SPÖ-Novak zu Kopftuch: "Gerade bei den jungen Mädchen kann nur Zwang im Spiel sein"
Von Josef Gebhard
Michael Ludwigs neue Parteimanagerin Barbara Novak erklärt, wie sie die Partei umbauen und einen will.
KURIER: Sie wollen künftig die Bezirksparteien enger einbinden. Wo orten sie derzeit deren Hauptprobleme und Anliegen?
Barbara Novak: 2020 haben wir nicht nur eine Gemeinderats-, sondern auch eine Bezirksvertretungswahl. Dabei stehen 23 Bezirksorganisationen auf dem Prüfstand. Die Landespartei soll eine Serviceorganisation für sie sein, die sie in ihrer Arbeit unterstützt. Von der Kommunikation bis hin zur politischen Analyse. Umgekehrt haben wir sehr viel Expertise in den Bezirken. Die Funktionäre haben engen Kontakt mit den Menschen und wissen, wo der Schuh drückt.
Stimmt der häufig geäußerte Befund, dass die Interessen der großen Flächenbezirke von Rot-Grün zu wenig vertreten werden?
Es gibt in den Außenbezirken in der Regel ganz andere gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Etwa mehr Arbeitslosigkeit und einen geringeren Bildungsstandard. Wir müssen den Spagat schaffen, sie genauso zu repräsentieren wie die Innenstadt-Bezirke.
Was könnte das konkret heißen?
Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, ob alle Infrastruktur-Bereiche in der Innenstadt angesiedelt sein sollen. Etwa, ob ein Wien-Museum unbedingt im ersten Bezirk stehen muss oder nicht vielleicht in Favoriten.
Unter den Schieder-Fans gelten Sie eher als polarisierende Persönlichkeit. Was konkret werden Sie unternehmen, um die 43 Prozent, die ihn gewählt haben, wieder ins Boot zu holen?
Sie sind schon im Boot. Wir haben vereinbart, dass nach dem Parteitag alle hinter dem neuen Parteichef stehen. Das ist mehrheitlich auch umgesetzt worden.
In den kommenden Wochen steht der Umbau des SPÖ-Regierungsteams an. In welchen Ressorts sehen Sie Handlungsbedarf?
Michael Ludwig wird jetzt in vielen Gesprächen ausloten, wie die Bedürfnislage ist. Er hat das Geschick, eine Gruppe zusammenzustellen, die eine sehr breite Mehrheit in der SPÖ hat.
Bei der SPÖ-Zukunftsklausur geht es um Themen wie "Schutz&Sicherheit" sowie "Heimat&Lokalität". Dauerbrenner, wie etwa Gesundheit, kommen nicht vor. Will die SPÖ jetzt die FPÖ kopieren?
Nein. "Schutz&Sicherheit" bedeutet ja auch soziale Sicherheit. Die FPÖ sieht das ganz anders. Und es kommt ja zum Beispiel auch das Thema Internationalität vor. Es geht darum, aus der strengen Einteilung herauszukommen, die sich an Ressorts orientiert. Denn viele Probleme müssen ressortübergreifend behandelt werden. Beim Thema soziale Sicherheit etwa geht es um sozialen Wohnbau genauso wie um die Mindestsicherung oder Bildung.
Wie werden die dort gewonnenen Erkenntnisse konkret in die Praxis umgesetzt?
Es wird die Aufgabe von Ludwig und mir sein, dass die Projekte, die wir auf der Klausur vereinbaren, ihren Niederschlag in der Arbeit der Stadtregierung finden. Das ist wichtig in Hinblick auf die nächste Wahl: Mit großen roten politischen Projekten können wir 2020 die absolute Mehrheit schaffen.
Ihr Vorvorgänger Georg Niedermühlbichler war 2015 mit einem Anti-FPÖ-Wahlkampf relativ erfolgreich. Werden Sie sein Konzept übernehmen?
Wir haben eine ganz klare Abgrenzung zur FPÖ. Dadurch wird sich der Wahlkampf immer zu einem Duell mit ihr zuspitzen, weil sie unser Hauptgegner ist. Gerade jetzt, wo die FPÖ in der Regierung ist und zeigt, dass sie gegen die Menschen arbeitet und nicht mit ihnen.
Sie haben ein Kopftuch-Verbot für Mädchen in Kindergärten und Schulen gefordert. Wird das jetzt Parteilinie?
Ich bin eine sehr aktive Frauenpolitikerin und Feministin und zeige mich solidarisch mit den liberalen Musliminnen, die sich jetzt zum Beispiel im Iran vom Kopftuch befreien. Gerade bei den jungen Mädchen kann hier nur Zwang im Spiel sein. In Folge meines Antrages gibt es eine Arbeitsgruppe. Wir werden das Thema weiter diskutieren.
Unter Ludwig soll die SPÖ einen kantigeren Kurs gegenüber dem grünen Koalitionspartner einschlagen. Wie wird sich dieser konkret äußern?
In vielen Treffen, in denen wir inhaltlich für die wichtigen Verkehrs- und Infrastrukturprojekte überzeugen wollen – etwa Lobautunnel, Stadtstraße und dritte Piste. Aber da werden wir uns zusammenraufen. Diese Themen werden die Koalition nicht gefährden.
Das könnte aber die von Ludwig überlegte Wartefrist bei der Mindestsicherung für Zugezogene.
Die Mindestsicherung wird uns noch beschäftigen, allein schon wegen der geplanten Reform der Notstandshilfe auf Bundesebene. An der Höhe werden wir aber nicht rütteln. Und alle Menschen der Stadt müssen gleich behandelt werden. Das hat aber eine Signalwirkung an die Menschen außerhalb Wiens. Hier werden wir Grenzen setzen müssen. Ob eine Wartefrist oder andere Maßnahmen – das werden wir mit den Grünen diskutieren müssen.
Wollen Sie nach 2020 mit den Grünen weiterregieren?
Dagegen habe ich gar nichts. Ich hoffe aber, dass wir 2020 keinen Koalitionspartner mehr brauchen.