Chronik/Wien

Song Contest: Wer jubelt, wer zahlt, wer profitiert

Die Wiener Hoteliers und Touristiker dürften sich vor Freude die Hände reiben. Die Entscheidung, dass der Song Contest 2015 in Wien stattfindet, wirkt sich für diese Sparte besonders vorteilhaft aus. Alleine für die Teilnehmer, Länder-Vertreter und Medien hat Wien-Tourismus 5766 Zimmer reserviert. Ein Sprecher der Österreichischen Hoteliervereinigung dazu: "Wir erwarten, dass die Stadt an diesem Wochenende ordentlich voll sein wird."

Doch Sorge, dass Wien "überquellen" wird, müsse man laut Andrea Feldbacher, stellvertretende Hotelier-Obfrau in der Wirtschaftskammer Wien, nicht haben: "Die Stadt ist auf ein Event in dieser Größe top vorbereitet." Als etablierte Kongressstadt werden hier seit Jahren Veranstaltungen mit weitaus höherer Teilnehmerzahl ausgetragen.

Preissteigerung

Bei den 17 Austria Trend Hotels in Wien, bestätigt Geschäftsführer Andreas Berger, wurden bereits große Kontingente von internationalen Partnern gebucht. Wer ein Hotelzimmer zu einem einigermaßen leistbaren Preis braucht, sollte rasch buchen. Obwohl die Entscheidung erst einen Tag zurückliegt, zeichnen sich bereits Preiserhöhungen ab. Ein Selbstversuch bei der Suchmaschine Checkfelix zeigt: Während ein Bett im Vienna Hilton Plaza zwei Wochen vor dem Event noch um 187 Euro zu haben ist, müssen Gäste während des Song-Contest-Wochenendes bereits 311 Euro dafür zahlen. Ein Sprecher der Österreichischen Hoteliervereinigung erwidert jedoch, dass Wien im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten immer noch sehr günstig sei.

Neben dem unmittelbaren Umsatzgewinn am Song-Contest-Wochenende selbst, freut sich Josef Bitzinger, Tourismus-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer, vor allem über den Werbewert, den diese Veranstaltung bringt. "Es werden sensationelle Bilder um die Welt gehen, die Wien in einem anderen, neuen Licht zeigen – nämlich als moderne, weltoffene und hippe Stadt."

Doch auch das Land Niederösterreich hofft, vom Sänger-Wettbewerb in der Stadthalle profitieren zu können. Tourismusverbände überlegen bereits, eigene Song-Contest-Packages zu schnüren, um Touristen an diesem Wochenende auch zu Attraktionen außerhalb der Stadtgrenze zu locken.

Der ORF hat sich für jene Stadt mit der besten Infrastruktur (Verkehrsmittel, Hotellerie und Veranstaltungshalle) entschieden; und gegen die für ihn günstigeren Anbote aus Innsbruck und Graz.

Wer bei der Entscheidung für Wien draufzahlt, ist für die Bürger einerlei. Letztlich wird ohnedies der Steuer- und Gebührenzahler für die Mega-Veranstaltung aufkommen. Umso irritierender ist es, dass sich die Stiftungsräte erregen, die Innsbrucker und Grazer sauer sind und die Bundes-ÖVP argwöhnt, dass Häupls SP auf der Partywelle des Song Contests in die Gemeinderatswahl reiten könnte.

Politik und Wahlkampf haben hier nämlich nichts verloren. Vorfreude und Stolz hingegen hätten österreichweit Platz.

Wegen des Europäischen Song Contests (ESC) ist die Stadthalle wochenlang nicht für andere Events frei. Die Halle D etwa zwischen 6. April und 31. Mai. In diesem Zeitraum sind derzeit bereits acht andere Events gebucht, bei einigen (z. B. Apassionata, James Last) läuft bereits der Vorverkauf. Die Stadt verhandelt noch, ob sie woanders oder später stattfinden können. Für die PetExpo und die BabyExpo gibt es schon eine Lösung: Beide Messen werden zeitgleich von 12. bis 14. Juni stattfinden.

