Weingärten dürfen nicht mehr verbaut werden
Von Bernhard Ichner
Eine Villa am Nussberg mit Blick auf die Donau. Auf einem Grundstück, auf dem früher Wein angebaut wurde.
Das wird es künftig nicht mehr geben.
Ein neues Landesgesetz zum Schutz des Wiener Weinbaus schreibt nämlich seit Kurzem zwingend vor, dass Rebflächen bewirtschaftet werden müssen. Oder mit anderen Worten: Weingarten bleibt Weingarten – er steht quasi unter Denkmalschutz.
Durch die Gesetzesnovelle soll Immobilien-Spekulationen ein Riegel vorgeschoben werden. Nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass 60 Prozent der Wiener Weinbauflächen Pachtgründe sind.
Acht Jahre Zeit
Wird eine Fläche gerodet, so verpflichtet das neue Gesetz den Eigentümer bzw. Bewirtschafter, sie innerhalb von acht Jahren wieder zu bepflanzen. (Der Toleranz-Zeitraum kommt zum Beispiel älteren Winzern zugute, die einen Weingarten nicht mehr selbst nutzen und ihn verpachten, verkaufen oder vererben wollen.)
Wer sich nicht an die Vorgabe hält, riskiert eine Verwaltungsstrafe von bis zu 5000 Euro. Kontrolliert wird die Einhaltung durch die MA58, die Landwirtschaftskammer sowie durch die lokalen Weinbauvereine.
Die sogenannte „Bewirtschaftungsverpflichtung“ betrifft all jene Gründe, die mit 1. Jänner 2015 im Wiener Rebflächenverzeichnis als Weingarten eingetragen sind – insgesamt rund 680 Hektar.
Bei der „WienWein“-Gruppe – die sechs Winzer bewirtschaften rund 40 Prozent der gesamten Wiener Weinbaufläche – sieht man die Novelle an große Errungenschaft an. Als Reaktion auf Proteste gegen die Einschränkung von Eigentumsrechten sagt Winzer Rainer Christ: „Wir finden den Eingriff gerechtfertigt, weil es darum geht, den Wiener Weinbau als Kulturgut zu schützen.“
Gemischter Satz
Nach dem Schutz des Wiener Gemischten Satzes durch die reglementierte Herkunftsbezeichnung DAC erfüllte der Gesetzgeber mit der Bewirtschaftungspflicht bereits die zweite langjährige Forderung der WienWein-Winzer.
Wobei die Geschichte des Wiener Aushängeschildes mittlerweile ohne Übertreibung als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden darf: Wurde 2013 noch auf rund 130 Hektar Gemischter Satz (also mindestens drei verschiedene Weinsorten, die gemeinsam gelesen und verarbeitet werden) ausgepflanzt, so waren es 2014 bereits rund 150 Hektar. Somit lief der Paradewein der Wiener Winzer dem Grünen Veltliner Platz eins punkto Anbaufläche ab. Mittlerweile entfallen rund 30 Prozent des Wiener Weißweins auf GS und etwa 27 Prozent auf GV. Dahinter rangieren Riesling, Weißburgunder und Chardonnay auf den Plätzen.
62 Winzer produzieren mittlerweile einen Wiener Gemischten Satz. Die Exportmenge nahm von ursprünglich 5700 Flaschen im Jahr 2007 (nachdem sich die WienWein-Gruppe gegründet hatte) auf knapp unter 100.000 Bouteillen im vorigen Jahr zu.
Den größten Anteil daran hat die WienWein-Gruppe, der neben Thomas Podsednik vom Stadtweingut Cobenzl, Fritz Wieninger, Rainer Christ, Thomas Huber, Gerhard Lobner (Mayer am Pfarrplatz) sowie Michael Edlmoser angehören. Die sechs Weingüter bewirtschaften gemeinsam rund 270 Hektar, etwa 40 Prozent der gesamten Wiener Weinbaufläche. Im Jahr füllen sie rund 1,2 Millionen Flaschen. Etwa 350.000 davon gehen in den Export.
Lagenklassifizierung
Als nächster Schritt schwebt den Top-Winzern nun die sogenannte Lagenklassifizierung vor. Das bedeutet, dass Rebflächen nach ihrer Wertigkeit benannt (und bewertet) werden.
Im Vorbild-Land Frankreich klärt etwa die Bezeichnung „Grand Cru“ den Konsumenten auf, dass es sich beim Wein aus einer besonders guten Lage um ein (wörtlich übersetzt) „Großes Gewächs“ handelt. In Wien, wo sich der Weinbau im Wesentlichen auf Nussberg, Kahlenberg, Bisamberg und Maurerberg (Georgenberg) konzentriert, könnte dann etwa „Große Lage“ oder „Erste Lage“ auf dem Etikett von Top-Weinen stehen. Anders als in Frankreich soll allerdings nicht jeder Wein, der auf einer Großen Lage gedeiht, automatisch als "Großes Gewächs" gelten dürfen, stellt Winzer Fritz Wieninger klar.
Um die Voraussetzungen zu schaffen, evaluiert der WienWein-Verein nun auf privater Basis die Eigenschaften der besten Wiener Lagen. Als Basis dient der detailgenaue Weinbaukataster. Die Lagenklassifizierung, ist Lobner überzeugt, nütze "nicht nur uns, sondern der gesamten Branche und auch dem Ruf der Wein-Stadt Wien".