Chronik/Wien

"Systematische Zerstörung": Wenn sich Ärger am Wahlplakat entlädt

Es sei "eine beispiellose Welle der Zerstörung von Wahlplakaten", was Wien dieser Tage erlebt. Dieses Statement veröffentlichte die ÖVP Wien am Donnerstag. Das Phänomen, dass Wahlwerbung von Wählern verschandelt wird, gibt es freilich im ganzen Land. So schlimm wie heuer, sei es aber wohl noch nie gewesen, sagt Peter Sverak, Landesgeschäftsführer der Wiener Volkspartei.

Je näher die Nationalratswahl am 29. September rückt, desto mehr "Verzierungen" sind auf den Wahlplakaten der verschiedenen Parteien zu sehen. Am häufigsten zu sehen sind wohl Bärte, die Politikern über die Lippen gemalt werden und die in den meisten Fällen einen Vergleich mit Hitler bezwecken. Daneben prangen aber immer öfter auch Hakenkreuze - und das kann für die Vandalen Konsequenzen haben. 

Bis zu 20.000 Euro Strafe

Symbole aus der Zeit des Nationalsozialismus zu verwenden, fällt in Österreich unter das Verbotsgesetz. Erst im Vorjahr wurden die Strafen für solche Handlungen erhöht. Wer verbotene Symbole verbreitet oder trägt, muss künftig mit Strafen bis zu 10.000 Euro rechnen. Im Wiederholungsfall drohen sogar 20.000 Euro Strafe

Aber auch Schmierereien, die nicht unter das Verbotsgesetz fallen, sind kein Kavaliersdelikt, sondern Sachbeschädigung. "Das Beschmieren eines Plakats stellt in den allermeisten Fällen eine Sachbeschädigung nach dem Strafgesetzbuch dar und ist somit ein Offizialdelikt. Eine Sachbeschädigung ist nach dem Strafgesetzbuch eine strafbare Handlung, die von Amts wegen verfolgt werden muss", erklärt die Wiener Polizei. Jeder kann solche Schmierereien also anzeigen und dem "Künstler" droht Strafverfolgung. Umso mehr stellt sich die Frage, warum anscheinend so viele Wähler für so eine Aktion eine Strafe riskieren. 

Der KURIER hat Kampagnen- und Kommunikationsberater Yussi Pick, von der P&B Agentur für Kommunikation gefragt. "Unsere Zahlen zeigen grundsätzlich, dass die Unzufriedenheit mit der Politik extrem hoch ist. Der Politik-Überdruss steigt und damit auch die Gereiztheit vieler Wähler". Der Ärger der Wähler wird dann offenbar an den Wahlplakaten ausgelassen. 

Und auch der raue Ton, der zwischen den verschiedenen Parteien herrscht, könnte ein Grund für den Vandalismus sein, denn dadurch wird auch der Umgang mit den Politikern möglicherweise rauer. 

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Die Wiener ÖVP sieht einen Angriff auf die Demokratie und vermutet sogar ein organisiertes Vorgehen: „Das sind keine herkömmlichen Vandalismusakte mehr, sondern koordinierte Aktionen, die bis in den letzten Winkel Wiens hinausreichen. Diese Angriffe treffen das Herz unserer Demokratie“, sagt Peter Sverak. 

Dass es sich tatsächlich um organisierte Verschandelungsaktionen handelt, kann die Wiener Polizei auf Anfrage nicht bestätigen. 

Was aber auf jeden Fall sehr professionell und organisiert ablief, war eine Aktion Anfang der Woche in Graz. Unbekannte hingen mehr als 100 gefälschte Wahlplakate an Haltestellen in der Stadt auf. Die Plakate zeigten etwa ÖVP-Kanzler Karl Nehammer mit dem austrofaschistischen Diktator Engelbert Dollfuß oder FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl, dem eine Nähe mit dem Nationalsozialismus vorgeworfen wird. Ein Bild, auf dem "Remigration jetzt" zu lesen ist, zeigt ein halbes Hakenkreuz. Die Plakate wurden sehr professionell hinter Glasvitrinen angebracht.