Sommerfrische für die Blumen
Von Julia Schrenk
I Never Promised You a Rose Garden." Eine kleine Holzbank, die Susanna Gruber auf den Gehsteig vor ihrer Wohnung gestellt hat, ziert dieser Spruch. Einen Rosengarten hat sie dort zwar nicht angelegt, der Gehsteig rund um ihre Wohnung ist dafür mit allerhand anderem bepflanzt. Seit 25 Jahren lebt Susanna Gruber in Wien, seit 15 Jahren begrünt sie den Gehsteig vor ihrer Wohnung in der Adamsgasse im dritten Bezirk. "Am Land, wo eh alles grün ist, stellen die Leute auch ihre Blumenkisterln raus. In der Stadt, wo alles grau ist, nicht. Ich wollt` es einfach grün vor meiner Haustür haben", erzählt sie.
Seit diesem Sommer nimmt Susanna Gruber auch Blumen von Urlaubern in Obhut. Sie gießt sie - "manche muss ich auch aufpäppeln" - so lange sie da sind. Wer aus dem Urlaub zurück ist, nimmt seine Blumen einfach wieder mit. Jeder darf etwas bringen, nur anbinden soll man die Blumen, sonst sind sie weg.
In ihrem Grätzl kennen Susanna Gruber fast alle. Der Wirt von gegenüber findet Grubers Blumen "schöner als die Blumen in Holland", Straßenkehrer Mehmet kümmert sich um die abgefallenen Blätter am Gehsteig: "Die Blumen sind so schön. Das ist kein Problem für mich", sagt er im Vorbeigehen.
Das Holzbankerl vor Grubers Haustür ist stark frequentiert. Wenn sie es nicht mit den Nachbarn belagert, setzen sich alte Damen am Abend hin. "Ich hör` sie dann plaudern und freu` mich, dass sie das Bankerl nutzen", erzählt sie.
Susanna Gruber pflanzt an, was ihr in die Finger kommt. Rosen, Lavendel, Bambus, Oregano, Schnittlauch, Petersilie, Liebstöckl, Kapuzinerkresse, Brombeeren, Tomaten, Chilis, sogar ein Avocadobaum hat sich seinen Weg durch das Fenster nach draußen freigekämpft. "Die Avocadokerne muss man mit dem Arsch nach unten einpflanzen. Dann wachsen die schon", erklärt Gruber fröhlich. Auch der Tomatenstrauch trägt schon ein paar Früchte. Dass ihr Garten vor der Haustür eigentlich nicht erlaubt ist, ist der 45-Jährigen durchaus bewusst. "Aber die Polizisten winken, wenn sie vorbeifahren, und ich schau` immer, dass man mit einem Kinderwagerl noch vorbeifahren kann."
Während Gruber erzählt, bleiben einige Spaziergänger vor ihren Blumen stehen und schauen; die Touristen fotografieren sie. Viele haben sie auf ihre Grünoase mitten im Grau angesprochen, sie solle doch auch um die Ecke Kisterln aufstellen. Das hat sie getan - dort verweilen jetzt die Blumen, die bei Susanna Gruber auf Sommerfrische sind.
"Schreiben Sie bitte, dass ich eh noch Blumen aufnehme, aber dass die Leute auch gerne alte Blumentöpfe oder Dünger vorbeibringen können." Denn die Blumen werden immer mehr.
Einige Tomaten sind mittlerweile reif und saftig. "Tomaten mag ich aber nicht", sagt Susanna Gruber fast entschuldigend. "Da können sich die Leut` bedienen, wenn sie vorbeigehen. Sind eh schon so viele drauf."