Chronik/Wien

SPÖ Wien: Trotz Wahl kein roter Waffenstillstand

"Wir werden alle an einem Strang ziehen", versicherte Bürgermeister Michael Häupl noch am Montag angesichts des unmittelbar bevorstehenden Nationalratswahlkampfes. Doch statt das Augenmerk auf den politischen Gegner zu richten, wollen die internen Querschüsse in der seit Monaten zerstrittenen Wiener SPÖ nicht aufhören.

Jetzt ließ Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger in einem Standard- Interview mit einem Statement zum Gerangel um die Häupl-Nachfolge aufhorchen: Der vor allem von Vertretern der Flächenbezirke favorisierte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig sei derzeit "kein einender Kandidat". Dies habe der Parteitag im April gezeigt. Dabei wurde Ludwig mit einem äußerst mageren Wahlergebnis von knapp 70 Prozent abgestraft. Noch nie hat sich ein derart hochrangiger Funktionär so offen gegen Michael Ludwig positioniert.

Im Ludwig-Lager kommt das gar nicht gut an: "Ich bin sehr überrascht. Ich hätte die Interview-Frage anders beantwortet", sagt Barbara Novak, Bezirksparteichefin in Döbling. "Noch am Montag bei der Vorstandssitzung herrschte Einigkeit darüber, dass die Personalfrage wie vereinbart bis nach der Nationalratswahl ad acta gelegt wird." Daran wollen sich die Ludwig-Unterstützer auch weiterhin halten, versichert Novak. "Es wird keine Gegenreaktion geben."

Für Novak bleibt Ludwig nach wie vor der ideale Kandidat. "Bis jetzt ist ja auch kein anderer bekannt." Dass Ludwig nach der Parteitag-Schlappe zu beschädigt ist, glaubt sie nicht: "Viele andere Funktionäre haben dort ja auch schlecht abgeschnitten. Vielleicht war das sogar ein reinigendes Gewitter." Und: "Es muss sich erst einmal ein Gegenkandidat finden, der wie Ludwig auf eine Zustimmung von zwei Drittel der Delegierten kommt."

In anderen Teilen der Partei kommen Frauenbergers Aussagen durchaus an: "In den vergangenen Wochen haben seine Unterstützer immer wieder Ludwig ins Spiel gebracht. Jetzt hält mit Frauenberger die andere Seite die Flagge hoch. Damit ist die Balance wieder da. Frauenberger kann sich exponieren, weil sie selbst als Häupl-Nachfolgerin nicht infrage kommt", sagt ein Funktionär der namentlich nicht genannt werden will. Er glaubt nicht, dass dies der Partei im Wahlkampf schaden werde. In seinen Augen habe Ludwig das Rennen um die Parteispitze längst verloren: "In einem Großteil der aktiven Basis der Partei herrscht ein großer Widerwille gegen ihn."

Ludwig selbst will sich zu Frauenbergers Statement nicht äußern. Zuletzt hatte er immer wieder betont, dass er auf jenes Drittel der Genossen, die ihn beim Parteitag nicht unterstützt haben, zugehen will.