Sprach-Café bringt Flüchtlinge und Wiener zusammen
Von Julia Schrenk
Ebrahim (21) aus Kabul, Afghanistan, und Martina (44) aus Wien sehen einander an diesem Abend zum ersten Mal. Aber die beiden finden gleich das Gespräch. Sie unterhalten sich über die Bücher von Khaled Hosseini – einem amerikanischen Schriftsteller afghanischer Herkunft (bekannt unter anderem durch den Roman "Drachenläufer"). "Seine Bücher sind sehr berührend", sagt Martina. Und Ebrahim gibt ihr recht. Dann beginnt der 21-jährige Afghane zu erzählen. Von seiner Heimat. Von den Unterschieden zwischen Kabul und Wien und von den Gedichten, die er schreibt.
Ebrahim und Martina nahmen am vierten Sprach-Café des Vereins "Wirtschaft für Integration" teil – diesmal in den Räumlichkeiten der Österreichischen Lotterien am Rennweg im dritten Bezirk. Dabei sollen Asylwerber (wie Ebrahim) mit Mitarbeitern der Lotterien (wie Martina) bei Guglhupf und Kaffee ins Plaudern kommen – auf Deutsch. Das soll schließlich geübt werden.
Seit Juni führt der Verein ein Mentoring-Programm für insgesamt 38 Asylwerber durch. Jedem Flüchtling steht dabei ein Mentor zur Seite. Dieser soll erste Kontakte mit der österreichischen Gesellschaft und Arbeitswelt herstellen.
Den Flüchtlingen werden Deutschkurse und Workshops ermöglicht. Finanzielle Unterstützung kommt vom Verein und der Wiener Wirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung, den Österreichischen Lotterien, den Firmen Kapsch, Der Mann und Hink.
Trostloses Warten
"Uns geht es darum, das Potenzial der Flüchtlinge zu erkennen und zu fördern", sagt Peter Wesely, Geschäftsführer des Vereins, dessen Schirmherr der ehemalige Raiffeisen-Generalanwalt und Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Christian Konrad, ist. Ob Asylwerbern eine Tagesstruktur ermöglicht wird – mit Deutschkursen und einer adäquaten Freizeitgestaltung – hänge vom Zufall ab. "Den Faktor Zufall wollen wir ausschalten. Ein laufendes Asylverfahren ist durch Inaktivität geprägt. Diese Zeit des Wartens ist unmenschlich", sagt Wesely.
Auch der 21-jährige Ebrahim muss warten. Und zwar seit eineinhalb Jahren. Bis jetzt wurde er von den Behörden nicht nach seinem Asylgrund befragt. Aber zumindest verbringt Ebrahim seine Wartezeit sinnvoll. Mithilfe des Vereins konnte Ebrahim einen Deutschkurs absolvieren und hat keinerlei Verständigungsschwierigkeiten.
Er hat ein Buch mit seinen Gedichten geschrieben und möchte das nun ins Deutsche übersetzen lassen. Er hat Freunde gefunden und Kontakte geknüpft. Und er will studieren: "Am liebsten Dolmetsch. Arabisch/Deutsch und noch eine Sprache", sagt Ebrahim.
Ein ausführliches Gespräch mit Mohammad Ebrahim Rahimi und eines seiner Gedichte - auf Persisch und auf Deutsch finden Sie