Chronik/Wien

Sterbehilfe im AKH: Frau wegen Mordes angeklagt

Ein todkranker Mann liegt im Wiener AKH. Er ist nicht mehr ansprechbar, wird künstlich beatmet. Am 6. April des Vorjahres verschlechtert sich sein Zustand massiv. Den Ärzten ist klar: Ihr Patient hat nur noch wenige Stunden zu leben. Sie informieren die Lebensgefährtin des Mannes. Sie eilt ins Spital – und soll  den Beatmungsschlauch aus seinem Hals gezogen haben. Nun gibt es gegen die 53-Jährige eine Mordanklage.

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Fünf Stunden. So lange hätte der 70-jährige Mann noch zu leben gehabt. Nicht mehr. Er hatte sich von einer Nierentransplantation nicht mehr erholt. Die Ärzte hatten zuvor beschlossen, dass bei einem Kreislaufstillstand keine Wiederbelebung eingeleitet werden sollte – dem Mann  war nicht mehr zu helfen.

Das Paar hatte vorausgedacht. Im Fall der Fälle, so versprach man sich, leistet man sich gegenseitig Sterbehilfe. "Ich wollte ihm diesen Wunsch erfüllen", sagte die Frau der Polizei.

"Wach auf"

Als sie an sein Bett eilte um sich von ihm zu verabschieden, schrie sie: "Wach auf! Du darfst mich nicht verlassen!" Eine Krankenschwester  kam zu ihr, klärte sie über den Sterbeprozess der kommenden Stunden auf. Dann wurde die Frau mit ihrem langjährigen Partner allein gelassen. "Ich war von der Situation überwältigt", schilderte sie. Sie sei nicht mit dem Vorsatz ins Krankenhaus gekommen, ihren Partner zu töten. Erst kurz davor habe sie sich dazu entschlossen, den Schlauch zu ziehen.

Als die Ärzte bemerkten, dass die Beatmungsschläuche aus der Sauerstoffversorgung gezogen worden waren, hatte die Frau das Krankenhaus bereits verlassen. Die Polizei nahm die Wienerin aber wenige Stunden später fest.

Verkürzung des Lebens

Die Staatsanwaltschaft Wien ist überzeugt: Auch eine Verkürzung des Lebens ist Mord. Auch dann, wenn der Tod des Opfers nur wenige Stunden später ohnehin eingetreten wäre. Zudem habe es sich nicht um eine Tötung auf Verlangen handeln können, weil der Lebensgefährte zu dem Zeitpunkt bewusstlos gewesen sei.

Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig, der Prozesstermin steht somit noch nicht fest. Die Frau befindet sich jedenfalls nicht in Untersuchungshaft.