Chronik/Wien

Volksanwalt prüft Psychiatrie im Otto-Wagner-Spital

Nach dem möglichen Übergriff eines erwachsenen Psychiatrie-Patienten auf eine minderjährige Patientin im Otto-Wagner-Spital schaltet sich jetzt auch die Volksanwaltschaft ein. Wie berichtet, kam es am 12. Juni zu einem Vorfall, der der Polizei zur Anzeige gebracht wurde. Dem Vernehmen nach hat sich der Mann mit der 13-Jährigen in einem Waschraum eingesperrt, die Tür musste aufgebrochen werden. Der Krankenanstaltenverbund (KAV) hat eine interne Revision eingeleitet.

„Seit Jahren warnen wir eindringlich vor Gefahren und Folgen der Fehlplatzierung von psychisch erkrankten Kindern unter kranken Erwachsenen. Statt Lösungen hören wir immer wieder Vertröstungen und neue Absichtserklärungen“, sagt Volksanwalt Günther Kräuter. Er hat eine Untersuchung der Causa eingeleitet.

Kräuter kritisiert, dass aufgrund von Engpässen auf den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Abteilungen nach wie vor junge Patienten auf Erwachsenenstationen verlegt würden. Dies würde in Wien im Durchschnitt pro Tag zwei Mal passieren. Diese Unterbringung in einem „völlig ungeeignetem Umfeld“ würde eklatant im Widerspruch zu Patientenrechten und der UN-Kinderrechtekonvention stehen.

Kritik kommt auch von Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz. „Der aktuelle Fall ist ein weiterer trauriger Anlass dafür, den KAV darauf hinzuweisen, dass er endlich seine Hausaufgaben machen muss“, fordert sie einen raschen Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Betten in Wiens Spitälern.

Ausbau im Verzug

Zwar habe der KAV angekündigt, die Versorgung am Rosenhügel auszubauen, „doch das dauert und dauert“, kritisiert Pilz. Sie habe dem Spitalsträger vorgeschlagen, dass als Übergangslösung getrennte Stationen für Kinder auf den Erwachsenen-Abteilungen eingerichtet werden, die ausschließlich mit jungen Patienten belegt werden. Doch seitens des KAV habe man betont, dass dem rechtliche Gründe entgegenstehen würden.

Laut dem Bericht der Patientenanwaltschaft für 2016 waren damals insgesamt 162 Patienten unter 18 Jahren auf Psychiatrie-Abteilungen für Erwachsene untergebracht. Laut Messziffern des Österreichischen Strukturplans Gesundheit (Stand 2016/17) müssten es in Wien 128 bis 208 Betten für junge Patienten geben. „Tatsächlich“, so Pilz, „haben wir nur 56 und weitere 20 tagesklinische Betten“.