Sorge um die Innenstadt nimmt zu
Von Bernhard Ichner
Gespannt verfolgen Wiens Touristiker die EU-Außenpolitik. Denn sollten Sanktionen gegen Russland beschlossen werden, so rechnen Brancheninsider mit veritablen Problemen.
Ein Blick auf die Statistik zeigt, warum: Russland gehört zu den Hauptmärkten für den Wien-Tourismus. Allein 2013 wurden 271.458 Ankünfte (ein Plus von 10,5 Prozent gegenüber 2012) und 708.646 Nächtigungen (+11,7%) gezählt. Im Schnitt bleiben die russischen Gäste 2,61 Tage in Wien.
Und sie sind nach wie vor die Shopping-Nation Nummer eins. Bundesweit geben sie weit mehr als 100 Millionen Euro im Jahr aus. Wobei zwei Drittel der Einkäufe auf Wien entfallen.
Superreiche sind zwar gern gesehen, aber nicht die Hauptklientel in Wien. "Es kommen ja nicht 270.000 Oligarchen", sagt Wien-Tourismus-Direktor Norbert Kettner. "Wir reden hier vom neu entwickelten Mittelstand." Sollten diese Gäste infolge von Sanktionen – etwa Visa-Einschränkungen – ausbleiben, werde vor allem die Wiener Innenstadt die Folgen spüren. "Insbesondere der gehobene Einzelhandel und die Hotellerie."
In dieselbe Kerbe schlägt Erwin Pellet, Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer (WK): "Juweliere am Graben oder auf der Tuchlauben, das Goldene Quartier oder internationale Marken in der Innenstadt würden Einbrüche spüren."
Um "ein Horrorszenario für Wien" abzuwenden, wandte sich ein anderer WK-Funktionär nun ans Außenministerium. "Ich habe Minister Kurz die Bedenken aus der Tourismus-Branche mitgeteilt und ihn gebeten, mäßigend auf die EU-Außenpolitik einzuwirken", berichtet Hotellerie-Obmann Josef Bitzinger. "Denn wenn die Russen sich in der EU nicht willkommen fühlen, fliegen sie eben woanders hin."
Ursula Stenzel, Bezirkschefin der Inneren Stadt, vertraut darauf, dass Wien im freien Wettbewerb Tourismusmagnet und Investment-Hotspot bleibt. Als EU dürfe man sich aber "nicht in Abhängigkeit von irgendjemandem begeben".