29 Punkte umfasste der Anforderungskatalog des ORF an die potenziellen Austragungsorte. "Wir haben bis auf einen alle erfüllt", sagt Michael Bielowski, Geschäftsführer der Innsbrucker Olympiaworld, die im Rennen um den Song Contest das Nachsehen hatte. Er ist überzeugt, dass Innsbruck das kostengünstigste Angebot gelegt hat. "Nach allem, was ich weiß, schätze ich, dass es für den ORF in Wien um 500.000 bis zu einer Million Euro teurer wird."

7-stellige Differenz

Der Hallen-Chef glaubt auch, dass es für die Stadt Wien wesentlich kostspieliger wird als nun prognostiziert (siehe Artikel oben). Das sieht auch Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer so. "Ich war entsetzt, als ich das heute präsentierte Paket von Wiens Stadtrat Christian Oxonitsch gesehen habe. Hier fehlen wesentliche Punkte." Bei der Differenz zum Innsbrucker Angebot handle es sich um Leistungen im Wert eines siebenstelligen Euro-Betrages.

So sei etwa das Sicherheitskonzept nicht eingerechnet, für das man in Innsbruck eine Million Euro veranschlagt habe. Allein für die Öffis habe man Kosten von 650.000 Euro kalkuliert, Wien nur 70.000 Euro. Dabei sei die Bundeshauptstadt wesentlich größer. "Da ist die Frage, wer bezahlt das", sagt Oppitz-Plörer.

Zweifel an der Gerechtigkeit der Entscheidung hegt auch die Grazer ÖVP. Sie will, dass der ORF-Stiftungsrat Einblick in die finanziellen Hintergründe der Vergabe nimmt. Man wolle "alle Zahlen auf den Tisch bekommen", hieß es aus dem Büro von Bürgermeister Siegfried Nagl. Er betonte, dass sich "nicht Graz mit der technisch besten Halle oder Innsbruck mit dem wohl besten finanziellen Angebot durchgesetzt hat."

Wurst: "Bisschen angeben müssen wir schon"

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Die Siegerin des heurigen Song Contests, Conchita Wurst, zeigte sich am Mittwoch von der Entscheidung für Wien angetan. "Das wird schön, Freunden die Stadt zu zeigen", erklärte sie sich als Fremdenführerin bereit. Ginge es nach ihr, könnte man das ESC-Village zwischen den Museen aufbauen. "Ein bisschen angeben müssen wir schon mit unserer Architektur", so die Wahlwienerin.

Bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 habe es mit dem Fan-Areal zwischen dem Naturhistorischen und dem Kulturhistorischen Museum schon gut funktioniert, betonte Wurst. "Ich würde das toll finden, das war damals ein total nettes Flair. Man ist ja dann in der Mitte der Geschichte unserer Stadt", meinte sie: "Da müssen wir alles zeigen." Die Party werde sich aber ohnehin über die ganze Stadt und das Land erstrecken, zumindest wenn sie nach ihren Erfahrungen in Kopenhagen gehe.

"Die Chance bekommt man nicht so oft, dann sollte man das auch genießen", meinte die Sängerin. Deshalb rate sie auch allen Gastronomen, sich für die Tage besser etwas einfallen zu lassen. Denn es werde "laut und lustig".

Auch wenn sie als Wahlwienerin die Entscheidung natürlich freue, gewusst habe sie davon gar nichts. "Ich war selbst in Wartehaltung", erklärte die Sängerin. Dass Wien nicht von vornherein als Austragungsort feststand, sei völlig in Ordnung gewesen: "Es ist nur fair, dass man nicht diktatorisch entscheidet, sondern abwägt und jede Stadt die Chance hat, sich vorzustellen."

Christian Oxonitsch gibt Entwarnung: "Eines ist sicher: Ich werde den Song Contest nicht moderieren." Der zuständige SPÖ-Stadtrat gab stattdessen am Donnerstag bekannt, wie viel sich die Stadt Wien das Groß-Event in der Stadthalle kosten lassen wird: 11,71 Millionen Euro wird das Rathaus dem Veranstalter ORF beisteuern, den die Austragung seinerseits bis zu 15 Millionen Euro kosten wird.

