Wien Energie U-Kommission: Mails als wichtigster Beweis erörtert
Im Wiener Rathaus ist am Mittwoch die gemeinderätliche Untersuchungskommission zur Wien Energie fortgesetzt worden. Es ist jenes Gremium, das die Kredite an den Versorger prüft, die im vergangenen Sommer für gehöriges Aufsehen sorgten. Nachdem in den vergangenen Sitzungen vor allem die Polit-Prominenz bzw. Spitzenbeamte und die Vertreter von Wien Energie sowie Stadtwerken Rede und Antwort gestanden sind, wurden für den heutigen Termin eher weniger bekannte Zeugen geladen.
Den Auftakt im Befragungsreigen machte ein Mitarbeiter der Finanzabteilung MA 5. Er wurde gebeten, darüber Auskunft zu geben, ob und wie er in jene Gespräche involviert war, die der Kreditvergabe durch die Stadt vorausgegangen sind. Tatsächlich handelte es sich um jenen Mann, der die Genehmigungsakten formuliert hat. Er habe dies im Auftrag seines Vorgesetzten getan, betonte er.
"Wording" erarbeitet
Ob die Vorgangsweise, also etwa die Anwendung der Notkompetenz in dieser Form rechtmäßig war, könne er nicht beurteilen, versicherte der Zeuge. Seine Aufgabe sei es unter anderem gewesen, das "Wording" gemeinsam mit den Stadtwerken zu erarbeiten.
Er verhehlte jedoch nicht, dass ihn die Erstinformation darüber, dass ein derartiges Darlehen in die Wege zu leiten sei, erstaunt hat. Es habe sich um ein "sehr ungewöhnliches" Ersuchen gehandelt, sagte er. Immerhin stand im ursprünglichen Antrag der Stadtwerke ein Betrag von 2 Mrd. Euro. Dieser wurde letztendlich auf 700 Mio. Euro reduziert - wobei wenig später der exakt gleiche Betrag noch einmal als Rahmen fixiert wurde.
"Prominentester Beweisgegenstand"
Ein erstes Konzept für den Notkompetenzakt haben die Stadtwerke selbst geliefert. Jener Mann, der damit betraut wurde, wurde heute ebenfalls als Zeuge befragt. Er hat in diesem Zusammenhang ein E-Mail verfasst, das inzwischen als "prominentester Beweisgegenstand" gilt, wie der Vorsitzende der Kommission, Richter Martin Pühringer, anmerkte. Der Stadtwerke-Mitarbeiter übermittelte nämlich der MA 5 einen Text mit dem Hinweis, dass "wie besprochen" die vom Bürgermeister gewünschten Ergänzungen betreffenden einer Klausel ("Freistellung") noch vorzubereiten seien.
Das Mail wurde am 12. Juli übermittelt. Darum wird vor allem von der Opposition gemutmaßt, dass Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) schon vor diesem Datum aktiv in die Erstellung des Notkompetenzaktes involviert war. Ludwig selbst hat angegeben, in jenen Tagen zwar schon Gespräche zum Thema Wien Energie geführt zu haben, den Akt aber erst danach gelesen bzw. unterzeichnet zu haben.
Missverständnis
Im Zeugenstand stellte der Stadtwerke-Mitarbeiter das Mail nun als Folge eines Missverständnisses dar. Er habe vom Generaldirektor der Wiener Stadtwerke, Martin Krajcsir, den Auftrag erhalten, einen Rohentwurf vorzubereiten, berichtete er. Dieser solle "Fleisch und Knochen" für die Experten im Magistrat liefern, erläuterte der Zeuge. Dabei sei er von Krajcsir auch gebeten worden, die Klausel in das Papier aufzunehmen.
Infos an MA 5 weitergeleitet
Da er nicht genau gewusst habe, was das bedeute, habe er diese Information an die MA 5 weitergegeben - in der Annahme, dort wisse man Bescheid. "Ich bin davon ausgegangen, das ist abgeklärt worden." Und da er einen Akt für den Bürgermeister vorbereitet habe, habe er angenommen, auch der Wunsch nach der Klausel sei von dort gekommen. Immerhin sei der Bürgermeister das "unterzeichnende Organ" gewesen.
Es habe sich jedenfalls um ein internes Mail gehandelt und die Klausel sei dort auch nur ein Detail gewesen, gab der Zeuge zu bedenken. Heute würde er diese Formulierung nicht mehr verwenden, beteuerte er.
Liquiditätsengpass
Die Wien Energie musste im Vorjahr für den Börsenhandel mit Strom und Gas infolge der Preissprünge exorbitant hohe Sicherheiten hinterlegen. Das Unternehmen konnte diese ab dem Sommer nicht mehr aus eigener Kraft aufbringen. Bürgermeister Ludwig hat deshalb per Notkompetenz insgesamt 1,4 Mrd. Euro bereitgestellt.
Der Liquiditätsengpass und die Notkredite des Bürgermeisters wurden Ende August publik, als auch diese 1,4 Mrd. Euro knapp wurden. In der Folge sprang der Bund ein. Inzwischen wurde eine neue städtische Kreditlinie beschlossen, die jene der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) ersetzt.