Chronik/Wien

Überfallserie auf Frauen geklärt

Kurz vor der Pressekonferenz hängt die Polizei-Sprecherin ein Plakat auf, das den Kriminalfall auf den Punkt bringt: In der Mitte prangt das Konterfei eines Rumänen, 21, der zumindest für acht Überfälle auf Frauen verantwortlich sein soll. 1,88 Meter groß, durchtrainiert, gefühlskalt – so beschreiben ihn Ermittler. Ringsum sind die Bilder der acht Tatorte zu sehen, darunter seine Waffe – eine Eisenstange, mit der er mehrfach zugeschlagen haben soll.

Wochenlang jagten in Wien Polizisten den "Räuber von Favoriten". Einer Streife ging am Samstag um 1.30 Uhr ein Mann ins Netz – und zwar abseits des Hotspots in Rudolfsheim-Fünfhaus. Erst später stellte sich heraus – es ist der Gesuchte.

Am Montag zeigte sich Gerhard Pürstl, der Wiener Polizeipräsident, vor Journalisten sichtlich erleichtert. "Das war die schwierigste Situation in meiner Zeit als Polizeipräsident."

Die unheimliche Serie begann am 23. März in Favoriten. Nach dem zweiten Coup zwölf Tage später ging man davon aus, dass ein Serientäter am Werk war. "Wir wussten anfangs nicht viel. Nur: Dass er nochmals zuschlagen wird und auch den Tod der Opfer in Kauf nimmt", schildert Pürstl.

Der Mann ging immer gleich vor: Er lauerte nachts Frauen zwischen 13 und 45 Jahren auf, schlug oft von hinten mit einer Eisenstange zu, flüchtete dann mit den Handtaschen.

Hundert Beamte in Zivil

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Im Visier war der Hotspot – ein Grätzl in Favoriten. Hunderte Passanten wurden Befragt, Gehsteige gefilmt. In den Straßenzügen lagen hundert Beamte in Zivil auf der Lauer – und beschützten die Bewohner. "Wir begleiteten unbemerkt potenzielle Opfer sicher nach Hause", erklärte Michael Mimra vom Wiener Landeskriminalamt.

Mitte April hatte die Polizei den richtigen Riecher: Der Mann, ein Tagelöhner, der sich auch am "Arbeiterstrich" und in Wettbüros herumtrieb, spazierte durch das Viertel, ein Werkzeug, einen Geißfuß , mit dabei. Den "habe er gefunden", gab er später an. Spezialisten suchten nach Spuren an seinen Kleidern und auf dem Werkzeug. Danach zeigte man einigen Opfern den Verdächtigen – alles vergebens. Ermittler Robert Klug: "Wir mussten ihn wieder gehen lassen."

Acht Tage später schlug der Unbekannte ein Mädchen, 13, spitalsreif. Die Opfer wurden schwer verletzt: Eine 25-Jährige ist noch auf der Intensivstation, ein anderes auf einem Auge erblindete. Neben Raub ermittelt die Polizei auch wegen Mordversuchs. Zeugen und ein Opfer halfen einem Polizeizeichner, ein Phantombild anzufertigen. Wie sich nun zeigt, hat es nichts mit dem Verdächtigen gemein. Mimra: "Das zeigt, wie schwierig die Ermittlungen waren."

Samstagfrüh konnte ein Überfallopfer die Polizei verständigen. Der Fall war zu harmlos und zu weit weg vom Hotspot, um ins Schema zu passen. Doch rasch brachte man ihn in Verbindung mit der Serie. Acht Taten lasten ihm Ermittler an, sieben gestand er. Weitere Fälle werden aufgerollt (Hinweise: 01-31310/33800). Was sagt der Verdächtige? "Er gibt das emotionslos zu", erklärt Mimra.

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Auf Interesse stößt die Festnahme des 21-Jährigen auch bei Tiroler Ermittlern. Sie wollen nun prüfen, ob der Verdächtige etwas mit dem Mord an einer französischen Studentin (siehe Bild oben rechts) zu tun hat. "Es ist zwar keine heiße Spur, aber es gibt Ähnlichkeiten beim Modus Operandi", erklärt Walter Pupp, Chef des Tiroler Landeskriminalamtes.

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Auf Interesse stößt das Vorgehen des mutmaßlichen Serienräubers von Wien. Er soll in einigen Fällen eine Eisenstange eingesetzt haben – und mit einer solchen wurde auch die 20-jährige Frau erschlagen. Die Leiche der Studentin aus dem französischen Lyon wurde am 12. Jänner dieses Jahres von Polizisten am Ufer des Inns entdeckt. Die Frau hatte in Kufstein ein Auslandssemester absolviert. Freunde und Studienkollegen hatten sie bereits als vermisst gemeldet. Die Todesursache waren laut Obduktion heftige Schläge auf den Kopf. Von der Tatwaffe fehlte anfangs jede Spur. Taucher fanden die Eisenstange später im Inn.

- Eine 24-Jährige wird auf der Triester Straße 52 in Wien-Favoriten von einem Mann niedergeschlagen und beraubt. Sie erleidet bei der Attacke eine Rissquetschwunde unter dem Auge und verliert einen Zahn. Der Täter raubt ihr das Mobiltelefon, die Bankomatkarte sowie Bargeld aus der Handtasche und flüchtet. Die Frau hatte auf dem Heimweg den Nachtbus versäumt und war deshalb zu Fuß stadtauswärts unterwegs gewesen.

4. April - Eine 24-Jährige wird um 3.20 Uhr in der Eschenallee 2 in Favoriten überfallen.

6. April - Eine 25-jährige ÖVP-Mitarbeiterin wird in der Hardtmuthgasse 106 Opfer des Täters. Der Verdächtige schlägt die Frau bei dem Überfall mit einer Art Eisenstange nieder und beraubt sie. Die Verletzungen sind so massiv, dass sie seitdem in einem Wiener Spital auf der Intensivstation liegt.

11. April - Der Tatverdächtige 45-Jährige schlägt in der Gasse "Zur Spinnerin" 53 in Favoriten eine 45-Jährige Frau wiederum mit einem metallenen Gegenstand nieder und beraubt sie. Das Opfer muss mit schweren Kopfverletzungen stationär im Spital behandelt werden.

15. April - Der Verdächtige überfällt um 22.00 Uhr eine 40-Jährige Frau in der Inzersdorfer Straße 76 - 80 in Favoriten.

19. April - Ein erst 13 Jahre altes Mädchen wird am Karsamstag am Nachhauseweg in der Davidgasse mit einem metallenen Gegenstand massiv gegen den Kopf geschlagen, danach flüchtet der Täter mit der Handtasche der Opfers. "Die Beute waren zehn Euro", sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger. Diese Tat will der Mann aber nicht begangen haben.

26. April - Das letzte Opfer des mutmaßlichen Täters, eine 21-jährige Frau, wird um 1.20 Uhr in der Reindorfgasse in Wien-Fünfhaus überfallen. Sie kann nach der Tat die Polizei rufen, die den Rumänen festnimmt.