Der Löwenanteil für die Stadt entfällt mit 8,89 Mio. € auf die Bereitstellung der Stadthalle mit ihren insgesamt sechs Hallen. Darin enthalten sind laut Oxonitsch die Mietkosten sowie Adaptierungsarbeiten. So werden in der Stadthalle unter anderem ein Pressezentrum für 1500 Journalisten sowie zusätzliche Künstlergarderoben entstehen. Auch der Green Room, in dem die Sänger dem finalen Voting entgegenfiebern, wird im Veranstaltungszentrum untergebracht sein. Die Show selbst wird in der Halle D über die Bühne gehen, sie wird Platz für 13.500 Zuseher bieten.

Sanierungsarbeiten an der 1958 eröffneten Halle seien aber nicht vorgesehen, betont Oxonitsch. Auch der Einbau einer zusätzlichen Klimaanlage werde nach derzeitigem Stand nicht notwendig sein. Im Finale der Verhandlungen musste die Stadt bei der technischen Ausstattung allerdings noch nachbessern: Die Stadthalle bekommt nun eine Notstrom-Versorgung, die sich mit 750.000 Euro zu Buche schlagen wird.

Gala im Rathaus

Die Stadthalle wird aber nicht der einzige Ort sein, der im kommenden Mai für den Song Contest reserviert ist: Die Eröffnungsgala mit rund 1000 Gästen wird am 17. Mai im Festsaal des Rathauses über die Bühne gehen. Dieser Event kostet die Stadt 750.000 Euro.

Ähnlich wie bei der Fußball-EM wird es auch eine Fanzone geben. "Eurovision Village", heißt sie im Song-Contest-Vokabular. Hier werden Teilnehmer im kleineren Rahmen live auftreten. Geht es nach der Stadt, soll das Dorf auf der Kaiserwiese im Prater seinen Platz finden. Sie ist im Besitz der Stadt und würde nichts kosten.

Kräftig im Vorfeld die Werbetrommel rühren wird auch Wien Tourismus. In Städten wie London oder Barcelona wird ab Ende März eine auf den Song Contest zugeschneiderte Kampagne lanciert, die 850.000 Euro kosten wird. Eine weitere Million fließt in das City Branding: Mit Werbeflächen auf den Öffis, Plakaten und Printprodukten wird der Sänger-Wettbewerb in Wien selbst beworben.

Inzwischen werden erste skeptische Stimmen zu der Verteilung der Finanzierung laut. Kritiker sprechen von einem "großen Geschenk des ORF an die Stadt", das letztlich diesem bzw. dem Gebührenzahler teuer zu stehen kommen könnte. So müsse der ORF selbst allfällige Kostenüberschreitungen übernehmen. Der Bewerber Innsbruck hingegen wäre dafür geradegestanden.

Im Büro Oxonitsch will man eine derartige Regelung nicht bestätigen. Das Konzept sei "realistisch kalkuliert". Von einer Überschreitung sei nicht auszugehen, gibt man sich optimistisch.

Optimistisch zeigt man sich auch beim ORF hinsichtlich des Nutzens der Veranstaltung: Der Song Contest werde Wien einen zusätzlichen Werbewert von rund 100 Millionen Euro sowie eine Umwegrentabilität von ca. 20 Millionen Euro bringen.

Profitieren von dem Event, das in mehr als 40 Länder übertragen wird, könnte auch Bürgermeister Michael Häupl, der spätestens im Herbst eine Wahl zu schlagen hat. Das bereitet der ÖVP jetzt schon Sorgen: "Der Song Contest darf nicht zu einer Auftaktveranstaltung für den Wahlkampf verkommen", warnt Generalsekretär Gernot Blümel.

Das waren die drei Kandidaten:

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Ein transparenter Prozess sollte es werden, ebenso ein kostengünstiger. Nach der Entscheidung von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz für die Bundeshauptstadt nehmen ihn die Stiftungsräte demnächst beim Wort: Weil Wien der teuerste Austragungsort für den Eurovision Song Contest ist, bereiten einzelne Räte bereits Fragen an den ORF-Chef vor, schließlich muss der monetär knapp aufgestellte Konzern schon seit Längerem bei Eigenproduktionen sparen.

Dass Wrabetz alle Bedenken in den Wind schlug und das rote Wien wählte, sorgt für Kopfschütteln.

