Grünes Revanchefoul könnte verkehrsberuhigte Wiener City ausbremsen
Es war nur wenige Tage vor der Wien-Wahl vor zwei Jahren, da versetzte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) seiner damaligen grünen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein einen schweren politischen Schlag. Er kippte im Finale des Wahlkampfs ihr Prestigeprojekt der verkehrsberuhigten Innenstadt.
Doch dem nicht genug: Nur wenige Wochen später verkündete er mit seinem neuen Koalitionspartner, den Neos, das Projekt in ganz ähnlicher Form doch umsetzen zu wollen.
Die Grünen waren düpiert und dürften den unfreundlichen Akt bis heute nicht vergessen haben. Das zeigte sich nun im Gemeinderat.
Rot-Pink brachte bei der Sitzung einen Antrag ein, mit dem die grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler aufgefordert wird, jene Änderungen in der StVO zu veranlassen, die es braucht, damit das rot-pinke Konzept (auch der türkise Bezirkschef Markus Figl ist mit an Bord) zur Verkehrsberuhigung verwirklicht werden kann.
Die Grünen legten wenig später einen eigenen Antrag vor, der tief blicken lässt.
Datenschutz
Konkret geht es in der Debatte um die Kameraüberwachung der Ein- und Ausfahrten der Inneren Stadt. Nur wenn alle einfahrenden Pkw mittels Video erfasst würden, sei die Verkehrsberuhigung administrierbar, ließ die zuständige Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) bereits vor Längerem durchblicken.
Nur so könne überprüft werden, wer uneingeschränkt in die City fahren dürfe (etwa Anrainer und Lieferdienste) und ob alle anderen, wie vorgesehen, Parkgaragen nutzen. (Ganz ähnliche Kamerasysteme gibt es bei Mautstellen oder bei der Section Control.)
Damit eine Kameraüberwachung installiert werden darf, braucht es jedenfalls besagte Novelle der StVO. Das Thema ist nicht unheikel: Immerhin geht es um den Datenschutz.
Und genau hier könnte sich Gewessler querlegen, wie zu hören ist. Angeblich arbeitet sie bereits an einem Gutachten, das belegen soll, dass der Einsatz von Videokameras rechtlich nicht gedeckt sei.
"Millionenteuer"
Dass das die grüne Argumentationslinie sein könnte, legt der Antrag nahe, den die Wiener Grünen als Reaktion auf den rot-pinken Antrag einbrachten: Sie fordern darin zwar ebenfalls die Verkehrsberuhigung, kritisieren aber Ludwig („seit der Ablehnung des Plans ... ist nichts passiert“) – und sprechen sich gegen die „millionenteure Kameraüberwachung“ aus. Laut Grünen gibt es „zig Möglichkeiten, die Ziele mit einfacheren Mitteln zu erreichen“.
Auch auf den Datenschutz nehmen sie Bezug: Ob ein kameragestütztes System im Regierungsbezirk der Republik mit Ministerien, Botschaften, und immer wieder stattfindenden Demonstrationen „eine legitime Lösung ist, muss gründlich geprüft werden“, heißt es im Antrag.
Immerhin könnten so „auch Fußgänger und Radfahrer gefilmt werden“. Die Frage vor dem VfGH werde sein: „Ist das – wie grund- und datenschutzrechtlich geboten – das gelindeste Mittel, um den Zweck zu erreichen?“
Schlechte Stimmung
Dass das Vorgehen der Wiener Landespartei mit jenem Gewesslers abgestimmt ist, ist anzunehmen. Bei der Stadtstraße war man zuletzt unterschiedlicher Meinung, was von der SPÖ genüsslich ausgekostet wurde. Diesen Fehler macht man nicht zwei Mal.
Generell ist die Stimmung zwischen Gewessler und der Stadt angespannt – und zwar, seit die Ministerin den Lobautunnel gekippt hat. Bis heute steht eine Klage der Stadt im Raum.