpächter auf der Triester Straße 104 gehen jetzt offensiv gegen die Rowdys vor: "Bis zu fünf Mal in der Woche treffen sich die Raser und Zuschauer auf unserer Tankstelle. Die kommen alle mit ihren Autos und verstellen das gesamte Areal. Kunden trauen sich nicht mehr zu den Zapfsäulen. Unser Personal wurde bereits attackiert, es kam schon zu Handgreiflichkeiten. Wir mussten, alleine aus wirtschaftlichen Gründen reagieren. Vom Getränke-Verkauf alleine können wir nicht leben."

Sicherheitsdienst

Also engagierte das Ehepaar den Sicherheitsdienst T1. Und der hat auf der Tankstelle alle Hände voll zu tun. T1-Chef Gerhard Zeminar beschreibt das Szenario: "Wir fotografieren die Situation und decken die Leute mit Besitzstörungsklagen ein. Meine Mitarbeiter notieren die Autonummern, Anwälte zeigen die Raser und Zuschauer an." Laut Zeminar kam es dabei zu Tätlichkeiten: "Es gibt einen unverbesserlichen harten Kern. Die Wettfahrten sind gut organisiert. Es kommen Teilnehmer aus Wr. Neustadt, Horn oder Zwettl. Man ist bestens vernetzt." Inklusive Anwaltskosten kommt eine Anzeige auf 300 Euro. Über die Zahlungsmoral wollte Zeminar nichts sagen, viele Fälle gehen in die nächste Instanz. Knapp 300 Anzeigen wurden eingebracht.

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Kein Blatt vor dem Mund nimmt sich Barbara Leitner: "Raser-Piloten und Zuschauer konsumieren jede Menge Alkohol. Und die irren Wettfahrten werden auf die Südautobahn ausgedehnt. Die Polizei schreitet nicht ein, da die Tankstelle Privatgrund ist."

Wird ein Rennen auf die "Süd" verlängert, bekommen die Roadrunner "Begleitschutz" von Freunden. In ihren Autos fahren die sogenannten Blocker mit 30 km/h die einspurige Auffahrt auf die Autobahn hinauf. Der Nachfolgeverkehr ist blockiert. Auf der A2 beschleunigen dann die Möchtegern-Rennfahrer auf Vollgas. Bei Mödling fahren die Raser ab und kehren auf die Triester Straße zur BP-Tankstelle der Familie Leitner zurück. Dort wird gefeiert und getrunken. Bei den Rennen geht es um hohe Beträge. Leitner: "Tausend Euro sind keine Seltenheit. Manchmal rasen die Tempo-Junkies sogar um ihre geliebten Autos um die Wette."