Der Vorsitzende des Finanzausschusses im Stiftungsrat, Thomas Zach, der auch den VP-"Freundeskreis" leitet, kündigt im KURIER bereits an, in der nächsten Sitzung des Aufsichtsgremiums die Entscheidung aufs Tapet zu bringen. Zwar könne Wrabetz als Alleingeschäftsführer auch alleine entscheiden, allerdings sei ihm auch klar auf den Weg mitgegeben worden, "dass die wirtschaftliche Tangente eine wesentliche Rolle spielt", sagte Zach. Bei der Entscheidung für den Austragungsort müsse auch aus Sicht des Gebührenzahlers die beste Variante zum Zug kommen. "Alles, was wir uns bei der Austragungsstätte sparen, hätten wir im Programm zur Verfügung", argumentiert er.

Auch der Tiroler Stiftungsrat Josef Resch, ebenfalls Teil des VP-"Freundeskreises", ist irritiert. "Innsbruck hat das deutlich bessere Angebot erstellt, Generaldirektor Wrabetz hat das schriftliche Angebot von Innsbruck/Tirol, finanziell nachzubessern, abgelehnt", sagte er. "Die Differenz zahlt der Gebührenzahler. Das Geld fehlt dem Programm und den Landesstudios."

Der Koordinator des SPÖ-"Freundeskreises", Erich Fenninger, bleibt neutral: "Ohne Einblick in die Unterlagen zu haben, spricht aus meiner Sicht nichts gegen den Austragungsort Wien. Ich finde es auch gut, dass mehrere Bundesländer und Landeshauptstädte Interesse gezeigt haben."

Schon einmal richteten sich die Augen der Song-Contest-Community auf Wien: Dank Udo Jürgens' Sieg 1966 wurde die Bundeshauptstadt ein Jahr später zum Austragungsort des 12. Grand Prix de la Chanson. Damals beeindruckte man das europäische Publikum mit einem gefinkelten Bühnenbild aus rotierenden Spiegeln. Weniger glücklich: Moderatorin Erica Vaal, die bei der Punktevergabe für Verwirrung sorgte.

Dabei wollte man es ganz besonders gut machen: "Meine Damen und Herren, liebe Zuschauer vor den Fernsehschirmen in Europa, ich begrüße Sie im Namen des Österreichischen Rundfunks beim Song Contest um den Grand Prix d'Eurovision in Wien im Festsaal der Wiener Hofburg", begann Vaal den Abend mit einer episch anmutenden Begrüßung. Da sie möglichst allen teilnehmenden Ländern gerecht werden wollte, wiederholte die Schauspielerin ihre einleitenden Worte nicht nur auf Französisch und Englisch, sondern auch auf Italienisch, Spanisch und Serbokroatisch.

Gewinner-Auftritt von Sandie Shaw

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Doch dieser minutenlange Kraftakt war noch nicht genug: Vaal entschuldigte sich auch bei den anderen Teilnehmern - darunter etwa Schweden, Portugal oder die Niederlande -, sie nicht ebenfalls in der Landessprache willkommen heißen zu können. Die Zeit habe einfach nicht gereicht, alle Sprachen zu lernen. Auch bei den weiteren Moderationen las Vaal immer wieder in einem Sprachenbüchlein.

"Merci Cherie" als Walzer

Einfacher hatte es da Vorjahressieger Udo Jürgens, den man zur Begrüßung ebenfalls auf die Bühne holte: Er musste nicht reden, sondern durfte das Orchester zu einer Drei-Viertel-Takt-Version seines Siegerhits "Merci Cherie" dirigieren. Das entlockte ORF-Urgestein Emil Kollpacher, der den ESC von 1957 bis 1969 kommentierte, die lakonische Bemerkung: "Merci Udo, für die Arbeit, die du uns verschafft hast." Erst im zweiten Teil des Satzes fiel dem Chefsprecher auch noch die Ehre ein, die die Austragung des Grand Prix für das Land natürlich bedeute.

Teilnehmer aus 17 Nationen hatten es am 8. April 1967 nach Wien geschafft. Eigentlich hatte man mit 18 gerechnet, doch Dänemark verzichtete auf ein Antreten. Das Lied der dänischen Teilnehmerin Ulla Pia 1966, die "Stop - mens legen er go' - Hör auf, wenn's am schönsten ist" schmetterte, erwies sich als prophetisch: Die selbstverordnete Song-Contest-Pause sollte noch bis 1977 dauern.

