Chronik/Wien

Warum die ganze Aufregung um den Akademikerball?

Es ist seit Jahren ein ungeschriebenes Gesetz: Während am Abend Rechte aus ganz Europa in der Hofburg feiern, werden tausende Menschen in der Wiener Innenstadt dagegen demonstrieren. Zum dritten Mal steht der Wiener Akademikerball unter der Schirmherrschaft der FPÖ, insgesamt findet der ehemalige "Wiener Korporationsball" zum 64. Mal statt.

Wie hat das alles angefangen?

Am 4. Februar 1952 fand der Ball das erste Mal im Wiener Konzerthaus statt, später wurde er in die Hofburg verlegt. Von 1952 bis 2012 wurde er als "Wiener Korporations-Ball" vom Wiener Korporationsring (WKR) veranstaltet. Der WKR selbst, gegründet am 18. Jänner 1952, ist ein Zusammenschluss von Wiener Studentenverbindungen, darunter vor allem schlagende Burschenschaften. Laut dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes geben weit rechts stehende Burschenschaften im WKR den Ton an, er wird als rechtsextremer Verein eingestuft.

Warum gibt es den Ball und wer geht dort hin?

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Der Ball ist ein Vernetzungstreffen der Rechten und Rechtsextremen aus ganz Europa. Über das Parkett tanzen Politiker und Aktivisten, Burschenschafter und ihre Sympathisanten. Auf den Gästelisten der vergangenen Jahre fanden sich neben Vorsitzenden der NPD Namen wie Filip Dewinter vom belgischen Vlaams Belang, Alexander Dugin, russischer Antisemit und Rechtsextremist, der spanische Neofaschist Enrique Ravello oder Mitglieder der französischen Le-Pen-Familie. Dennoch verliert der Ball als Treffpunkt für Rechte mehr und mehr an Bedeutung. Die Anzahl der Demonstranten übersteigt die der Ballgäste mittlerweile um ein Vielfaches. Seit die FPÖ Wien die Veranstalterrolle übernommen hat, bleiben etwa viele deutsche Korportierte aus, weil sie keine Lust darauf haben, eine Parteiveranstaltung zu besuchen.

Warum wurde aus dem WKR-Ball der Wiener Akademikerball? Und was ist jetzt anders?

Weil der Ball der Rechten ausgerechnet an solch einem geschichtsträchtigen Ort wie der Hofburg veranstaltet wird, wurde die Kritik daran von Jahr zu Jahr lauter und heftiger. Im Jahr 2011 beschloss die Hofburg BetriebsgesmbH, die Räumlichkeiten nicht mehr für den Ball zur Verfügung zu stellen. Die Veranstalter und die FPÖ bemühten sich jedoch um eine Fortführung – und waren erfolgreich. Der Ball wurde in "Wiener Akademikerball" unbenannt, die FPÖ Wien neuer Veranstalter – und der Ball blieb in der Hofburg. Die Hofburg-Betreibergesellschaft begründete diese Entscheidung mit den Worten: "Wir stehen allen im österreichischen Parlament vertretenen Parteien offen. Wir sind ein Haus der Republik." Inhaltlich hat sich an der Veranstaltung aber nichts geändert, für Kritiker ist die Umbenennung bloße Maskerade.

Wie kam es zu den Demonstrationen?

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Bis Mitte der 2000er Jahre wurde dem WKR-Ball in der Öffentlichkeit wenig Beachtung geschenkt. Als mehr und mehr bekannt wurde, dass regelmäßig Vertreter der extremen Rechten Europas auf der Gästeliste standen, gingen die ersten Proteste los. Seit 2008 gibt es jährlich organisierte Demonstrationen gegen den Ball. Es kam wiederholt zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Demonstranten. 2010 wurde die Demo erstmals von der Polizei untersagt, im darauffolgenden Jahr wieder. Dennoch versammelten sich jedes Mal tausende Demonstranten. Polizeibeamte kesselten die Masse ein - es kam zu Auseinandersetzungen und hunderte Menschen wurden wegen Verwaltungsübertretungen angezeigt. Im April 2013 entschied der österreichische Verfassungsgerichtshof, dass das Verbot der Anti-WKR-Demo im Jahr 2011 verfassungswidrig war: Demonstrationen dürften nicht wegen möglicher Zusammenstöße untersagt werden, die Polizei müsste sich im Fall des Risikos von Zusammenstößen zwischen beide Gruppen stellen, um die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.

Wird auch heuer wieder demonstriert?

Ja. Bis zu 2.800 Polizisten werden rund um die Wiener Hofburg im Einsatz sein, um Ballbesucher und Demonstranten zu trennen. Ab 16.00 Uhr wird die Umgebung der Hofburg gesperrt und der Verkehr über die Straßenbahnlinie zwei umgeleitet.

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Die größte Demonstration wird ab circa 17 Uhr von der Universität durch die Innenstadt bis zum Museumsquartier ziehen. Die Polizei rechnet mit mehr als 3.000 Teilnehmern, die Veranstalter ("Offensive gegen Rechts") mit rund 10.000. Daneben gibt es noch zwei weitere Protest-Züge. Außerdem wird es erneut eine von der Plattform "Jetzt Zeichen setzen!" organisierte Veranstaltung mit Reden und Musik am Heldenplatz geben. Zusätzlich sind noch drei weitere Standkundgebungen geplant. Auch die FPÖ hat vier Kundgebungen in der Innenstadt angemeldet.