Widerstand gegen Mindestsicherung neu: „Das ist ein Kahlschlag“
Von Josef Gebhard
„Denn sie wissen nicht, was sie tun“, lautet Peter Hackers nüchternes Urteil über die Pläne der türkis-blauen Bundesregierung für die Mindestsicherung. Die Beamten des SPÖ-Sozialstadtrats haben sich ausgerechnet, welche Auswirkungen das Vorhaben auf Wien haben würde.
Hacker spricht von „eklatanten“ Kürzungen, die vor allem die Kinder betreffen würden. Demnach würden fast 33.000 der 44.000, die derzeit in Wien Mindestsicherung beziehen, mit Inkrafttreten der Neuregelung weniger Geld bekommen. „Die Regierung erzählt uns dauernd den Schmäh mit den Migranten, die in das Sozialsystem einwandern. Hier sieht man aber, dass es ein Kahlschlag im Sozialsystem ist, der alle betreffen wird“, sagt Hacker.
Zur Veranschaulichung legt er Zahlen vor. Derzeit gibt es gemäß der Wiener Regelung für Familien pro Kind 233,02 Euro im Monat – egal wie viele Kinder die Familie umfasst. Laut Vorschlag der Regierung bekäme das erste Kind noch 215,76 Euro, bei dem dritten wären es aber nur mehr 43,15 Euro. Inklusive dem geplanten Alleinerzieherinnen-Bonus wären es beim ersten Kind zwar 315,76 Euro, das dritte stiege mit 93,15 Euro aber ebenfalls wesentlich schlechter aus als bisher (siehe Grafik).
Demgegenüber habe sich die neue Wiener Mindestsicherung, die seit 1. Februar gilt, bewährt. Im Mai 2018 gab es laut Hacker 135.419 Bezieher – um zehn Prozent weniger als im Mai 2017. „Das ist ein größerer Rückgang als bei den Arbeitslosen-Zahlen. Daran sieht man den positiven Effekt der Reform“, betont der Stadtrat.
Er kritisiert, dass die Regierung bisher „jedes ernsthafte Gespräch“ verweigert habe. Wien werde jedenfalls ein „Bollwerk“ gegen die Kürzungen sein. „Bei der Wahl der Mittel werden wir kreativ sein.“ Unter anderem stellt Hacker eine Verfassungsklage in den Raum.
„Eiskalt und schäbig“
Für die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein ist das Vorgehen der türkis-blauen Regierung „eiskalt und schäbig. Es wird alle treffen: Alte Schwache, Kranke, Behinderte, nicht arbeitsfähige Menschen“, ist sie überzeugt.
Bei der ÖVP reagiert man erwartbar: „Die rot-grüne Reformverweigerung wird einzementiert“, sagt Stadtrat Markus Wölbitsch. „Obwohl die Stadt nur 20 Prozent der Einwohner hat, leben hier mehr als die Hälfte aller Mindestsicherungsbezieher. Damit ist die Mindestsicherung in Wien zu einem bedingungslosen Grundeinkommen verkommen.“
„Kein Grundeinkommen“
Hacker weist das entschieden zurück: Fast 75 Prozent der Bezieher bekämen die Mindestsicherung als Ergänzungsleistung zu einem bestehenden Einkommen. „Sie ist also keineswegs ein Grundeinkommen, wie es uns die Regierung immer glauben machen will.“