Auf Hochglanz poliert war aber nicht nur das Vokabular der Moderatorin, sondern auch die Location selbst: Sonst eher in schnöden Fernsehstudios untergebracht, konnte der ESC diesmal mit dem vergleichsweise pompösen Festsaal der Wiener Hofburg glänzen. Die Bühne hatte man mit rotierenden Spiegeln ausgestattet, die selbst im Schwarz-Weiß-Bild einiges hermachten. Erstmals gab es mit einer Kamera im Aufenthaltsraum auch Blicke hinter die glanzvolle Kulisse. Für die Pausenunterhaltung hatte man die Wiener Sängerknaben verpflichtet, die streng nach Klischee "An der schönen blauen Donau" zum Besten gaben.

Nachdem es in den vergangenen Jahren für den Geschmack der Europäischen Rundfunkunion zu viele Null-Punkte-Wertungen gegeben hatte, besann man sich auf ein älteres Jurysystem. Jedes Land stellte zehn Jurymitglieder, die jeweils einen Punkt an ihren Lieblingssong vergaben - was im Verlauf des Abends noch für jede Menge Irritationen sorgen sollte. Modern wollte man außerdem sein: Also verordnete die Union, dass die Hälfte der Jurybesetzung unter 30 Jahre alt sein musste.

"Ringe-dinge-ding"

Mit den Niederlanden und "Ringe-dinge-ding" von Therese Steinmetz - ORF-Kommentar: "kastanienbraun an Aug' und Haar" - startete der Grand Prix. Da in den Landessprachen gesungen werden musste, fasste Kollpacher für die österreichischen Zuseher vor jedem Beitrag den Liedinhalt knapp zusammen: Bei "Ringe-dinge-ding" handle es sich um das "Lied eines übermütigen jungen Mädchens, das gerne einen Minister anrufen würde, um ihm den Witz des Tages zu erzählen". Der Witz kam jedoch nicht an: Steinmetz wurde bloß 14.

Damals brachte zudem jeder Kandidat noch seinen eigenen Dirigenten mit auf die Bühne - etwa die siebzehnjährige Vicky Leandros, die damals als Vicky mit "L'amour est bleu" für Luxemburg startete. Österreich ging als dritte Nation mit Peter Horten und "Warum es 100.000 Sterne gibt" ins Rennen. Doch obwohl der ORF den geschmackvollen Komponisten lobte und konstatierte: "Wir bekennen uns einfach zur Melodie als unsere ureigenste Domäne. Das sollte ein Anlass zur Zustimmung sein", landete Horten abgeschlagen punktegleich mit Norwegen und den Niederlanden nur auf Platz 14.

Barfuß

Dafür sorgte Startnummer elf für Furore: Sandie Shaw präsentierte ihren modernen Hit "Puppet on a String" barfuß und begeisterte damit die Juroren für Großbritannien. Bei der einige Male von Verständnisschwierigkeiten und massiven technischen Problemen mit dem Ergebnisbord erschwerten Punktevergabe über Telefon zeichnete sich rasch ein Trend ab. Zu schnell für Vaal: Bevor Irland seine Stimmen abgeben konnte, versuchte die Schauspielerin unter Protesten des Saalpublikums Großbritannien zum Sieger zu erklären.

Unterschied hätte es jedoch keinen gemacht: Das Vereinigte Königreich führte zu diesem Zeitpunkt bereits uneinholbar. Sandie Shaw konnte sich daher auch trotz der vielen Unterbrechungen des offiziellen Punktestandhüters "May I interrupt again?" freuen: Sie gewann mit mehr als doppelt so vielen Stimmen wie das zweitplatzierte Irland und damit mit einem der größten Vorsprünge der Song Contest-Geschichte. "Puppet on a String" wurde ein Verkaufserfolg, hielt sich drei Wochen auf Platz 1 in Großbritannien und ist auch in den deutschen und österreichischen Single-Charts bis heute einer der erfolgreichsten ESC-Titel.