Tourismus in Stammersdorf: "Wollen kein Event-Dorf werden"
Von Anna-Maria Bauer
„Naja, wissen’S“, sagte eine Münchner Touristin unlängst zu Heurigenwirt Leopold Klager. „Gestern waren wir in Grinzing, aber heute sind wir in Stammersdorf beim Heurigen.“
Sie hatte die Sätze ohne viel Beachtung ausgesprochen, aber Leopold Klager, Obmann des Weinbauvereins Stammersdorf, hätte sich über kaum eine Aussage mehr freuen können: Dass eine Wien-Besucherin den Begriff „Heurigen“ zu Stammersdorf und nicht zu Grinzing stellte.
Denn Stammersdorf ist mit seinen knapp 200 Hektar Weingebiet am Bisamberg zwar die größte Weinbaukatastralgemeinde Wiens. (Der Nussberg ist größer, teilt sich aber in verschiedene Gemeinden wie Neustift, Sievering, Grinzing oder Nussdorf auf, Anm.)
Dennoch hat sich Leopold Klager mit dem Umstand abgefunden, dass bei Wien-Touristen Grinzing weitaus höher auf der Prioritätenliste rangiert als Stammersdorf.
Und diesen Rang möchte er Grinzing auch nicht ablaufen. Dennoch hat er sich mit seinem Weinbauverein vor einigen Jahren das Ziel gesetzt, die Buschenschanken bei Wienern von der anderen Seiten der Donau ebenso wie bei Urlaubern bekannter zu machen.
Wienerlied-Frühling bis Advent beim Heurigen
Diesbezüglich war der Verein in den jüngsten Jahren äußerst aktiv: Die Stichworte zu den Veranstaltungen, die Leopold Klager im Vorfeld des Interviews gemacht hat, füllen dreiviertel eines A4-Zettels: Am 5. März fand etwa zum zweiten Mal das Fasching eingraben statt.
Von Mai bis Juni gibt es, ebenfalls zum zweiten Mal, den Wienerlied Frühling mit musikalischen Einlagen an unterschiedlichen Tagen in unterschiedlichen Betrieben. Und der Advent in Stammerdorf mit Glühwein und geschmückten Bäumen vor jeder Buschenschank sei so gut angekommen, dass sie es bestimmt wiederholen würden.
Zwei neue Events sind auch bereits durchgeplant: Zum einen das Jungweinstrassln Mitte April. Außerdem möchte Oliver Kaminek, vormals Tontechniker, seit 2011 Betreiber eines Bio-Hofs und Schriftführer des Weinbauvereins ist, ab heuer Kräuterführungen samt Weinverkostungen am Bisamberg anbieten.
Punktuelle Großevents würden der Verein keine mehr planen, meint Leopold Klager. Ja, mit dem Mailüfterl (4. bis 5. Mai 2019), den Stammersdorfer Weintagen (24. und 25. August) sowie den Stürmischen Tagen (5. und 6. Oktober) haben dem Heurigengrätzel in den vergangen Jahrzehnten einen Namen über Bezirks- und Stadtgrenze hinaus verschafft.
Kein "Rambazamba"
„Aber wir wollen kein Event-Dorf werden, kein Rambazamba, nicht busweise Touristen“, sagt Leopold Klager. Man wolle den sanften Weg gehen, sei der Weinort der Entschleunigung und Ruhe gewidmet. Dazu passe die älteste Veranstaltungstradition, die Wallfahrt nach Mariahilf. Sie jährt sich heuer übrigens zum 320. Mal.
Jedenfalls gebe es für diesen Fokus offenbar eine Zielgruppe. In den vergangenen zehn Jahren haben vier neue Betriebe aufgesperrt.
Etwas richtig Touristisches gibt es aber doch: HopOnHopOff-Bus fährt zwar keiner nach Stammersdorf, dafür hat der Betreiber der Liliputbahn den Heurigenexpress organisiert, der frei-, sam-, sonn- und feiertags durch das Grätzel fährt.
Der Weinort
Weinbauverein Stammersdorf umfasst 34 Betriebe; 29 davon sind Originalheurigen, mit ausgestecktem Föhrenbuschen und eigens angebauten Wein. In den vergangenen zehn Jahren haben vier Betriebe aufgesperrt. Angebaut wird der Wein am Bisamberg. Mit den knapp 200 Hektar ist Stammersdorf die größte Weinbaukatastralgemeinde Wiens.
Zur Homepage des Weinorts geht es hier.