"Das hätte ein zweites Woodstock werden können"
Von Elias Natmessnig
Das Holz ist abgewetzt, doch das stört Marcus Schober kaum. Viele Politiker sind schon hinter dem Redepult im Wiener Gemeinderats-Saal gestanden, für Schober ist es das erste Mal. "Fühlt sich gut an", sagt er und übt sogleich eine Rede.
Seit wenigen Tagen ist der 34-Jährige SPÖ-Gemeinderat in Wien. Es ist die nächste Station eines jungen Politikers, der auch jugendlich auftritt. Er trägt ein Hemd ohne Krawatte, Jeans und ein Sakko, die Haare sind an den Seiten kurz, oben mit Gel zu einer großen Welle zurückgekämmt.
Der Vater war einst bei der Wiener Berufsrettung, die Mutter selbstständig. "Unserer Familie ist sozial und konservativ", sagt Schober und lacht. Er hat die große Koalition also schon als Kind erlebt, "bis 16 war ich aber der klassische Jugendliche", erzählt Schober. Dann wird er Schulsprecher, später stößt er zur Jungen Generation. Die damaligen Studentenproteste an der Uni-Wien beobachtet er interessiert. "Das hätte ein zweites Woodstock werden können", sagt Schober, leider habe man sich aber nicht auf einen Sprecher geeinigt. "Ein Fehler."
Neben dem Studium der Politikwissenschaft ist Schober bereits im dritten Bezirk für die SPÖ tätig. 2004 wird er Mitarbeiter im Wahlkampf von Alfred Gusenbauer. Eine wichtige Lehrzeit. "Ich konnte seine Reden aus nächster Nähe studieren, direkt von ihm lernen", erzählt Schober, der 2004 auch den Wahlkampf von Heinz Fischer begleitet. In der Wiener SPÖ erkennt man das Talent, 2005 holt ihn der heutige Wohnbaustadtrat Michael Ludwig in die SPÖ-Bildung. 2007 beerbt Schober ihn als Bildungssekretär.
Rotes Lob
In der Partei hört man nur gutes über Schober. Er sei höchst innovativ, bringe die Projekte zu Ende, heißt es von mehreren Roten, wenn man sie auf den neuen Gemeinderat anspricht. "Er hat die SPÖ-Bildung weiterentwickelt, einige wichtige Ideen stammen von ihm", lobt ihn SPÖ-Parteimanager Georg Niedermühlbichler. Auch sein erster Förderer Michael Ludwig ist von ihm überzeugt: "Er wird in Zukunft sicher eine Rolle in der Wiener SPÖ spielen."
Im Jahr 2014 kommt der Ritterschlag: Schober wird Koordinator der Aktion "Wien macht Programm", das der SPÖ Wien ein neues, junges Parteiprogramm verschaffen soll. Noch im April will Schober dazu erste Details bekannt geben. Dass die SPÖ einen Erneuerungsprozess braucht, dürfte angesichts aktueller Umfragen klar sein. Dass die Partei hier einem Jungen vertraut, ist ein bemerkenswertes Signal.