Chronik/Wien

Songcontest-Taschen von ehemals Suchtkranken

Robert steht an einem großen Werktisch und legt das Lineal im rechten Winkel an. Er muss einen Träger für die Tasche, die er gerade herstellt, abmessen. Robert ist 42 Jahre alt und arbeitet in der Upcycling-Werkstatt von Gabarage in der Schleifmühlgasse im 4. Bezirk. Sein Alter sieht man ihm nicht an. „Das Gift hält jung“, sagt Robert. Damit meint er die Drogen, die er jahrelang konsumiert hat. „Ich war 22 Jahre drauf. Zuerst illegales Zeug, dann legales als Ersatz“, erzählt Robert. Wer bei Gabarage arbeitet, ist ehemals suchtkrank.

Die Upcycling-Werkstatt wurde im Jahr 2002 in Kooperation mit dem Anton-Proksch-Institut gegründet. Ziel von Gabarage ist es, ehemals Suchtkranken den Weg zurück auf den Arbeitsmarkt zu erleichtern. In der Werkstatt von Gabarage können die ehemals Suchtkranken ein zertifiziertes Ausbildungsprogramm absolvieren, das an Lehrberufe angelehnt ist – Tischler oder Schneider zum Beispiel. Dann stellen sie aus ausrangierten Gebrauchsgegenständen Designobjekte her. Taschen aus alten Bundesheer-Hosen oder Lkw-Planen zum Beispiel.

ESC-Taschen, das Making-Of

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Warteliste

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Aus alten Büchern werden Hocker kreiert, aus Mülltonnen Sitzgelegenheiten, aus einem Feuerwehrschlauch eine Schaukel oder aus Werbebannern für den Song Contest Taschen und Turnsackerl. „Der Song Contest war ein Green Event und das passt gut zu uns“, sagt Victoria Kadernoschka, Shopleiterin von Gabarage. Das Motto von Gabarage: Sozial, ökologisch, nachhaltig. Noch bevor der Song Contest überhaupt begonnen hat, habe sich schon herumgesprochen, dass es Taschen geben wird: „Die Warteliste ist dementsprechend lang“, sagt Kadernoschka.

Drei Stunden braucht Robert, um eine Song-Contest-Tasche komplett fertig zu stellen. „Man muss effizient sein und darf nicht schon drei Stunden für das Abmessen brauchen“, sagt der 42-Jährige. Er hat zwei Lehrberufe gelernt, Einzelhandelskaufmann und Technischer Zeichner. „Aber mein Lebenslauf ist durchwachsen und der Arbeitsmarkt wartet nicht auf einen wie mich.“

Robert hat seine Therapie abgeschlossen – dort hat er auch von Gabarage erfahren. „Ich wollte unbedingt hier her“, sagt er. Zwei Jahre lang war er bei Gabarage tätig, jetzt fühlt er sich bereit für den Arbeitsmarkt: „Das Emotionale und die Freude an der Arbeit sind einmalig hier, aber jetzt muss ich auch einmal richtig Geld verdienen.“
Das Gift hat Robert jung gehalten: „Auch im Kopf, denn man entwickelt sich nicht weiter“, sagt er. Dafür ist jetzt die Zeit gekommen.